Begriff Graswurzelrevolution: Tiefgreifende gesellschaftliche Umwälzung, in der durch Macht von unten alle Formen von Gewalt und Herrschaft abgeschafft werden sollen.
Ziele: Hierarchie und Kapitalismus sollen durch eine selbstorganisierte, sozialistische Wirtschaftsordnung und der Staat durch eine föderalistische, basisdemokratische Gesellschaft ersetzt werden.
Schwerpunkte der Arbeit liegen in den Bereichen Antimilitarismus, Ökologie, alternative Projekte, Anarchismus und Frauenbewegung, z.B. im Engagement in der Anti-AKW-Bewegung, gegen Kriegs- und Ersatzdienst, gegen Atomwaffentests im Pazifik, Waffenhandel etc.
Zur Zielerreichung werden gewaltfreie Aktionsformen eingesetzt, u.a. Besetzungen, Hungerstreiks, Boykotts, Blockaden und Sabotageakte, denn Gewalt gegen Sachen ist ein legitimes Mittel.
Vorbilder sind bekannte und weniger bekannte AnarchistInnen, z.B. Michail Bakunin, Erich Mühsam, Emma Goldman, aber auch Feministinnen, PazifistInnen, PolitikerInnen, z.B. Mahatma Gandhi, Martin Luther King. Gemeinsamer Nenner dieser Vielfalt ist das Bekenntnis zur Gewaltfreiheit.
Geschichte: Seit Mitte der sechziger Jahre entstand in der Bundesrepublik wieder eine anarchistisch-pazifistische Bewegung, es kam zur Gründung der ersten Graswurzelgruppen, nicht zuletzt von der internationalen W R I (War Resisters International) beeinflußt. Die Zeitung existiert seit 1972, erschien erstmalig in Augsburg und versucht Theorie und Praxis der gewaltfreien Revolution zu verbreiten und weiter zu entwickeln.
Erscheinungsweise: seit 1981 monatlich, Sommerpause im Juli/ August
jährlich: zur Frankfurter Buchmesse achtseitige Beilage „Libertäre Buchseiten“
Sonderausgaben zu aktuellen politischen Ereignissen
Redaktion: wechselnde Kollektive, unabhängig, Artikel erscheinen zum Teil unter Pseudonymen
Anschrift: D- 48143 Münster, Breul 43, Telefon: 0251/4829057
Mail: redaktion@graswurzel.net
URL: http://www.graswurzel.net
Auflage: 3500-6000 Exemplare
Einzelpreis: 4,50 DM
Jahresabo: 45,00 DM, (Förderabo 90,00 DM, Schnupperabo 10,00 DM)
Vertrieb: Handverkauf, Kioske, linke Buch- und Infoläden in Großstädten, auch im Hauptbahnhof Leipzig zu beziehen
Am 5.6.2001 war es endlich soweit. Nach mehreren vergeblichen Versuchen und diversen falschen Telefonnummern, hatte ich endlich einen Redakteur der Zeitung graswurzelrevolution an der „Strippe“. Der Zeitung, mit der ich mich schon seit geraumer Zeit theoretisch beschäftigt hatte.
Der überaus freundliche und auskunftsbereite Bernd Drücke beantwortete mir in einem telefonischen Kurzinterview alle noch offenen Fragen.
Wie kann man sich den/die typische(n) Graswurzelredakteur/in vorstellen?
Die Redaktion der Graswurzelrevolution ist bunt gewürfelt und vital und besteht aus 20-30 Leuten im Alter zwischen 20 und 60 Jahren, die sich alle sechs Wochen treffen. Der Herausgeberkreis ist nicht hierarchisch organisiert und nicht homogen.
Ihr versteht Euch als unabhängige linke Zeitung. Steht Ihr einigen Gruppen/Gruppierungen besonders nahe oder werdet Ihr von diesen unterstützt und gefördert?
Die Zeitung steht der WRI (War Resisters International) = Internationale der KriegsgegnerInnen, die seit 1921 existiert, nahe. Die internationalen Gruppen sind untereinander vernetzt und es gibt weltweite WRI-Treffen.
Die Zeitung ist mittlerweile fast 30 Jahre alt. Gibt es Ereignisse, an die Ihr Euch besonders erinnert? Verbote seitens des Staates? Habt Ihr jemals ans Aufhören gedacht?
Ans Aufhören haben wir eigentlich nie gedacht. Während des Jugoslawienkrieges wurde die Zeitung kurz kriminalisiert und es gab ein Ermittlungsverfahren, ebenso während des Golfkrieges.
Als aktuelles Beispiel von Repressalien gegen die Zeitung ist die Beschlagnahmung von 500 Exemplaren der aktuellen Deutsch-Türkischen Ausgabe „Otkökü“ (türkisch: Graswurzel), deren Layout und Druck in Deutschland erstellt wurde, in der Türkei zu nennen. Die Thematisierung des Völkermordes an den Armeniern 1915 ist in der Türkei immer noch verboten.
Der gleichnamige Verlag Graswurzelrevolution ist jedes Jahr auf der Frankfurter und der Leipziger Buchmesse mit einem eigenen Stand zu finden und gibt jährlich zur Frankfurter Buchmesse die achtseitige Beilage „Libertäre Buchseiten“, z.B. mit einem Buch zur Globalisierung „Die Wüste lebt“ heraus. Leider lagen zum Redaktionsschluß noch keine Angaben über etwaige Veranstaltungen und Lesungen der Graswurzler vor. Besucht sie doch einfach mal am Stand!
Dana Strauß
Aus: Leipziger Lerche Nr. 15, Herbst 2001, Seite 9