antimilitarismus

Ihre „Neue Weltordnung“ angreifen! Kampf der NATO-Kriegspolitik!

Aufruf zur Demonstration am 10. Juli 1999 in Heidelberg / Treffpunkt: Universitätsplatz, 13.00 Uhr

Das erste Opfer des Krieges

In Europa herrscht – wieder einmal – Krieg. Ein Krieg, der in den Medien als gut und gerecht dargestellt wird. Ein Krieg, der, so heißt es, von Seiten der NATO (North Atlantic Treaty Organization) geführt wird, um den Schlächtereien eines barbarischen Diktators ein Ende zu setzen. Ein Krieg für die Menschenrechte. Ein Krieg für Frieden. Was für eine schöne Illusion! Sie erlaubt es einem, sich beruhigt zurückzulehnen, in der trügerischen Überzeugung, daß die Sache der Menschlichkeit endlich in starken, gut bewaffneten Händen liegt. Sie hat nur eben nichts, aber auch gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun (außer dem Umstand, daß die NATO in der Tat exzellent bewaffnet ist). Die Vorstellung von den Nordatlantik-Pakt-Staaten als einer Truppe hochgerüsteter guter SamariterInnen, die von den westlichen Medien verbreitet wird, ist nichts als Propaganda. Die NATO hat nie für irgendwelche Menschenrechte auch nur einen einzigen Soldaten in Bewegung gesetzt und wird dies auch nie tun, geschweige denn eine Militäroperation starten, bei der mit solcher Intensität Angriffe geflogen werden, daß den in Europa stationierten Streitkräften schon die High-Tech-Bomben auszugehen drohen. Die ganzen Phrasen über Menschenrechte dienen lediglich der Sicherung von öffentlicher Unterstützung, was u. a. in aller Deutlichkeit daran zu sehen ist, wie wenig sich die NATO um zivile Opfer schert. Um jeden eigenen Soldaten wird ein riesiges Brimborium veranstaltet – hunderte von toten ZivilistInnen dagegen mit einem Achselzucken abgetan. In diesem Krieg geht es für die NATO nicht darum, irgend jemandem zu helfen. In diesem Krieg geht es darum, der NATO die militärische Vorherrschaft in Osteuropa zu sichern und sie als bestimmende Ordnungsmacht der Region zu etablieren. Die Ermordungen, Vertreibungen und Vergewaltigungen von Kosovo- AlbanerInnen durch serbische Milizen, Soldaten und Teile der serbischen Minderheit mögen der öffentlichkeitswirksame Aufhänger des Krieges sein, seine Ursache sind sie keineswegs.

Die Sorge um die Menschenrechte scheint, wenn den öffentlichen Diskussionen und offiziellen Verlautbarungen gefolgt wird, die prägende Leitfrage in den Plänen und Überlegungen der westlichen PolitikerInnen zu sein. Dabei wird übersehen, daß Menschenrechte kein Thema militärischer und politischer Planungsstäbe sind. Hier geht es um Einflußzonen, um Sicherheitssphären und um freien Zugang zu Märkten. Bei der globalen Durchsetzung ihrer „Neuen Weltordnung“ geht es um das gemeinsame Interesse, die letzten Hindernisse für Waren- und Kapitalströme zu beseitigen: Um den maximierten Profit und die permanente Absatzfähigkeit in den kapitalträchtigsten Wirtschaftszonen über Jahre hinaus sichern zu können – selbstverständlich ohne Rücksicht auf die ökonomisch schwächeren Gesellschaften.

Die Menschenrechte spielen für diejenigen, die diesen Krieg gewollt haben, erst dann eine Rolle, wenn es darum geht, den Krieg in den Medien gut zu verkaufen. Da in den Medien die unsäglich naive Vorstellung verbreitet wird, daß der Westen automatisch das Gute repräsentiere, läuft die Berichterstattung im Westen letzten Endes auf das gleiche hinaus wie die in Jugoslawien: Gesendet und geschrieben wird das, was der eigenen Seite nützt.

