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Den Castor stoppen, bevor er losfährt!

Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim mobilisiert gegen den geplanten Castor-Transport aus dem AKW Neckarwestheim

| Heidi Lindstedt

Der vor knapp einem Jahr angekündigte Castor-Transport soll nach dem Willen der Atomkraftwerksbetreiber in Neckarwestheim und Gundremmingen (bei Ulm) nun Ende März aus Süddeutschland in das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (NRW) fahren. Das Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim, in dem regionale Initiativen und Gruppen zusammengeschlossen sind, ruft alle AtomkraftgegnerInnen auf, sich gemeinsam quer zu stellen gegen den Castor, der zwischen dem 20. und 25. März rollen soll. Unter dem Motto "Den Castor stoppen, bevor er losfährt" findet am Tag X eine große Blockade-Aktion vor dem AKW statt. (Red.)

Der Transport wird wieder – wie im letzten Frühjahr – aus drei Behältern vom Typ V/19 bestehen, die mit insgesamt 57 abgebrannten hochradioaktiven Brennelementen aus dem AKW Neckarwestheim bestückt sind. Seit Anfang Dezember letzten Jahres stehen die Behälter beladen im Hof des AKW. Sie sollen an der Umladestation im Kohlekraftwerk Walheim (bei Kirchheim/Neckar) mit den drei Behältern vom Typ V/52 aus Grundremmingen zu einem Zug zusammengestellt werden.

Zwar konnte der erbitterte Widerstand der Bevölkerung in den letzten Jahren die Atommülltransporte nach Gorleben nicht aufhalten, doch die bundesweite Anti-AKW-Bewegung hat dadurch eine Stärke gewonnen, die den Widerstand in Ahaus am Standort des zweiten deutschen „Zwischenlagers“ erst ermöglicht. Besonders am Ausgangspunkt des geplanten Atommülltransportes in Neckarwestheim wie auch bundesweit entlang der Schienentransportstrecke machen sich die AtomkraftgegnerInnen startklar, denn es gilt zu handeln nach dem Motto „Castor-Alarm! Neckarwestheim-Ahaus: NIX fährt mehr!“

Schon im September wurde gegen diesen ursprünglich für Herbst ’97 geplanten Transport mobilisiert. Im Rahmen der bundesweiten Sternfahrt auf Neckarwestheim kamen ca. 400 AtomkraftgegnerInnen aus der gesamten BRD sowie eine 50-köpfige Delegation aus Ahaus am 6.9.97 nach Kirchheim am Neckar. Die mit dem Wochenend-Ticket der Bahn Anreisenden hatten Aktionen auf ihren Umsteigebahnhöfen gemacht, um auf die Rolle der Bahn bei den Atommülltransporten aufmerksam zu machen. Am Abend gab’s auf dem Festplatz in Kirchheim ein Open-Air-Festival, bei dem viele Kontakte geknüpft wurden. Als Höhepunkt des Abends wurde die „anti-atomare“ Partnerschaft zwischen den AtomkraftgegnerInnen in der Region um Neckarwestheim, vertreten durch das Aktionsbündnis Castor-Widerstand und der BI „Kein Atommüll in Ahaus“ geschlossen.

Widerstand am AKW Neckarwestheim

Das Aktionsbündnis Castor-Widerstand Neckarwestheim ist ein (über-)regionaler Zusammenschluß von unterschiedlichen Gruppen, Initiativen und Städteplena in der Region um das AKW Neckarwestheim. Aus Anlaß des letzten Castor-Transportes von Neckarwestheim nach Gorleben wurde es im November 1996 von AtomkraftgegnerInnen aus dem umliegenden Städten des AKW Neckarwestheim initiiert mit der Zielsetzung, den Protest über die Grenzen der örtlichen BürgerInneninitiative hinaus zu verbreitern. Die seit dem Bau des GKN (Gemeinschaftskraftwerk Neckar, das ist die offizielle Bezeichnung) vor 25 Jahren bestehende BI (BBMN = Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar) sieht ihre Arbeit darin, die Bevölkerung im Unterland (das ist die Region zwischen Heilbronn und Ludwigsburg) über die Gefahren der Atomenergie aufzuklären.

Durch das Aktionsbündnis hat der Widerstand am AKW-Standort Neckarwestheim inhaltlich und kräftemäßig neue Dimensionen erreicht. Wir verstehen uns als Teil der bundesweiten Anti-AKW-Bewegung und schließen uns den Forderungen u.a. nach sofortiger Stillegung aller Atomanlagen und dem Kampf gegen die profitorientierte, lebensfeindliche Politik der Atomlobby an.

Die aus dem Widerstand gegen den letzten Castor-Transport entstandenen Strukturen führten in der Zwischenzeit zu kontinuierlichen Aktivitäten gegen die Atomindustrie. Regelmäßig finden seit eineinhalb Jahren die Sonntagsspaziergänge immer am ersten Sonntag im Monat statt. Das Neckarwestheimer anti-atom-info erscheint nun seit Juni monatlich und das Infotelefon ist immer Mittwochs von 17 bis 19 Uhr besetzt; wenn ein Transport ansteht, sind wir (fast) rund um die Uhr zu erreichen, unter der Nummer 07141/903363.

Seit dem letzten Castor-Transport hat das Aktionsbündnis Castor-Widerstand keine Gelegenheit ausgelassen, um dem Atomkraftwerksbetreiber in Neckarwestheim das Leben schwer zu machen. Es gab Demos und Aktionen zum Tschernobyl-Tag, zum Störfallszenario (welches das GKN zusammen mit dem Regierungspräsidium veranstaltete), sowie eine zweistündige Werkstorblockade am 8.12.97, als der letzte der deri Ahaus-Castoren beladen wurde. Die Transporte von abgebrannten hochradioaktiven Brennelementen aus dem AKW in die Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield sind neuerdings von Aktionen, kleinen Blockaden und beachteter Pressearbeit begleitet. Daraufhin hielt es die Polizei sogar für notwendig, die Anlieferung der leeren Ahaus-Behälter im November mit starken Kräften zu sichern.

Allerdings entwickelt sich der anti-atomare Protest in Süddeutschland nur langsam, fehlt es uns doch an einem Symbol wie Gorleben. Aber: was nicht ist, kann ja noch werden. Die Vernetzungstreffen der süddeutschen AKW-Standorte lassen Gutes hoffen und bis jetzt erreichen uns täglich Rückmeldungen von AtomkraftgegnerInnen, daß sie zur Blockade am Tag X nach Neckarwestheim kommen werden.

Grundsätzlich sei noch gesagt, daß in vielerlei Hinsicht Neckarwestheim nicht Gorleben ist. D.h., hier beteiligt sich nicht eine ganze Region am Widerstand gegen die Atommülltransporte. Es gibt nur wenige Aktive und die Unterstützung aus der Bevölkerung vor Ort ist zögerlich. Für die Organisation der anstehenden Protestaktionen brauchen wir deshalb noch dringend tatkräftige Hilfe. Beteiligt Euch an den Vorbereitungen, bringt Eure Erfahrungen ein.

Stärken wir den Widerstand gegen die Atomindustrie schon an den Atomkraftwerksstandorten, bekämpfen wir das Übel an der Wurzel!