Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

mehrere hunderttausend Menschen haben in den letzten Wochen gegen das Großprojekt „Stuttgart 21“ demonstriert.

Trotz massiver Polizeigewalt lassen sich die Menschen nicht einschüchtern und leisten gewaltfrei Widerstand gegen die Arroganz der Macht und den Versuch von Regierenden und LobbyistInnen, das Milliarden teure Verkehrs- und Städtebauprojekt zur Neuordnung des Eisenbahnknotens Stuttgart und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm durchzusetzen.

Mappus, Merkel und Co. wollen die Umwandlung des Stuttgarter Kopfbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof gegen den Willen der Stuttgarter Bevölkerungsmehrheit durchknüppeln. Es geht um Macht, Prestige und Profit.

Zigtausende Menschen aus unterschiedlichen politischen und sozialen Zusammenhängen beteiligen sich seit den Abrissarbeiten am Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs an den direkten gewaltfreien Aktionen und Demos.

„Immer wieder wird der Aktionskonsens verlesen, in dem die Protestierenden sich für gewaltfreie Aktionen aussprechen und auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel achten wollen. In Trainingsgruppen wird das Verhalten bei Sitzblockaden und das Anketten an Bäume geübt“, berichtet Paul Russmann von Ohne Rüstung Leben.

Die Demos gegen S 21 sind großartige Beispiele für massenhafte und effektive gewaltfreie Aktion

In den letzten drei Monaten haben sich zahlreiche Bezugsgruppen gebildet, täglich beteiligen sich Tausende an direkten gewaltfreien Aktionen gegen „Stuttgart 21“.

Eigentlich sollten neben dem nebenstehenden Artikel von Thomas Trüten in dieser GWR weitere (sich aufeinander beziehende) Beiträge zum Thema erscheinen. Sie sind aber leider nicht rechtzeitig vor Drucklegung fertig geworden. Mehr zum Thema findet Ihr also voraussichtlich in den nächsten GWR-Ausgaben.

Ein weiteres Beispiel für die derzeitige Stärke sozialer Bewegungen: Anti-Atom-Power

Nachdem am 18. September in Berlin 100.000 für den Atomausstieg demonstriert haben (vgl. GWR 352), kamen am 9. Oktober 50.000 Menschen nach München zur größten Anti-Atom-Demo in Bayern seit Wackersdorf.

„Die schwarz-gelbe Regierung im Bund und in Bayern ist auf Kollisionskurs mit der Mehrheit der Bevölkerung. Die Bürgerinnen und Bürger Bayerns werden eine Laufzeitverlängerung nicht kampflos hinnehmen. Isar 1 muss in 234 Tagen still gelegt werden, wie es nach aktueller Gesetzeslage noch vorgesehen ist. Die schwarz-gelbe Landesregierung kann sich auf harten Widerstand in Bayern gefasst machen“, erklärt das Netzwerk „KettenreAktion Bayern“.

Die Demonstrationen lassen die Vorfreude auf die Protestaktionen und direkte gewaltfreie Aktionen gegen den Gorleben-Castor 2010 wachsen.

Das kann uns auch die Staatsanwaltschaft Lüneburg nicht vermiesen. Sie setzt auf Abschreckung und versucht z.B. die vielen UnterzeichnerInnen des „Castor-Schottern“-Aufrufs (vgl. Beilage in GWR 352) zu kriminalisieren. Die Redaktion Graswurzelrevolution hat den Aufruf unterschrieben. Von der Repressionsdrohung lassen wir uns nicht einschüchtern. Die öffentliche Ankündigung einer Regelverletzung, wie z.B. die Teilname an Castor-Schottern, ist im Gegensatz zu einem öffentlichen Aufruf nicht justiziabel.

Die Abschreckungskampagne der Staatsanwaltschaft Lüneburg läuft ins Leere, denn täglich finden sich mehr UnterzeichnerInnen des jetzt inkriminierten Aufrufs.

Voraussichtlich am 5.11. startet der Castortransport am Verladebahnhof Valognes in der Normandie. Am 6.11. findet die Auftaktdemo in Dannenberg statt. Wir sehen uns im Wendland.

Atomfeindliche Grüße,

PS: Leider ist uns beim Erstellen der GWR 352 ein Fehler unterlaufen. Anstelle der redaktionell überarbeiteten haben wir eine nicht redigierte, fehlerhafte Version der Jürgen Mümken-Rezension zu Uri Gordons "Hier und Jetzt" abgedruckt. Sorry.

Termin: 26.11., Halle an der Saale, Anarchismus-Veranstaltung mit GWR-Redakteur Bernd Drücke. Infos: http://fauhalle.blogsport.de/