Die westlichen Staaten mit ihren demokratischen Verfassungen treten in Sachen Humanität mit einer Arroganz, die noch direkt aus Kolonialzeiten stammt, als SchulmeisterInnen der Welt auf. Dabei werden in den EU-Ländern tagtäglich Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen, für die sie andere Staaten in Schutt und Asche bomben. Wie viele Menschen anderer ethnischer Herkunft sind schon in deutschen Abschiebegefängnissen umgekommen? Wie viele wurden von den deutschen HeldInnen der Menschenrechte an ihre Mörder und Folterer ausgeliefert? Was ist die deutsche Ausländergesetzgebung anderes als die Bürokratisierung rassistischer Ausgrenzungsmethoden?

Die Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien betreibt im Kosovo eine rassistische Politik, die sich auf die Konstruktion einer serbischen Volksgemeinschaft stützt, die auf dem Amselfeld, der „Wiege der serbischen Kultur“, angeblich ihre angestammte Heimat hat, – aber sie ist nicht die einzige Regierung Europas, die entlang rassistischer Verwertungskriterien funktioniert. Auch Politiker wie Fischer oder Scharping arbeiten mit der Beschwörung mythisch überhöhter, völkisch-nationalistischer Konstruktionen und benutzen dabei institutionalisierte Grundpfeiler, auf denen die bürgerlich-kapitalistischen EU-Staaten (wie die BRD) angeblich aufbauen sollen – Rechtsstaatlichkeit, Schutz der Individualrechte, Achtung der Menschenwürde -, um beispielsweise einen Angriffskrieg gegen Jugoslawien zu legitimieren. Das Prinzip der Staatsräson ist die Richtlinie, nach der gehandelt wird. Der Rest ist mediale Verkaufsstrategie.

Auf dem Weg zur „Neuen Weltordnung“

Die Gründe für das Engagement in Jugoslawien liegen da, wo die Gründe für Kriege seit jeher liegen: Im Kampf um Macht und Einfluß(sphären). Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks herrscht in Osteuropa ein Machtvakuum. Es stellt sich die Frage, wer in dieser Region neue Führungsmacht wird, nachdem Rußland aufgrund seiner desolaten wirtschaftlichen Lage und der permanenten politischen Krise inzwischen nahezu handlungsunfähig ist.

Die NATO, die als westliches Verteidigungsbündnis die „Neue Weltordnung“ der kapitalkräftigsten Wirtschaftsblöcke der Welt durchzubomben hat, hat mit ihrer systematischen Osterweiterung bereits drei Staaten aus dem ehemaligen Einflußbereich der Sowjetunion in ihre eigene Machtsphäre integriert und strebt u. a. die Aufnahme Bulgariens, Rumäniens, Sloweniens, Albaniens, Mazedoniens, Estlands, Lettlands, Litauens und der Slowakischen Republik in die NATO an, mit dem angenehmen Nebeneffekt, den Waffenindustrien aller 19 NATO-Staaten neue Aufträge zu sichern. Die neuen Mitgliedsstaaten müssen schließlich mit moderner Ausrüstung versorgt werden.

Die USA, die innerhalb des Nordatlantikpakts eine dominierende Machtposition innehält, werden weiter daran arbeiten, die Rückkehr Rußlands zum Status einer Supermacht zu verhindern. Gleichzeitig werden sie bestrebt sein, die Etablierung einer unabhängigen Macht als Hegemon in Osteuropa zu blockieren.

