transnationales / antimilitarismus

Überraschung!

Mehmet Bal entlassen

| Ossi

Mehmet wurde heute nachmittag (27.11.02) entlassen. Der Militärstaatsanwalt des Generalstabs in Ankara hat die Ermittlung zur Anklage wegen „Distanzierung des Volkes vom Militär“ (Türkisches Strafgesetz Art. 155) abgeschlossen und entschieden, dass keine Strafverfolgung erforderlich ist. Militärstaatsanwalt Major Zekeriya Duran hat die Entscheidung mit einer vierseitigen Stellungnahme begründet.

Major Zekeriya Duran weist darauf hin, dass eine KDV-Erklärung Ausdruck einer individuellen Reaktion ist und keinen Aufruf zur Distanzierung vom Militär darstellt. Weiter führt er die Situation in westlichen Ländern an, die durch die Einführung des Zivildienstes den systemkritischen Inhalt der KDV erfolgreich entschärft hätten. Allerdings unterscheide sich die geopolitische Situation der Türkei von diesen Beispielen und das Europäische Menschenrechtsabkommen lasse den unterzeichnenden Staaten freie Hand in der Entscheidung die Wehrpflicht aufrecht zu erhalten. In diesem Sinne habe ein KDVer in der Türkei im Rahmen der gegenwärtigen Gesetze legale Konsequenzen für seine Haltung zu erwarten, was durch den Art. 87/1 des Militärstrafgesetzes (wiederholte Befehlsverweigerung) geregelt sei. Ich hoffe, eine genaue Übersetzung der Begründung in kürzester Zeit zumindest in Englisch weiterleiten zu können.

Auf die Entscheidung Mehmet zu entlassen hin wurde er dem Rekrutierungsbüro Mamak/Ankara überstellt, wo ihm eine zweitägige Frist gegeben wurde, um sich „seiner“ Einheit zu stellen. Mehmet wird morgen früh (28.11.02) zusammen mit seiner Anwältin Suna Coskun eine Pressekonferenz im Menschenrechtsverein abhalten und erklären, dass er der Aufforderung nicht nachkommen wird.

Nach seiner Entlassung hat Mehmet sich heute zur Menschenrechtsstiftung begeben, um sich aufgrund des 33tägigen Hungerstreiks behandeln zu lassen. Heute morgen hat er sich (wahrscheinlich) einen Sehnenriss am Arm zugezogen, als er seine gepackte Tasche aufheben wollte. Dies ist auf die Schwaechung durch den Hungerstreik zurückzuführen. Besonders der Transport von Adana nach Ankara soll sehr strapazierend gewesen sein, weil seine Hände während der ganzen Fahrt mit Handschellen auf seinem Rücken gefesselt waren.

Ich habe mich mit ihm am Telefon unterhalten und er ist bester Laune. Wie, ob und wann das Militär auf seine andauernde Verweigerung reagieren wird, ist noch nicht abzusehen. Vielen Dank für all Eure Unterstützung und Solidarität.