beilage: kein krieg am golf!

Rußlands Interessen

Rußland entwickelte beträchtliche diplomatische Aktivitäten, um die neuerliche Golfkrise vor einer US-Bombardierung beizulegen. Doch die US-Regierung ließ Rußland spüren, daß es den Status einer Weltmacht verloren hatte. Dies erklärt die Schärfe der Aussagen etwa Präsident Jelzins, eine US-Militäraktion könne einen Weltkrieg heraufbeschwören.

Der kapitalistische Nationalstaat Rußland hat eigene wirtschaftliche und geostrategische Interessen am Golf, insbesondere am Irak. Ein wiederhergestellter, vom Embargo gelöster ölproduzierender Irak könnte die auf ca. 10 Mrd. Dollar geschätzten Schulden, die Hussein an die Russische Föderation als Rechtsnachfolger der Sowjetunion noch zahlen muß, endlich aufbringen. Hussein hat bereits erklärt, daß er die Schuldenlast rechtlich anerkennt und sie entweder bar, in Form von Öl- und Erdgaslieferungen oder auch in Form von Ölbohrkonzessionen im Irak selbst entrichten will, wenn das Embargo einmal vom Tisch ist. Hinzu kommt, daß Rußland in einem Irak, der noch viele Jahre zum Aufbau der zerstörten Infrastruktur und Industrie brauchen wird, einen Zukunftsexportmarkt sieht.

Für den Irak ist die wirtschaftliche Kooperation mit Rußland ein Mittel, das Embargo zu umgehen. Schon 1994 war ein russisches Konsortium zur Schaffung russisch-irakischer Joint Ventures gegründet worden, vor allem in den Bereichen Öl- und Erdgasindustrie sowie Maschinenbau. Im Februar 1996 folgte ein Abkommen über russische Hilfe und Ausbildung für die irakische Energiewirtschaft. Dabei räumte Irak russischen Unternehmen Vergünstigungen für Importe und Investitionen ein. Im Rahmen des UN-Abkommens “Öl gegen Nahrung” bekam der russische Ölkonzern “Lukoil” 1997 einen günstigen Kaufvertrag.

Hinzu kommen strategische Planungen, der Russischen Föderation die verbilligte Beförderung russischen Öls über irakische Häfen und Pipelines zu den Mittelmeerhäfen Syriens und des Libanon zu gewähren. All dies geschieht im Rahmen der Vision einer neuen Art von OPEC (Organisation erdölproduzierender Länder), die dadurch zur Stärke der frühen 70er Jahre zurückkehren soll, daß sie vom Irak und Rußland dominiert wird. Gedacht ist dabei an eine organisatorische Verbindung der VR China und der ehemals südsowjetischen Länder Aserbeidschan, Kasachstan, Turkmenistan mit denjenigen ölproduzierenden Ländern, die mit der derzeitigen Orientierung der OPEC unzufrieden sind, u.a. Iran, Libyen (“Freitag”, 13.2.1998)