Die Rolle der Europäischen Union

Daran ist den Regierungen der 15 EU-Staaten (und den mit ihnen paktierenden Bevölkerungsteilen) aber noch weniger gelegen als ihren US-amerikanischen Verbündeten. Der Balkan ist der Hinterhof der Europäischen Union. Und diese EU soll sich unter der Führung Deutschlands zu einem kontinentalen Herrschaftskomplex entwickeln, der sich über die Länder des ehemaligen Ostblocks und über das Mittelmeer bis hin nach Nordafrika erstreckt (Lomé-Abkommen) und von einer USA-unabhängigen, imperialistischen Militärmacht zusammengehalten wird. Das in die EU eingegliederte Militärbündnis Westeuropäische Union (WEU), die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ (GASP) und die sogenannten „Krisenreaktionskräfte“ sind die konkreter umrissenen Stationen hin zu einem europaunionistischen „Verantwortungsraum“, in dem die staatlich-repressive Überwachung im Innern mit dem Export einer an menschen- und umweltverachtender Verwertungslogik orientierten Realität zu einer effizienten Ausbeutungs- und Unterdrückungsapparatur zusammenschmelzen soll. Auf dem EU-Gipfeltreffen in Köln (am 3./4. Juni 1999) wurde nun ein weiterer Schritt in diese Richtung vollzogen. Die EU- Ratsherren kamen überein, neben der gemeinsamen Währung (Euro) und der gemeinsamen politischen Institution (Europaparlament) nun auch ein gemeinsames militärisches Instrumentarium bereit zu stellen, mit dem sich zumindest „europäische Regionalkonflikte“ in Zukunft auch ohne Beteiligung der USA, also durch militärische Kampfeinsätze in eigener Regie lösen lassen. In der Kölner Erklärung des Europäischen Rates heißt es hierzu: „Gestützt auf ein glaubwürdiges Militärpotential muß die Union die Fähigkeit zu autonomem Handeln erlangen und entsprechend den Erfordernissen des jeweiligen Falls … die Mittel und die Bereitschaft besitzen, diesen Einsatz zu beschließen.“ In dem am 03.06.1999 verabschiedeten Entwurf zur „Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ (ESVP) wurde die Militarisierung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik endgültig besiegelt. Die europäischen Staaten sollen künftig in der Lage sein, „unter Rückgriff auf NATO-Ausrüstung und -Logistik sich allein in Friedensmissionen und Konfliktprävention auf dem alten Kontinent zu engagieren“.

Das heißt: Nahezu jeder Staat (auf dem „alten Kontinent“), den die NATO (und mit ihr selbstverständlich diejenigen EU-Länder, die NATO-Mitglieder oder Angehörige der „Europäischen Krisenreaktionskräfte“ sind) nicht an der kurzen Leine hat, ist eine potentielle Bedrohung der „Neuen Weltordnung“, die hauptsächlich von den drei größten Wirtschaftsblöcken der Welt (USA, EU, Japan) verwaltet wird. Mit der Bombardierung Jugoslawiens verfolgen die NATO und die EU schlicht und ergreifend Macht- und Sicherheitsinteressen. Zudem wird hier ein Land angegriffen, das sich nach anfänglicher Kooperation dem westlich-kapitalistischen Diktat des „Internationalen Währungsfonds“ (IWF) widersetzte, den daran gekoppelten „Schuldendienst“ einstellte, seine Währung frei konvertierbar machte und dann eine eigene Inflationspolitik betrieb – woraufhin der IWF die nationalen Differenzen innerhalb Jugoslawiens gefördert hat.

Die Rolle Deutschlands

Deutschland ist in diesen Angriffskrieg gegen Jugoslawien nicht nur als Mitglied der NATO involviert. Die BRD ist in diesem Konflikt keine Mitläuferin und erst recht kein Opfer der Politik der USA, sondern verfolgt mit ihrer aggressiven Kriegspolitik eigene Ziele. Mit dem Angriffskrieg gegen Jugoslawien erklärte Deutschland nicht nur jegliches Völkerrecht zur Makulatur, sondern entledigt sich auch auf zynische Art seiner faschistischen Vergangenheit. 54 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg bombardieren deutsche Kampfflugzeuge wieder Serbien, ein Land, das in diesem Jahrhundert schon zweimal den Einfall und das Wüten deutscher Soldaten ertragen mußte.

