Zwölf Monate Ausbeutung

Meine Erfahrungen beim „Bundesfreiwilligendienst“

| Nika Hackenreiter,

Auch ich wurde mit Achtzehn Opfer der Freiwilligendienst-Propaganda und arbeitete ein Jahr für den Bund für Umwelt und Naturschutz. Kein Brunnenbau oder christliches Missionieren im globalen Süden, immerhin, aber dafür zwölf Monate üble Ausbeute: 40, meist eher 45 Wochenstunden harte körperliche Arbeit für einen Stundenlohn von knapp über 2 Euro. Dazu der Umgangston mit uns Freiwilligen, der klar machte, dass das Engagement und die Verfügbarkeit einer gut bezahlten Vollzeitkraft erwartet wird – als ob wir vier BFDler*innen zusammen nicht weniger als die Hälfte eines Hauptamtlichen gekostet hätten. Und bitte keine Seminare wählen, die zu weit weg sind, die Fahrtkosten muss schließlich der Betrieb zahlen!
Ein freiwilliges Ausbeutungsjahr also, in dem obendrein so etwas wie Arbeitskampf zwar nicht komplett unterbunden, aber doch aktiv eingeschränkt wurde. Dass es so etwas wie bundesweite Freiwilligen-Spre-cher*innen überhaupt gibt, erfuhren wir erst nach ungefähr zehn Monaten. „Erfahrungen fürs Berufsleben“ sollten wir hier sammeln, de facto bedeutete das, ein Jahr lang die negativen Aspekte des Berufslebens über sich ergehen zu lassen, weniger als Mensch denn als Ressource wahrgenommen zu werden, als Aushilfe und Springer*in von A nach B gescheucht zu werden, Aufgaben zu erledigen, für die es eigentlich eine Ausbildung bräuchte – nur eben quasi für umme. Ich hatte das Glück, dass es in meiner Arbeitsstelle eine Freiwilligenwohnung gab, in der Regel reicht das „Taschengeld“ nicht einmal für die Miete eines kleinen WG-Zimmers. Alles keine Einzelerfahrungen übrigens, fragen Sie mal die ehemaligen BFD und FSJler*innen in ihrem Bekanntenkreis nach deren Arbeitsbedingungen und Stundenlohn. Nicht ohne Grund bricht jede*r Dritte das Freiwilligenjahr vorzeitig ab.

geschrieben aus dem
unbezahlten Praktikum
bei der GWR