beilage: keine wahl!

„Das kleinere Übel ist oft das Größere“

Editorial

| Bernard Bergér (GWR-Red.)

So der Titel einer Polemik, die im September 1998 in einer anarchistischen Regionalzeitung erschienen ist. Die damals aufgestellten Prognosen haben sich bestätigt. Innenminister Schily hat die Menschen- und BürgerrInnenrechte vor allem von MigrantInnen und Flüchtlingen weiter beschnitten. Der autoritäre Staat wurde von rot-grün weiter ausgebaut, staatlicher und gesellschaftlicher Rassismus ist für „Nicht-Deutsche“ immer noch Alltag. Kein Atomkraftwerk wurde abgeschaltet. Der „Ausstieg“ ist keiner, sondern ein Deal mit der Atommafia. Vermutlich hätte auch jede andere Regierung eine weitere Militarisierung der Außenpolitik versucht durchzusetzen, aber keine Regierung wäre bei der Führung von drei Kriegen wohl innenpolitisch auf so wenig Widerstand gestoßen wie die SPD/Grüne-Koalition. Wer demonstriert schon gegen eine Regierung, die er oder sie selbst gewählt hat? Rot-Grün ist nicht zuletzt auch ein Projekt zur Integration einst staatskritischer Linker. Wahlen dienen der Manifestation eines Herrschaftssystems und als Ohnmachtsdokumentation für die Beherrschten. Wenn Wahlen zum Abbau von Herrschaftsstrukturen zu Gunsten einer gewaltfreien, herrschaftslosen Gesellschaft beitragen könnten, wären sie verboten.

Wir streben eine libertäre Perspektive anstelle der kapitalistisch-patriarchalischen Herrschaft an. Der Anlass der Wahlen kann in diesem Zusammenhang zur Aufklärung über die tatsächlichen Entscheidungs- und Herrschaftsstrukturen und zum Aufzeigen libertärer Alternativen genutzt werden. Ein bewusster Wahlboykott kann ein Schritt hin zu direkten Entscheidungsstrukturen sein. In diesem Sinne soll diese Aktionszeitung zur Diskussion anregen. Wir sind gespannt auf Eure Reaktionen und hoffen auf Eure Unterstützung.

Keine Macht für Niemand!