Schon als im Ersten Weltkrieg deutsche Soldaten Serbien überfielen, verkündete Wilhelm II. die Devise, der die deutsche Außen- und Kriegspolitik bis heute zu folgen scheint: „Bei den Slawen muß per divide et impera (Teile und herrsche!) vorgegangen werden.“

Diese Politik wurde von den Nazis konsequent fortgesetzt. Heinrich Himmler formulierte das 1940 so: „Bei der Behandlung der Fremdvölkischen im Osten müssen wir darauf sehen, so viel wie möglich einzelne Völkerschaften anzuerkennen. (…) Ich will damit sagen, daß wir das größte Interesse daran haben, die Bevölkerung des Ostens nicht zu einen, sondern im Gegenteil in möglichst viele Teile und Splitter zu zergliedern.“

Die Massaker, die Wehrmacht und SS gemeinsam mit den kroatischen Ustascha-Faschisten an der serbischen Bevölkerung verübten, sind in Jugoslawien noch in lebhafter Erinnerung.

Schon bald nach der Übernahme der DDR beteiligte sich Deutschland vehement an der Parzellierung des unbeliebten Vielvölkerstaates auf diplomatischem Wege, indem jede Bestrebung ethnischer Gruppen, sich von Jugoslawien zu trennen, unter dem Vorwand des Selbstbestimmungsrechts der Völker eiligst unterstützt wurde. Diese vorbehaltlose Unterstützung der SezessionistInnen, die maßgeblich zu den BürgerInnenkriegen in Jugoslawien beitrug, setzte die neue Großmacht Deutschland gegen die Warnungen und den Widerstand der USA und der anderen NATO-PartnerInnen durch, die lange Zeit bemüht waren, die territoriale Integrität Jugoslawiens zu erhalten. Deutschland meldete damit erstmals eine ernsthafte Konkurrenz zur dominierenden Rolle der USA in der NATO an. Die BRD-dominierte EU soll zum eigenständigen Machtblock mit wirtschaftlichen und militärischen Optionen ausgebaut werden.

Diese Politik und diese Propaganda haben Früchte getragen. Selbst ehemalige Linke können, wenn es um den Balkan geht, nur noch in ethnischen Kategorien denken. Plötzlich gibt es nicht mehr UnterdrückerInnen und Unterdrückte, AusbeuterInnen und Ausgebeutete, es gibt nur noch ‚die‘ Serben, ‚die‘ Albaner, ‚die‘ Kroaten usw. Auch der grüne Außenminister Fischer gefällt sich in der Kaiser-Wilhelm-Pose, wenn er verkündet, es gebe fortan keine grüne Außenpolitik mehr, sondern nur noch eine deutsche.

Die Beteiligung Deutschlands am Krieg gegen Jugoslawien ist der vorläufige Höhepunkt der fortschreitenden Remilitarisierung der deutschen Außenpolitik. Krieg gehört wieder uneingeschränkt zu den Optionen, mit denen Deutschland seine Beziehungen zu anderen Staaten regelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekundeten PolitikerInnen jeder Couleur im Hinblick auf die nationalsozialistische Vergangenheit, niemals wieder sollten Deutsche ein Gewehr in die Hand nehmen. Nur wenige Jahre später sollten sie das doch tun, wenn auch nur ‚zur Verteidigung‘. Wieder einige Jahre später sollten sie schon wieder in aller Welt mitmischen dürfen, wenn auch nur im Auftrag der UNO. Heute kann Gerhard Schröder stolz verkünden, Deutschland „sei wieder erwachsen geworden“. Dieses erwachsene Deutschland führt heute einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat.

Deutsche Soldaten, die Tucholsky zurecht als Mörder bezeichnete, fallen mit dem Segen des Deutschen Bundestags wieder über andere Länder her.

