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Nachricht zur Begriffsfreiheit

Anarchie 1

In der taz geht’s immer drunter und drüber, wenn von Anarchie die Rede ist. Am Gebrauch der Begriffe läßt sich ja auch Bewußtsein ablesen. Anarchie war z.B. bei den GRÜNEN, als noch Blumentöpfe von klitsch-haarigen Bartträgern im Bundestag rumgetragen wurden und Joschka Fischer noch darüber „lamentiert“, daß „sich ‚die verschiedenen Grünen-Fraktionen vor allem an ihren Psycho-Kisten ausmachen'“. Das war 1983 und seitdem ist zum taz-Glück mit der Ordnung auch die Herrschaft eingekehrt. Jetzt geht’s mehr um wichtigere Dinge wie die Taktik zur Regierungsbeteiligung, mit abendlichen Videos „aus wilderen Zeiten“: „Zum Ausspannen: Anarchie“ (taz, 8.1.98)

Anarchie 2

Im SPIEGEL (2/1998) hingegen ist in der Herrschaftslosigkeit purer Hedonismus angesagt: „Ballermann für Hippies“ ist nämlich Goa, ein von europäischen „Freaks“ bevölkertes Strandparadies, wo nackte, langhaarige Weiße die einheimische Bevölkerung ausbeuten. Obwohl und weil die 90er-Hippies, im Gegensatz zu ihren edlen und wilden 60er- und 70er-Vorfahren, an höheren Dingen oder Sphären nicht die Bohne interessiert sind, lauert Anarchie. Und zwar kann das Nachrichtenmagazin konkret den Anarchisten Hakim Bey ausmachen, der mit seinem Buch „Temporäre Autonome Zone“ (Edition ID-Archiv, 1994) das alles auch noch predigt. Als wenn soziale Revolution kein Thema wäre. Eben nichts als Drogen, Sex und Spaß im Kopf.

Anarchie 3

Abhilfe in Sachen Begriffsverwirrung kann zum Beispiel die vierte hilfe. Illustrierte Theorie für das Dienstleistungsproletariat (Winter 1997) schaffen. In mehreren Texten und Bildern findet sich eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem „fröhlichen Operaismus“ und seinem italienischen Theoretiker der „Arbeiterautonomie“, Toni Negri. Gegen Negris „leicht schizophrene Verwechslung des Modells Benetton mit der ‚freien Assoziation freier Produzenten'“ werden die Anarchisten Gustav Landauer und Rudolf Rocker ins Feld der aufblühenden Kontroverse um den Reproduktionsbereich geführt. Angesichts der zu beackernden – nicht nur theoretischen – Defizite linksradikaler Zeit- und Gesellschaftskritik ei sehr lohnendes Unterfangen: Bei der Ablehnung jedes „sich Ergeben(s) und Geschehen-lassen(s)“ mal wieder marxistische Analyse und anarchistische Herrschaftskritik zusammen umzupflügen.

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