beilage: nein zu bomben, krieg, vertreibung!

Die NATO im Angriffskrieg

| Tobias Pflüger

Offiziell ist die NATO ein "Verteidigungsbündnis". Seit 24. März führt die NATO aber einen Angriffskrieg gegen Jugoslawien.

Ist dies nun eine plötzliche Kehrtwendung der NATO oder ist das die logische Fortsetzung einer länger geplanten Entwicklung?

Stragegieentwicklung zum Kriegsführungsbündnis

Immer wieder war die letzten Jahre von der „neuen NATO“ die Rede. Doch die neue NATO wurde bisher „nur“ in den Armeestrukturen umgesetzt oder stand auf dem Papier. Die Armeen wurden aufgeteilt in zwei Kategorien, in schnelle Eingreiftruppen (Rapid Reaction Corps oder im deutschen Krisenreaktionskräfte [KRK]) und Truppen, die offiziell zur Landesverteidigung vorgesehen sind (Main Defense Forces oder im deutschen Hauptverteidigungskräfte [HVK]).

Das letzte Grundlagenstrategiepapier der NATO wurde 1991 verabschiedet. Genau einen Monat nach dem Beginn des ersten Angriffskriegs der NATO wird sich die NATO am 24.April 1999 in Washington selbst feiern, die NATO wird 50. Rechtzeitig zum Geburtstag wurden drei neue Mitglieder aufgenommen: Polen, Tschechien und Ungarn. Doch zentraler als die Aufnahme der neuen Mitglieder ist die Verabschiedung einer neuen NATO-Strategie. (vgl. GWR Februar 1999)

Im nichtöffentlichen Strategiepapier der NATO wird die Entwicklung von 1991 weiter fortgesetzt: Weitere Verstärkung der Krisenreaktionskräfte und der weitere Aufbau von Kampfeinheiten.

Beispiele für solche Kampfeinheiten sind die US-amerikanischen Marines oder das deutsche Kommando Spezialkräfte (KSK). Diese Einheiten stehen für die NATO des kommenden Jahrtausends: Ein Kampf- und Kriegsführungsbündnis. Dissens zwischen den NATO-Staaten ist bislang lediglich, mit welcher regionalen Zielsetzung die Interventionsfähigkeit der NATO ausgebaut werden soll. Konkret: Frankreich will eine Stärkung des europäischen Pfeilers (Vgl. GWR März 1999), die USA wollen die NATO zu einem weltweiten Interventionsbündnis ausbauen, die neue deutsche Regierung will die Interventionsfähigkeit ebenfalls ausbauen will aber Deutschland „lediglich“ für Interventionen in Europa zuständig sehen. Umstritten ist auch, ob es eine feste Definition von „Interessenssphären“ geben soll oder ob das von Fall zu fall entschieden werden soll. Unumstritten ist aber der Ausbau der Interventionsfähigkeit. Die NATO wird damit endgültig zum Kriegsführungsbündnis. Der Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien ist also eine konsequente Umsetzung der geplanten neuen NATO-Strategie.

Die Frage, warum wird dieser Angriffskrieg geführt, kann also auch damit beantwortet werden, daß die neue NATO-Strategie jetzt schon mal getestet werden soll.

Die NATO muß dringend zu ihrem 50. Geburtstag wieder für die Opposition in diesem Land Thema werden. Die NATO ist nach offiziellem Sprachgebrauch ein „Bündnis von Staaten mit gemeinsamen Werten“. Diese gemeinsame Werte sind gemeinsame militärische Absicherung des Wohlstandes (gegen den Süden) und die Durchsetzung militärischer, geostrategischer Interessen mit allen verfügbaren Mitteln. Laßt uns die NATO auf allen Ebenen politisch angreifen!