Kurt Wafner; Ausgeschert aus Reih' und Glied. Mein Leben als Bücherfreund und Anarchist, Verlag Edition AV'89 Frankfurt 2001 / ca. 240 S. / ca. 40 Abb. / ca. 29,80 DM
Den deutschen AnarchistInnnen fehlte es immer an lebendiger Geschichte. Regelmäßig erschienen zwar Klassiker, aber Geschichte, die von GenossInnen an die Jungen weitergetragen wurde ist spärlich vorhanden. Um so wichtiger erscheint mir, die jetzt im Herbst erscheinende Biographie des Ost-Berliner Anarchisten Kurt Wafner, der in den Tagen der November-Revolution am 29.11.1918 in der Frankfurter Allee geboren wurde. Ursprünglich hieß er mit Nachnamen Wawrzyniak und seine Vorfahren waren eine Mischung aus polnischem Landadel und französischen Emigranten, den Hugenotten. Sein Vater stirbt früh, 1923, und seine Mutter versucht sich selbst durchzuschlagen. Sein „Weltbürger“-Onkel Bernard, der Mitglied der „Anarchistischen Vereinigung Weißensee“ brachte dem Jungen Kurt die Anarchie nahe, und so beginnt Kurt Wafner bereits mit 13 Jahren die anarchistischen Klassiker zu lesen. Wafner lernte in diesem bewegten Berlin noch Persönlichkeiten wie Erich Mühsam, Ernst Friedrich, Theodor Plivier und Rudolf Michaelis kennen.
Das Nazi-Deutschland überlebte er als „Schwejk“, und jene Dame in der Stadtbücherei, die ihn kurz nach 1933 noch mit Strenge den Hitlergruß abrang, wurde zu DDR-Zeiten seine Vorgesetzte, als er dort den Bibliothekarsberuf ausübte. Danach folgten noch Berufe wie Verlagslektor, Chef der „Roman-Zeitung“, Hörspielautor, Journalist u.a. Als Anarchist und Anti-Militarist war sein aufrechter Gang nur all zu oft eine Tortur, und er geht in seinen Erinnerungen nicht zimperlich mit sich selbst um, es gibt nichts zu beschönigen, und einiges liest sich sicherlich etwas hilflos, doch es lohnt sich in jedem Fall die Lebenserfahrungen dieses Mannes nachzulesen. Geschichte kann durchaus spannend sein.
Eine eingehendere Rezension an dieser Stelle wäre sehr wünschenswert.