Fast genau 12 Jahre nach dem letzten Golfkrieg spitzt sich die Situation wieder zu. Obwohl die Waffeninspektoren der UNO seit Wochen ihrer Arbeit im Irak ungehindert nachgehen können und bisher keine Hinweise auf verbotene Rüstungsprogramme fanden, intensivieren die USA und Großbritannien ihre Kriegsvorbereitungen.
150.000 Soldaten werden in Kürze vor Ort zum Einsatz bereit sein. Es ist noch viel offensichtlicher als 1991, dass diese Kriegsvorbereitung nicht den vermeintlichen Zielen der Zerstörung von Massenvernichtungswaffen des Irak oder der Demokratisierung dient, sondern den eigenen Interessen der Kriegführenden, konkret dem Ausbau der Machtposition in einer Region, die reich an Öl ist.
Schon 1991 hatten sich Soldatinnen und Soldaten der US-Armee geweigert, für diese Ziele in den Krieg zu ziehen. Etwa 100 GIs, die in Deutschland stationiert waren, konnten dem Einsatz nur dadurch entgehen, indem sie sich von der Truppe entfernten. Juristisch betrachtet gibt es auch für GIs die Möglichkeit, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern, um nach einem Prüfungsverfahren den Armeedienst vorzeitig beenden zu können. Dieses Recht ist im Krisen- und Konfliktfall allerdings eingeschränkt; die AntragstellerInnen müssen bei ihren Einheiten bleiben. Aufgrund dieser Rechtslage gab es keine legale Möglichkeit, sich dem befohlenen Abmarsch in die Krisenregion zu entziehen. Und dem nicht genug wurde das bestehende Recht von den zuständigen Offizieren ignoriert. So verließen viele GIs die Armee und gingen „absent without leave“ (AWOL), waren eigenmächtig abwesend.
Nach der US-amerikanischen Organisation Central Committee for Conscientious Objection verweigerten während des zweiten Golfkrieges insgesamt etwa 2.500 SoldatInnen den Kriegseinsatz. 315 AntragstellerInnen wurden vom amerikanischen Verteidigungsministerium anerkannt. In Deutschland arbeitete zur Unterstützung der hier stationierten GIs das Military Counseling Network (MCN), ein Beratungsnetzwerk für US-SoldatInnen. Es trat für die Verweigerer ein, gab ihnen gemeinsam mit verschiedenen deutschen Friedensorganisation Beratung, Hilfe und Unterstützung. RechtsanwältInnen aus den USA waren über Jahre in Frankfurt, um sie juristisch vor den amerikanischen Militärgerichten zu vertreten. Etwa 1.000 GIs wandten sich an das MCN. Ein großer Teil der etwa 100 AWOL gegangenen GIs wurde am Ende zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verurteilt und unehrenhaft entlassen, womit sie erheblichen beruflichen Nachteilen ausgesetzt sind.
Auch in der heutigen Situation wächst der Widerstand in den USA und Großbritannien. Größere Demonstrationen und verschiedene Aufrufe zeigen an, dass die Zustimmung keineswegs die gesamte Bevölkerung erfasst. Jüngst meldeten sich Veteranen des US-Militärs zu Wort und schrieben: „Wir haben verschiedene politische Ansichten, aber wir stimmen darin überein, dass dieser Krieg falsch ist. (…) Während des letzten Krieges (gegen den Irak) wurde uns befohlen, aus sicherer Entfernung zu morden. Wir zerstörten große Teile des Irak aus der Luft und töteten Hunderttausende, einschließlich ZivilistInnen. Wir erinnern uns an die Straße nach Basra – der Autobahn des Todes – an der uns befohlen wurde, fliehende Irakis zu töten. Mit Bulldozern begruben wir die Menschen bei lebendigem Leibe. Die Verwendung von Waffen mit abgereichertem Uran hinterließ ein radioaktives Schlachtfeld. Übermäßige Anwendung von Pestiziden, Medikamenten im Versuchsstadium verbunden mit brennenden chemischen Waffendepots und Ölfeuern schufen einen Giftcocktail, der die Gesundheit des irakischen Volkes genauso schädigte, wie die der Golfkriegsveteranen. (…) Falls ihr euch entscheidet, euch an der Invasion des Irak zu beteiligen, werdet ihr Teil einer Besatzungsarmee sein.
(…) Im letzten Golfkrieg widerstanden viele GIs auf verschiedene Weise und aus verschiedenen Gründen. Viele von uns schlossen sich der Antikriegsbewegung an. Jetzt ist es Zeit.
(…) Wenn ihr euch zum Wiederstand entschließt, werden wir euch unterstützen und neben euch stehen.“ (siehe http://www.calltoconscience.net)
Das Military Counseling Network (MCN) arbeitet wieder
Auch in Deutschland gibt es erste Hilferufe von US-SoldatInnen. Ihre Entscheidung braucht unsere Unterstützung. Deshalb haben sich das Mennonitische Friedenkomitee, Connection e.V., die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, Stop the War Brigade und andere Organisationen zusammengeschlossen, um das Military Counseling Network (MCN) erneut zu gründen, das seine Arbeit Mitte der 90er Jahre eingestellt hatte. Das MCN steht ab sofort für Anfragen zur Verfügung. Die Organisationen bitten zugleich darum, die Arbeit zu unterstützen.
Kontakt
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Military Counseling Network (MCN)
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69245 Bammental
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