transnationales / ökonomie

Globalisierung der Solidarität gegen das Kapital

Grundposition der Initiative gegen Ökonomische Globalisierung Prag 2000 erstellt anläßlich des Gipfels von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Prag

| Prag, 1.März 2000 Initiative gegen die ökonomische Globalisierung - Prag 2000

Ungefähr 20.000 der Banker der Welt, Ökonomen und Investoren werden vom 26.-28. September in Prag ankommen, um am 55. Jahrestreffen der Weltbank Gruppe (WB) und des Exekutivorgans des Internationalen Währungsfonds teilzunehmen.

Dieses prestigereiche Ereignis der globalen ökonomischen Eliten, das erste seiner Art in Zentral-/ Osteuropa, ist von besonderer Wichtigkeit. Die Delegierten werden sich versammeln, um einen Plan für die vollständige Liberalisierung der Weltwirtschaft vorzuschlagen, welche sie als einziges Instrument zur Lösung der Probleme der Welt darstellen.

Wir stimmen dieser Meinung nicht zu. Wir betrachten im Gegenteil die ökonomische Globalisierung und die Politik von IWF und Weltbank als einen der wichtigsten Gründe für die schwerwiegenden Probleme der heutigen Welt und nicht als Chance für die Mehrheit der Menschheit, die im Elend lebt, oder als eine Möglichkeit zur Ablenkung von der globalen ökologischen Krise. Dieser Gipfel ist eine Herausforderung für all diejenigen, die sich um das Schicksal der heutigen Welt sorgen. Denn IWF und Weltbank haben es über fünfzig Jahre lang negativ beeinflußt. In diesem Zusammenhang möchten wir daran erinnern, daß der Gipfel mindestens 935 Millionen Tschechische Kronen (mehr als 50 Millionen Mark) öffentlichen Geldes kosten wird, welches dringend für soziale Programme, Gesundheitsversorgung, Bildung und Umweltschutz gebraucht wird.

Im Prozeß der ökonomischen Globalisierung, der die fortschreitende Kürzung des staatlichen Einflusses auf die Zirkulation des transnationalen Kapitals beinhaltet, spielen beide Institutionen entscheidende Rollen. Durch ihre ökonomische Politik öffnen der IWF und die Weltbankgruppe die Entwicklungsländer (zu denen sie gemessen am Bruttosozialprodukt auch die tschechische Republik zählen) für ausländische Investoren und ihre spekulativen Interessen. IWF und Weltbank geben offen zu, daß sie nur von ökonomischen Leitlinien geleitet werden und unterstützen daher willentlich verschiedene autoritäre und diktatorische Regime. Kein Wunder, daß diese Institutionen selber ebenso nicht demokratisch sind – die Mitbestimmungsrechte der einzelnen Mitglieder sind von der Summe der Geldinvestitionen abhängig, frei nach dem Prinzip „mehr Dollar – mehr Stimmen“. Im Rahmen der sogenannten Strukturanpassungsprogramme (SAPs) bestimmen IWF und Weltbank strenge Auflagen für Kredite an die Entwicklungsländer einschließlich Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung. Diese Maßnahmen stärken die Position des transnationalen Kapitals, während sie die Position der Mehrheit der sich entwickelnden Welt schwächen. Das Entfernen von Sozial- und Umweltschutzauflagen (welche die Investoren „entmutigen“ könnten) und Kürzungen im öffentlichen Sektor resultieren im Nichtzugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung, extreme Steigerung der Lebenshaltungskosten, Stellenkürzungen, Arbeitslosigkeit und Beschneidung der gewerkschaftlichen Rechte. Die Auswirkungen auf den Agrarsektor sind besonders verheerend, da Produktionen, die auf lokale Subsistenz abgestimmt sind, gezwungen werden, Monokulturen für den Export anzubauen, was zu Unterversorgung mit Lebensmitteln und in einigen Ländern gar zu Hungerkatastrophen führt. Die Auswirkungen von IWF und Weltbank Aktivitäten auf die Umwelt sind ebenso tragisch – die gigantomanischen Projekte der Weltbank resultieren in der Zerstörung lokaler Ökosysteme und in der erzwungenen Umsiedlung von Millionen von Menschen. Das Prinzip dieser Programme ist es, den Zufluß von ausländischen Spekulativkapital zu ermöglichen, welches nicht zur Schaffung irgendwelcher Werte beiträgt. Es benutzt lediglich die Abwesenheit von Sozial – und Umweltstandards, übernimmt die Kontrolle über die Märkte und zerstört häufig ganze Industriebranchen. Die Empfehlungen von IWF und Weltbank führen demnach häufig nicht zum versprochenen ökonomischen Wachstum. Das einzige, was von ihnen übrig bleibt, ist ein Riesenberg von Schulden. Um für sein weiteres Wachstum zu sorgen, müssen die einzelnen Länder beträchtliche Summen für die Tilgung der Zinsen bezahlen. Argumente, die auf den Zufluß von ausländischen Investitionen verweisen, wirken unaufrichtig und nicht überzeugend. Heute kontrollieren rund 40.000 Mitglieder der globalen Finanzoligarchie 80 % des Welthandels. Der Besitz der 200 reichsten Menschen ist größer als das Einkommen von 41% der Weltbevölkerung. Mehr als 250 Millionen Kinder müssen unter den unmenschlichsten Bedingungen arbeiten, um ihr nacktes Überleben zu sichern. Ungefähr 17 Millionen Kinder sterben jedes Jahr an leicht heilbaren Krankheiten.

