Die Nürnberger Ausländerbehörde liess am 03.11.1999 der 28jährigen Iranerin Roya Mosayebi durch Polizeibeamte gewaltsam ein Kopftuch anlegen und sie so fotografieren. Frau Mosayebi wurde bei der Polizeiaktion erheblich verletzt.
Die Polizeibeamten drangen in das Privatzimmer der iranischen Asylbewerberin ein und brachten sie in die Polizeiinspektion am Nürnberger Jakobsplatz. Dort forderten sie Roya Mosayebi auf, ein Kopftuch anzulegen. Als sie sich weigerte und erklärte, sie werde nie mehr einen Schleier tragen, wurde die zierliche Frau von sechs PolizeibeamtInnen niedergerungen und auf einen Stuhl gezwungen. Sie wurde gewaltsam festgehalten, ein Kopftuch wurde angelegt. In dieser Aufmachung wurde die wegen der Demütigung und vor Schmerzen weinende Frau fotografiert. Sie erlitt eine Verletzung des linken Schultergelenkes, eine Zerrung der Rotatorenmanschette und Blutergüsse am rechten Oberarm.
Vor dieser von der Nürnberger Ausländerbehörde veranlassten Aktion war Frau Mosayebi aufgefordert worden, vier Fotos mit Kopfbedeckung abzugeben, um diese zur Beschaffung von Heimreisedokumenten, die für die Abschiebung der Familie Mosayebi benötigt werden, an die iranische Botschaft weiterzuleiten. Roya Mosayebi legte jedoch vier Fotos ohne Kopfbedeckung vor und liess sich auch in der Folgezeit nicht zwingen, das Kopftuch abzulegen. Mindestens vier weitere Frauen erhielten ein derartiges Schreiben des Ausländeramtes.
Roya Mosayebi war 1997 mit ihren beiden Söhnen Aras (10) und Arman (9) nach Deutschland geflüchtet. Im Iran war sie durch die islamischen Sittenwächter verfolgt worden, die ihr als Frau unmoralisches (= unislamisches) Verhalten vorwarfen. Der fundamentalistische islamische Revolutionsrat im Iran zwingt den iranischen Frauen eine strikte Kleiderordnung auf, äußeres Symbol eines Systems, welches die rechte der Frauen und das Recht auf Religionsfreiheit missachtet und mit brutalen Mitteln die islamistischen Gesetze durchsetzt. Die bayrischen Behörden setzen die Verfolgungsmassnahmen fort, indem sie Roya Mosayebi und weitere betroffene Frauen das Kopftuch mit Gewalt aufzwingt.
„Ich bin hierher gekommen, um in einem freien Land zu sein. Aber das Verhalten der Polizisten war genau wie im Iran. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie mich hier so brutal behandeln und dass sie mir das Kopftuch mit Gewalt aufzwingen würden. Sie haben meine Rechte und meine Würde als Frau missachtet“, sagt Roya Mosayebi.
Ähnlich äussert sich Laleh Saadat, Gründungsmitglied des Komitees 8. März für die Rechte der iranischen Frauen: „Die deutschen Behörden folgen den regeln, die das repressive iranische Mullah-Regime vorgibt, obwohl die deutsche Regierung davon spricht, für Menschen- und Frauenrechte einzutreten.“ Frau Saadat, die ebenfalls zur Vorlage von Fotos mit islamischer Kopfbedeckung aufgefordert worden ist, wird gegen diese Verfügung Widerspruch erheben.
Roya Mosayebi will Strafanzeige gegen die Verantwortlichen in der Nürnberger Ausländerbehörde wegen Anstiftung zur Nötigung und wegen Beleidigung erheben. Sie verlangt die unverzügliche Herausgabe der entwürdigenden Fotografien. „Das Verhalten der Nürnberger Ausländerbehörde verstösst gegen die Religionsfreiheit, die auch beinhaltet, religiöse Symbole und Handlungen abzulehnen, und verletzt die Menschenwürde von Frau Mosayebi“, sagt Rechtsanwältin Gisela Seidler, die die beiden Frauen in ihren Verfahren gegen die Zwangsverschleierung vertritt.
Auch die Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen äussert scharfe Kritik: „Während in Baden- Württemberg eine Lehrerin nicht in den Staatsdienst übernommen wird, weil sie im Unterricht das Kopftuch trägt, setzen bayrische Behörden den Kopftuchzwang mit Gewalt durch und machen sich so zu Komplizen der fundamentalistischen islamischen Sittenwächter. Bei der Durchsetzung von Ausreise oder Abschiebung nimmt der deutsche Staat die Züge eines Unrechtsregimes an“, äusserte eine Teilnehmerin der Bundeskonferenz am 15. November.
Weitere Infos
Frau Rechtsanwältin Seidler
Tel. 089/5427500