An der dazu notwendigen Entsorgung der deutschen Geschichte sind die Medien aktiv beteiligt. Selektionen, Völkermord und Konzentrationslager sind in der hiesigen Berichterstattung keine Begriffe mehr zur Beschreibung der Verbrechen des deutschen Faschismus, sondern dienen als zynische Legitimation für die Zerschlagung Jugoslawiens und den ungehinderten Einsatz deutscher Truppen überall auf der Welt. Kriegsminister Rudolf Scharping präsentiert der Öffentlichkeit immer neue ‚Konzentrationslager‘ im Kosovo, Außenminister Joseph Fischer vergleicht die Vertreibungen im Kosovo mit Auschwitz und Milosevic mit Hitler. Diese psychologische Kriegsführung, diese Verharmlosung und Einebnung der Nazibarbarei dient einerseits der Beseitigung der historisch auferlegten Grenzen des Großmachtstrebens der Deutschen, andererseits sollen sie den geführten Krieg als gerechten Krieg legitimieren, als eine Entscheidungsschlacht zwischen Gut und Böse.

Die angeblich humanitären Motive, die als Vorwand für den Angriffskrieg dienten, sind vergessen, wenn es darum geht, Flüchtlingen Schutz in Deutschland zu gewähren. Noch zu Beginn des Krieges vertrat das Auswärtige Amt die Ansicht, daß es im Kosovo keine ethnischen Vertreibungen gäbe, und daß deswegen den Flüchtlingen aus diesem Gebiet kein Anspruch auf Asyl zugebilligt werden könne. Auch nach der Ausweitung der Fluchtbewegung zu gigantischen Ausmaßen weigert sich Deutschland beharrlich, mehr als eine marginale Anzahl an Flüchtlingen zur Wahrung des Gesichts aufzunehmen.

Die Rolle der USA

In den Medien ist trotz alledem oftmals immer noch von der einzig übriggebliebenen Supermacht USA die Rede, ohne daß irgend jemand einmal reflektiert, was das überhaupt für die Systeme internationaler Politik im 21. Jahrhundert heißt. Nahezu jeder Staat kann in Zukunft zum Ziel US-amerikanischer Angriffe werden, wenn seine Politik im Widerspruch zu den Interessen der USA steht und eine Intervention Chancen auf Erfolg hat. Aufmerksame BeobachterInnen der Debatten in den USA, die einen weltweit unvergleichlich hohen Verteidigungsetat haben und die komplexeste Rüstungsindustrie besitzen, konnten längst feststellen, daß die Ideologie des „Manifest Destiny“, der alte Glaube aus amerikanischen Pioniertagen an die Auserwähltheit des amerikanischen Volkes, eine globale Interpretation erfährt. Die Forderung nach „wohltätiger Hegemonie“ gehört inzwischen nicht nur zum Standardrepertoire konservativer PublizistInnen, sondern ist mittlerweile das Programm einflußreicher BeraterInnen der US-amerikanischen Regierung. Ein klares Indiz für die Vorstellungen von internationaler Zusammenarbeit, die die Clinton-Administration pflegt, ist der Umgang mit der UNO (United Nations Organization) und, damit verbunden, der Umgang mit dem ohnehin zur Karikatur seiner selbst verkommenen Völkerrecht. Nicht nur, daß sich das kapitalkräftigste, zugleich aber auch verschuldetste Land der Welt beharrlich weigert, seine Mitgliedsbeiträge bei der UNO zu entrichten, es versucht weiter, diese ohnehin von den wenigen kapitalkräftigen Industriestaaten dominierte Institution gezielt zu schwächen und zu demontieren. Zusammen mit dem von der deutschen Regierung unterstützten Bruch des Völkerrechts, das jede Aggression gegen einen souveränen Nationalstaat für illegal erklärt, bedeutet dies eine klare Zäsur in der Geschichte der internationalen Beziehungen. Von der zumindest offiziellen Politik des Ausgleichs geht es zurück zu einer geostrategisch weitreichenden Politik, in der Macht gleich Recht ist und imperialistische Machtblöcke dann den militärischen Angriff auf einen unbotmäßigen Nationalstaat beschließen können, wann immer sie wollen.

