"Auf in die Auseinandersetzung mit der Bundeswehr" kommentierten wir im Mai, In loser Folge stellen wir daher zentrale Einheiten der Bundeswehr und wichtige Aspekte der Militärstrategien vor. Nach dem Kommando Spezialkräfte (KSK) in Calw kommt nun ein weiterer Bestandteil der Krisenreaktionskräfte an die Reihe: die Luftlandebrigade 31. (Red.)
Am 12.09.1997, also vor etwas mehr als einem Jahr führte die neue Bundeswehr ihre einsatzbereiten Krisenreaktionskräfte vor. Bei dem Show-Manöver „Schneller Adler“ (vgl. Graswurzelrevolution 222, Oktober 1997) in Mendig und Baumholder übten 1630 Soldaten den zukünftigen Krieg. Hauptzweck der Übung war die öffentliche Präsentation der neuen Elitekampftruppe Kommando Spezialkräfte (KSK). Doch heute soll es nicht um das KSK gehen. Im Mittelpunkt steht heute ein Truppe, die auch dem KSK direkt zugeordnet ist: Die Luftlandebrigade 31 (Oldenburg). Doch die Luftlandebrigade 31 ist auch eine zentrale Truppe für die „Vertretung“ der Bundeswehr bei den neuen NATO-Eingreiftruppen.
Anhand der Luftlandebrigade 31 lassen sich die verschiedenen Optionen sehr gut aufzeigen, die die Bundeswehrführung mit den KRK-Truppen der Bundeswehr verfolgt. Die Luftlandebrigade 31 ist nämlich für fast alles da, was es gibt bei der neuen Bundeswehr: Nationale Einsätze, NATO-Orientierung, WEU- Orientierung. Die einzige Einsatzoption, die bei dieser Truppe fehlt, ist die Ostorientierung. Die Luftlandebrigade 31 ist also fast eine eierlegende Wollmilchsau der Bundeswehr.
Rein militärisch entstand die Luftlandebrigade 31 Oldenburg dadurch, daß die Luftlandebrigade 27 aus Lippstadt und die Panzergrenadierbrigade 31 am 26. März 1993 zusammengelegt wurden. Inzwischen besteht die Luftlandebrigade 31 einerseits aus Brigadeeinheiten, andererseits aus zwei Fallschirmjägerbataillonen, dem 313 in Varel und dem 314 in Oldenburg, dazu kommt noch das Fallschirmpanzerabwehrbataillon 272 in Wildeshausen. Die Luftlandebrigade 31 wurde auch in Auslandseinsätzen schon erprobt: Sie war z.B. in Kroatien „bei der Sicherung und Versorgung“ eines Bundeswehrlazaretts in Trogir bei Split eingesetzt. Doch diese Truppe ist vielseitig…
NATO-Orientierung I: Der deutsche Anteil an der NATO-Eingreiftruppe MND-C
Die Luftlandebrigade 31 ist der deutsche Anteil an der Multi National Division-Central (MND-C). Diese 20 000 Soldaten starke MND-C-Truppe ist die wichtigste multinationale, in Europa stationierte schnelle Eingreiftruppe der NATO, sie hat ihren Sitz in Rheindahlen bei Mönchengladbach. Die Multinational Division ist eine hochmobile Eingreiftruppe und gehört zu den Rapid Reaction Forces der NATO. Sie besteht aus vier Brigaden der vier beteiligten Staaten, der belgischen Para-Kommando-Brigade, der deutschen 31. Luftlande-Brigade, der britischen 24. Airmobile Brigade und der niederländischen 11. Luchtmobiele Brigade. Der Stab wird je zu einem Viertel aus den beteiligten Armeen gestellt. Die MND-C ist mit 20 000 Soldaten die wichtigste multinationale, in Europa stationierte Interventionstruppe. Das Einsatzspektrum des MND-C ist auf weltweite Militärinterventionen hin ausgerichtet. Merkmale, wie etwa hohe Einsatzflexibilität, Unabhängigkeit von Gelände und Hindernissen, schnelle Verlegbarkeit von Infanterietruppen über große Entfernungen sowie Bekämpfung des Gegners aus der Luft sollen dies gewährleisten. Teil des MND-C sind von deutscher Seite insgesamt 5 590 Soldaten.
NATO-Orientierung II: Teil des größten NATO-Verbandes, „wenn Bedarf besteht“…
Das Multinationale Division Corps-Central (MND-C) wird bei Bedarf einem anderen größeren Einsatzverband unterstellt. Es handelt sich dabei um den größten NATO-Truppen-Verbund in Europa: Das „Allied Command Europe Rapid Reaction Corps“ (ARRC). 13 NATO-Staaten sind am ARRC beteiligt: Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Griechenland, Italien, Kanada, Niederlande, Portugal, Spanien, Türkei und die USA. Frankreich ist mit Verbindungsoffizieren im Stab des ARRC vertreten. Großbritannien stellt 60 % des Stabspersonals und die gesamte militärische Infrastruktur. Das ARRC besteht aus nationalen Divisionen aus den USA, den Großbritannien, Türkei, Griechenland und Deutschland. Aus Deutschland ist dies die 7. Panzerdivision. Teil des ARRC ist auch die schnelle Eingreiftruppe der NATO, Multinational Division (Central), kurz: MND-C. (Parallel zur MND-C gibt es innerhalb des ARRC eine Multinational Division (South) (MND-S) mit Truppen aus Griechenland, Italien und der Türkei.) Das ARRC ist innerhalb von 14 Tagen an den jeweiligen Einsatzort verlegbar. Innerhalb des IFOR-Einsatzes der NATO in Bosnien war der Stab des ARRC für die Einsatzführung des 50 000 Soldaten starken NATO-Anteils der IFOR-Truppe zuständig.
