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Demo gegen französisches Endlager für Atommüll

Am 30./31.5. findet in Neufchâteau/Bure in den Vogesen eine europäische Großdemo statt

(GWR-Süd) Frankreich sei, so heißt es im europaweiten Aufruf französischer Anti-AKW-Gruppen, „Weltmeister für Atomwaffen und -strom und hat die sogenannte Entsorgung seines Atommülls 400 m unterirdisch geplant.“ Seit den fünfziger Jahren wurde in Frankreich auf Atomwaffen zur Abschreckung im Kalten Krieg gesetzt (force de frappe), seit Ende der sechziger Jahre auf den massiven Ausbau von Atomkraftwerken. Seit mehr als 30 Jahren wird also Atommüll aller Kategorien hergestellt, doch bis heute hat die Atomindustrie das Entsorgungsproblem ignoriert. Bisher wird die Wiederaufbereitungsanlage La Hague gleichzeitig als Zwischenlager benutzt, wobei der Atommüll oberirdisch in Betonfässern gelagert wird. Das Provisorium dieser Lagerung fällt offen ins Auge. Im Jahr 1998 soll nun die Entscheidung über drei neue Endlager für hochradioaktiven Müll fallen.

Seit 1986 hat der französische Staat Orte für ein Endlager gesucht. Aufgrund von Protesten wurden die Pläne zunächst verschoben, bis ein Gesetz vom Dezember 1991 Bodenstudien in drei Gegenden in Auftrag gab: in der Region Gard im Südosten Frankreichs, der Region Vienne im Westen und im Nordosten (Haute-Marne, Meuse, Vogesen). Zu dieser Zeit wurde noch von geplanten Forschungslabors gesprochen, der politische Wille, dort Endlager durchzusetzen wurde verheimlicht. Trotzdem begann für die französische Anti-AKW-Bewegung, die sich nach der – fast militärisch zu nennenden – Niederlage von Malville 1997 nie wieder so richtig erholt hatte, ein neues Kapitel des Protests und Widerstandes. Mittels massiver finanzieller Mittelzuwendungen an die Gemeinden und kommunale PolitikerInnen, durch den Kauf von Grund und Immobilien ließ die ANDRA (Agence Nationale de gestion des déchets radionactifs) auch keinen Zweifel daran, das Projekt um jeden Preis durchsetzen zu wollen.

Seit 1994 fanden in den angegebenen Regionen Probebohrungen für ein unterirdisches Endlager statt, 1997 fanden öffentliche Anhörungen statt, die Bauarbeiten sollen noch 1998 beginnen und bis 2001 dauern. Doch schon ein Jahr vorher hatten sich Protestgruppen aus den betroffenen Regionen gebildet und mit alten, übriggebliebenen Anti-AKW-Gruppen zu einer Nationalen Koordination gegen die Endlagerung (Coordination Nationale des Collectifs contre l’Enfouissement des déchets radioactifs) zusammengeschlossen. Zunächst versuchten sie, die Öffentlichkeit zu informieren und eine Sensibilisierung für das Problem herzustellen. Dann gab es erste lokale Veranstaltungen und Kundgebungen. Gleichzeitig wurde der Weg des Appells an lokale oder überregionale PolitikerInnen sowie des juristischen Einspruchs beschritten. Bisher blieb alles ohne durchschlagenden Erfolg. Doch die Mobilisierung gegen die Endlagerpläne nimmt zu. 1995 demonstrierten im französischen Nordosten noch 3 000 Menschen, 1997 schon 30 000. In diesem Jahr soll nun eine europaweite Massendemonstration der Regierung zeigen, daß sie mit massivem Widerstand rechnen muß, wenn sie ihre Pläne durchziehen will.

Die gesetzliche Grundlage für neue Endlager wird im Jahre 1998 beschlossen werden. Diese Endlager haben auch eine Signalwirkung für die gesamte europäische Atomindustrie und den Willen, an der Atomenergie festzuhalten, ja sie auszubauen. Das Problem der Atomenergie und des Atommülls, so wissen die VeranstalterInnen, ist kein national französisches, sondern ein internationales Problem, das heute vor allem in den europäischen Erzeugerländern entschieden wird. Der Europäisierung der Atomindustrie soll nun die Europäisierung des Widerstands entgegengesetzt werden. Deswegen rufen die französischen Initiativen für den 30./31. Mai 1998 zu einem europäischen Widerstandswochenende im französischen Nordosten auf. Am 30.5. findet in Neufchâteau/Vogesen ein Fest und ein großes Solidaritätskonzert statt, am 31.5. wird im nahegelegenen Dörfchen Bure, dem designierten Endlagerort, die europäische Großdemo stattfinden.

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