Das Headquarter der NATO-Landstreitkräfte in Heidelberg

Auch wenn am 09.06.1999 die „heiße Phase“ eines 78tägigen NATO-Aggressionskrieges gegen die Bundesrepublik Jugoslawien zunächst einmal beendet und ein militärisch- technisches Abkommen zwischen NATO-UnterhändlerInnen und der jugoslawischen Armee unterzeichnet wurde, geht der Krieg auf niedrigerer Intensität weiter. Nach dem im „G8- Kompromiß“ festgelegten Abzug aller Einheiten der jugoslawischen Armee, der serbischen Polizei und der paramilitärischen Verbände aus dem Kosovo sollen bis zu 50.000 SoldatInnen vor allem aus NATO-Staaten in diese Region einmarschieren. Die Oberhoheit über alle beteiligten SoldatInnen der „Kosovo-Truppe“ (KFOR) soll der westlichen Allianz (unter dem Kommando des britischen Generalleutnants Michael Jackson) zugesprochen werden. Auch wenn die NATO qua Verankerung dieses Abkommens von Mazedonien in eine Resolution des UN-Sicherheitsrates in ihrer strategisch festgelegten Möglichkeit eingeschränkt zu sein scheint, nach Belieben weltweit militärisch intervenieren zu können, bleiben die durch den Kosovo-Konflikt geschaffenen Realitäten: Die „Neue Weltordnung“ wird auch in Zukunft – ob mit oder ohne UNO-Mandat – durchgebombt.

Deshalb demonstrieren wir am 10.07.1999 in Heidelberg gegen diese „Neue Weltordnung“ und gegen die daran geknüpfte NATO-Kriegspolitik, weil das Heidelberger Headquarter der NATO-Landstreitkräfte zu den wichtigsten infrastrukturellen Einrichtungen des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses zu zählen ist. Im Falle eines Einsatzes von Bodentruppen im NATO-Aggressionskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, der dieses Land bereits vor dieser Militäroption über Jahrzehnte hinaus in seinen sozialen, gesellschaftspolitischen und ökologischen Grundlagen zerstört hat, wären in Heidelberg die Koordinationsfäden zusammengelaufen.

Ihre „Neue Weltordnung“ angreifen!
Kampf der imperialistischen NATO-Kriegspolitik!
Keine unabhängige Militärmacht EU unter deutscher Vorherrschaft!
Der Hauptfeind steht im eigenen Land!

Rambouillet

Bei jedem Krieg gibt es eine facettenreiche Vorgeschichte. In diesem Fall ist sie verknüpft mit dem Namen von Schloß Rambouillet, in dem Verhandlungen zwischen VertreterInnen der Republik Serbien einerseits und den Kosovo-AlbanerInnen andererseits unter Leitung einer westlichen DiplomatInnengruppe stattfanden. Das Ziel bei diesen Verhandlungen war angeblich, eine Eskalation des Konflikts zu verhindern. Dazu sollte ein Kompromiß gefunden werden, der beiden Parteien ein friedliche Beilegung ihrer Streitigkeiten erlaubt hätte. Was dabei geflissentlich verschwiegen wurde, war der Preis, den der souveräne Nationalstaat Jugoslawien zu zahlen gehabt hätte: Die Erlaubnis für die NATO, ihre Truppen in ganz Jugoslawien stationieren zu können. Jugoslawien hätte also, um den Bombardierungen zu entgehen, einer Besetzung seines gesamten Territoriums durch feindliche Streitkräfte zustimmen müssen, also quasi vor Beginn des Krieges bedingungslos kapitulieren sollen. Daß kein Staat einer solchen Forderung jemals zugestimmt hätte, liegt auf der Hand.

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