Am 11. September 2001 erstarrte die Welt angesichts der entsetzlichen terroristischen Angriffe auf die USA. Wir von der RAWA (1) bringen Seite an Seite mit dem Rest der Welt unsere Betroffenheit und unsere Verdammung dieses barbarischen Aktes der Gewalt und des Terrors zum Ausdruck. Schon lange hatte die RAWA die Vereinigten Staaten davor gewarnt, die verräterischsten, kriminellsten, demokratie- und frauenfeindlichsten Parteien der fundamentalistischen Islamisten zu unterstützen. Es war abzusehen, dass die Dschihadi und die Taliban, nachdem sie bereits die abscheulichsten Verbrechen an unserem Volk begangen hatten, nicht davor zurückschrecken würden, ähnliche Verbrechen auch am amerikanischen Volk zu verüben – einem Volk, das sie als „ungläubig“ betrachten. Um an die Macht zu gelangen und ihre Macht zu erhalten, ist diesen barbarischen Kriminellen jedes Mittel recht.
Leider mussten wir erleben, dass ausgerechnet die Regierung der Vereinigten Staaten den pakistanischen Diktator General Zia-ul Haq beim Aufbau Tausender religiöser Schulen unterstützte; diese Schulen bildeten den Nährboden der Taliban. Ebenso wurde, wie allgemein bekannt ist, Osama Bin Laden lange genug von der CIA gehätschelt. Noch mehr aber schmerzt es uns, dass die amerikanischen Politiker keine Lehren aus ihrer profundamentalistischen Politik in unserem Land gezogen haben, sondern noch immer diese und jene fundamentalistische Bande bzw. ihre Anführer unterstützen. Wir meinen: Mit jeder Art von Unterstützung für die fundamentalistischen Taliban und Dschihadi werden die Werte der Demokratie, die Frauen- und Menschenrechte mit Füßen getreten!
Wenn sich herausstellt, dass die der terroristischen Anschläge Verdächtigten tatsächlich von außerhalb der USA kommen, so erfüllt sich damit einmal mehr unsere beständige Prophezeiung, die fundamentalistischen Terroristen würden eines Tages ihre Schöpfer vernichten.
Die amerikanische Regierung sollte über die tiefere Ursache dieses schrecklichen Vorfalls nachdenken, der nicht der erste war und nicht der letzte sein wird. Die USA sollten die Förderung afghanischer Terroristen und ihrer Unterstützer ein für allemal einstellen.
Werden die USA jetzt, wo die Taliban und Osama in den Augen der führenden amerikanischen Politiker die Hauptverdächtigen im Zusammenhang mit den verbrecherischen Anschlägen sind, Afghanistan mit einem militärischen Angriff wie dem von 1998 überziehen und Tausende unschuldiger afghanischer Menschen für die von den Taliban und Osama begangenen Verbrechen töten? Glauben die USA, dass sie mit solchen Angriffen, denen Tausende entrechteter, armer und unschuldiger Menschen in Afghanistan zum Opfer fallen würden, die tieferen Ursachen des Terrorismus beseitigen können? Wird sich dadurch der Terrorismus nicht in noch größerem Maßstab ausbreiten?
Wir sind der Ansicht, dass ein groß angelegter militärischer Angriff, der keine Unterschiede macht und sich gegen ein Land richtet, das über zwei Jahrzehnte lang eine Katastrophe nach der anderen erlebt hat, nichts ist, worauf man stolz sein könnte. Wir glauben nicht, dass ein solcher Angriff dem Willen des amerikanischen Volkes entspringt.
Die Regierung und das Volk der USA sollten sich dessen bewusst sein, dass zwischen den armen, gebrochenen Menschen Afghanistans und den verbrecherischen, terroristischen Dschihadi und Taliban ein gewaltiger Unterschied besteht.
Während wir dem amerikanischen Volk nochmals unsere Solidarität und unser Beileid aussprechen, sind wir zugleich überzeugt, dass der Schmerz der Menschen in Amerika in keiner Weise durch einen Angriff auf Afghanistan und die Tötung der dort lebenden, völlig ruinierten und mittellosen Menschen gelindert werden kann. Wir hoffen aufrichtig, dass das große amerikanische Volk in der Lage ist, den Unterschied zwischen dem afghanischen Volk und einer Handvoll fundamentalistischer Terroristen zu erkennen. Von ganzem Herzen appellieren wir an das Volk der USA.
Nieder mit dem Terrorismus!
(1) RAWA: Revolutionary Association of the Women of Afghanistan (Revolutionärer Zusammenschluss der Frauen Afghanistans)