WEU-Orientierung: Das MND-C ist auch als WEU-Truppe einsetzbar
Doch die Luftlandebrigade als Teil der MND-C-Truppe kann noch mehr: „Die MND-C ist luftbeweglich und ein NATO Großverband mit einer möglichen, zusätzlichen WEU-Verpflichtung als Forces Answerable to WEU (FAWEU), daß heißt, es ist möglich, die MND-C der Westeuropäischen Union für Einsätze zur Verfügung zu stellen.“ Dafür gibt es eine wechselseitige Verpflichtung zwischen NATO und WEU: Eine Brigade des Eurokorps ist auch als Rapid Reaction Force der NATO nutzbar. „Die MND-C hat sich zu einem Werkzeug im Rahmen des Krisenmanagement mit einer Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten entwickelt. Sie ist damit ein Großverband, der heutigen Anforderungen umfassend gerecht wird und Kräfte über weite Entfernungen dorthin verlegen kann, wo sie benötigt werden.“ Mit dem WEU-Konzept „Forces Answerable to WEU (FAWEU)“ werden nationale oder multinationale Truppenteile je nach Fall von den WEU-Mitgliedstaaten für Militäraktionen zur Verfügung gestellt. Es gibt nämlich im Gegensatz zu den bestehenden NATO- Truppen keine eigenständigen WEU-Truppen, z.B. der Bundeswehr. Bestimmte Verbände wie die MND-C sind allerdings zu FAWEU-Truppen (anfragbaren WEU-Truppen) erklärt. „Die MND-C ist luftbeweglich und ein NATO Großverband mit einer möglichen, zusätzlichen WEU-Verpflichtung als Forces Answerable to WEU (FAWEU), daß heißt, es ist möglich, die MND-C der Westeuropäischen Union für Einsätze zur Verfügung zu stellen.“
Nationale Orientierung: Direkt der Elitekampftruppe Kommando Spezialkräfte zugeordnet
Beim Show-Manöver vor einem Jahr waren die Kampftruppen genau so aufgestellt, wie sie bei den nächsten reinen Kampf-Einsätzen eingesetzt werden sollen. Das Show-Manöver zeigte die einsatzbereiten Heerestruppen ohne das obligatorische „Hilfs“-Begleitprogramm, das sonst aufboten wird, um eine Akzeptanz der Bundeswehreinsätze bei den Parteien von Schwarz bis Grün, bei den Medien und mittelbar bei der Bevölkerung zu erreichen. Der Elitekampftruppe Kommando Spezialkräfte (Calw) direkt zugeordnet sind die beiden Luftlandebrigaden 31 (Oldenburg) und 26 (Saarlouis). Die direkte Zuordnung ergibt sich aus den militärischen Einsatzszenarien. Luftlandebrigaden sind Fallschirmjägertruppen. Die Fallschirmjäger sind in bei den geplanten Kriegseinsätzen der neuen Bundeswehr, in der Tradition der Wehrmacht (Kreta !), ganz vorne dabei.
Die Luftlandebrigade 31 ist fast ausschließlich eine KRK-Truppe, die (andere) Luftlandebrigade 26 (Saarlouis) ist als Hauptverteidigungskraft (HVK) eingestuft. In den KRK-Truppen sind fast nur freiwillig längerdienende Grundwehrdienstleistende und Zeitsoldaten. Befehligt werden diese drei Truppen (LLBrig 31, LLBrig 26 und KSK) vom Kommando Luftbewegliche Kräfte (KLK) in Regensburg, dort befindet sich auch das Einsatzzentrum für sämtliche Auslandseinsätze der Bundeswehr, dazu später mal mehr.
Das Show-Manöver am 12.09.1997 zeigte auch, wieviele Kampfsoldaten der neuen Bundeswehr inzwischen eingesetzt werden können, es sind derzeit ca. 18 000 der 53 600 Soldaten der Krisenreaktionskräfte sofort (mit kurzer Vorwarnzeit) einsatzfähig.
Luftlandebrigade 31: Militärisch gefährlich und Anziehungs- und Kristallationspunkt für Rechte!
Die Luftlandebrigade 31 ist für fast alle Möglichkeiten, die mit der militärischen Komponente der deutschen Außenpolitik verfolgt werden, mit vorgesehen: Für starkes militärisches Engagement Deutschlands in der NATO, für eine führende Rolle bei Militäraktionen der WEU und last not least für rein nationale Militäraktionen der Bundesrepublik. Die Luftlandebrigade 31 ist also militärisch gefährlich. Zusätzlich ist diese Bundeswehreinheit als Fallschirmjägereinheit zwangsläufig auch besonders reizvoll für Rechte. Bei den Fallschirmspringern der Bundeswehr wird bewußt auf die schaurige Tradition der Fallschirmjäger der Wehrmacht (u.a. Kreta) zurückgegriffen (vgl. dazu den Artikel von Aike Vaqué u.a.). Nicht zuletzt durch ihre vielfache Verwendung und die bekanntgewordenen rechtsextremen Fälle ist die Luftlandebrigade 31 ein guter Ansatzpunkt, um die Militarisierung der Außenpolitik aufzuzeigen und ein guter Ort, um gegen diese Militarisierung Protest und Widerstand entgegenzusetzen.