Der Zustand der heutigen Welt ist nicht natürlich – er ist lediglich die logische Konsequenz eines Systems, in dem die Profitmaximierung der Reichsten der einzige respektierte Wert ist. Wir denken nicht, daß wir diese Entwicklung nur durch Lobbying bei Institutionen wie dem IWF und der Weltbank verändern können. Wir verlassen uns eher auf die Bewegungen von unten, die aus diversen Gruppen wie Gewerkschaften, Arbeitslosen, kleinen oder landlosen BäuerInnen, Umweltinitiativen radikalen, demokratischen, politischen Organisationen usw. besteht.

Eine Alternative zum derzeitigen Sozialmodell zu finden, ist in unserer Auffassung eine grundlegende Notwendigkeit. Wie auch immer, wir denken nicht, daß Widerstand gegen die Globalisierung durch die Politik der Nationalstaaten erfolgen könnte, die schon bewiesen haben, wie willentlich sie sich den transnationalen Konzernen beugen. Wir glauben, daß die Alternative eine Gesellschaft ist, die nicht auf dem Profit weniger, sondern auf den grundlegenden Bedürfnissen vieler, auf den Prinzipien der Solidarität, gegenseitigen Hilfe und nachhaltigen Entwicklung basiert. Obwohl sich unsere Ansichten über die Ursachen und Lösungen der Probleme der heutigen Welt unterscheiden, sehen wir den Gipfel von IWF und Weltbank im September als so wichtige Herausforderung an, daß wir eine gemeinsame Plattform „Initiative gegen die ökonomische Globalisierung- Prag 2000“ gegründet haben. Es ist keine neue Organisation mit einem unabhängigen Programm, sondern ein demokratisches Instrument gegenseitiger Kommunikation und Koordination zwischen diversen Gruppen, die vorhaben, auf den IWF/Weltbank Gipfel zu reagieren. Sie soll zur größeren Öffentlichkeit der Aktionen, die von diesen Gruppen organisiert werden, beitragen. Gemeinsam wollen wir Proteste, Vorträge, weiterbildende und kulturelle Events organisieren. Das Hauptereignis soll ein Gegengipfel sein, während dem spezifische schädliche Aspekte der ökonomischen Globalisierung und die Suche nach möglichen Alternativen diskutiert werden sollen. Die Initiative gegen die ökonomische Globalisierung ist für alle aufgeschlossen denkenden Individuen und Gruppen offen, die ihre Meinungen zu IWF und Weltbank ausdrücken möchten. Wir schlagen diese Initiative als gemeinsame Plattform vor, die ihre Stimme stärkt, während die programmatische Autonomie der einzelnen Gruppen bestehen bleibt. Ähnliche Treffen der Institutionen der ökonomischen Globalisierung stoßen auf einen wachsenden öffentlichen Widerstand.

Laßt uns die Stimme des Protestes auch in Prag ein Echo hinterlassen. Laßt uns der Globalisierung des Kapitals mit der Globalisierung der Solidarität begegnen.

Anmerkungen

Unterstützung oder Zustimmung mit der Position der Initiative gegen die ökonomische Globalisierung - Prag 2000 kann über e-mail antimmf@hotmail.com kommuniziert werden. Wir freuen uns ebenso über Information über die Art von Kooperation oder Hilfe, die Ihr anbieten könnt. Dies betrifft auch die Weiterverbreitung dieses Statements. Weiterer Information kann im Internet auf der Seite http://inpeg.ecn.cz abgefragt werden.