„Castor ist nur ein anderes Wort für Vertrauen“ – mit diesem Slogan machten die Atombetreiber nach dem CASTOR-Transport nach Ahaus Werbung für die Sicherheit ihrer Atommüllbehälter. Wie recht sie mit dem Slogan hatten zeigt sich erst jetzt, wo die regelmäßigen, mehr als 3 000-fachen, Überschreitungen des Grenzwertes für radioaktive Belastung der Oberfläche der CASTORen bekannt geworden sind. Seit 1988 hat das Bundesumweltministerium, nach eigenen Angaben, um die Möglichkeit der Verstrahlungen während der Transporte gewußt und darauf vertraut, daß sie in der Realität nicht auftreten. Die Betreiber wiederum haben schon seit Mitte der 80er gewußt, daß die Transportbehälter tatsächlich verstrahlt sind und darauf vertraut, daß nichts bekannt wird. Und große Teile der Öffentlichkeit haben den Beteuerungen, daß bei CASTOR-Transporten alles korrekt abläuft, vertraut.
Jetzt, wo die Verstrahlungen der CASTOR-Behälter bekannt geworden und die Transporte vorläufig ausgesetzt worden sind, werden Ministerien und Betreiber versuchen, die Transporte so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Denn ein Stopp aller Transporte würde schon innerhalb eines Jahres mehrere AKWs zum abschalten wegen Platzmangels in den Abklingbecken zwingen. Bald werden sie die ersten Gutachten vorlegen, die besagen, daß alles ganz harmlos sei. Anschließend werden sie versuchen, die Grenzwerte so weit hochzusetzen, daß die Transporte wieder fahren dürfen, und technische Verbesserungen einzuführen. Außerdem werden sie natürlich geloben zukünftig besser aufzupassen.
Die Aufgabe der Anti-Atom-Bewegung ist es, ihnen dabei soviel Sand ins Getriebe zu streuen, wie möglich. Denn aus Vertrauen kann Mißtrauen werden. Und Merkel und Co. werden gerade im Wahljahr versuchen das Mißtrauen in den Atomstaat nicht zu groß werden zu lassen. Je mehr kritische Öffentlichkeit die Anti- Atom-Bewegung also schafft, desto schwieriger wird es werden, die Transporte wieder aufzunehmen. Und desto größer wird die Unterstützung für die dann laufenden Transportblockaden sein.
Es geht also erstens darum, die Harmlosigkeit der gemessenen radioaktiven Verseuchungen durch eigene Gutachten, Vorträge, Symposien und Artikel immer wieder in Zweifel zu ziehen. Zweitens muß die Vertuschungs- und Verharmlosungspolitik der Gegenseite immer wieder öffenlich gemacht, und auch in Erinnerung gerufen werden, daß dieses Verhalten keineswegs neu ist. Bei Tschernobyl, dem Transnuklearskandal oder den Leukämiefällen in Krümmel war das Vorgehen von Staat und Betreibern genau das selbe wie jetzt. Verdunkeln, nur zugeben was schon bewiesen ist und verharmlosen. Drittens sollte der Protest gegen die Verschleierungspolitik in medienwirksamen Aktionen zum Ausdruck gebracht werden. Und viertens wäre es sinnvoll Direkte Aktionen für den ersten Transport vorzubereiten, der nach der Transportpause wieder fährt. Zum Beispiel Blockaden an den beiden deutsch-französischen Grenzübergängen, die für CASTOR-Transporte zur Verfügung stehen.