ökologie

Rotgrüne Regierungen erfreut

Endlich neue, "sichere" Atomkraftwerke!

| Horst Blume

Wer hätte das gedacht. Forschung und Entwicklung der Thorium-Hochtemperaturreaktor-Variante PBMR (Pebble Bed Modular Reactor) für das südafrikanische Energieversorgungsunternehmen ESKOM durch das von Bund und NRW finanzierte Forschungszentrum Jülich (FZJ) (1) findet die ungeteilte Zustimmung der beiden rotgrünen Regierungen.

Es sei alles nur Sicherheitsforschung und durchweg zu begrüßen schreibt die NRW-Landesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage und an die örtliche Bürgerinitiative gegen den THTR in Hamm: „Die Begründung des Gesetzes zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung erlaubt Sicherheitsforschung auf dem Gebiet der Kerntechnik unter Berufung auf Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz. Auch die Konsensvereinbarungen zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen bestätigt ausdrücklich, dass die Forschung auf dem Gebiet der Kerntechnik, insbesondere auf dem Gebiet der Sicherheit, frei bleibt. Das Forschungszentrum bewegt sich bei der Erstellung von Sicherheitsanalysen für PBMR Ltd. innerhalb der dargestellten Grenzen, sodass kein Anhaltspunkt für eine Beanstandung gesehen wird. Den gleichen Standpunkt vertritt übrigens das Bundesministerium für Bildung und Forschung, das für den Bund 90 Prozent der Geschäftsanteile der Forschungszentrum Jülich GmbH hält. Der Bund betont den Gesichtspunkt, dass eine von Deutschland aus nicht zu verhindernde Weiterentwicklung der Kernenergie in Südafrika durch die Jülicher Sicherheitsanalysen positiv und korrigierend beeinflusst werde. Bei diesem Transfer von Sicherheitsstandards verdiene das Forschungszentrum Unterstützung.“

Das Ergebnis von den grandiosen „Ausstiegsbemühungen“ von gleich zwei rotgrünen Regierungen wird in dem Brief ebenfalls bekannt gegeben: „ESKOM bereitet sich nach den hier vorliegenden Informationen auf Genehmigungsschritte für einen Hochtemperaturreaktor vor.“

Ohne die jahrzehntelang finanzierten und politisch geförderten Vorleistungen und Vorarbeiten in Deutschland wäre der jetzt geplante Bau neuer Atomkraftwerke in Südafrika nicht möglich gewesen. Offensichtlich machen sich Land und Bund die Argumentation von Jülich zu eigen, dass letztendlich alles im Bereich der atomaren Forschung irgendwie der Sicherheit dienen muss und es deswegen ausreicht, alle Aktivitäten unter dem Oberbegriff „Sicherheitsforschung“ laufen zu lassen.

Konkrete Grenzen, wo Sicherheitsforschung anfängt und wo sie aufhört, werden nicht genannt. Des weiteren ist überaus fraglich, wie die von der Landesregierung zugesicherte Nicht-Weitergabe von Uran mit dem erklärten Ziel Südafrikas, den HTR zu exportieren in Übereinstimmung gebracht werden soll. Eine wirksame Kontrolle über das angereicherte radioaktive Material, welches auch Plutonium enthalten kann, ist bei einem Export nicht mehr möglich. Die geplanten Reaktoren in der sog. 3. Welt sind zudem hervorragende Ziele für Terroranschläge.

Bei der südafrikanischen ESKOM handelt es sich um ein ehemaliges Schlüsselunternehmen unter dem Apartheidregime, das mit eigenen bewaffneten Milizen gegen Bürgerrechtler mit brutaler Gewalt vorging und auch später Millionen armer Menschen den Strom abstellte, weil sie die überteuerten Preise nicht bezahlen konnten. Außerdem ist ESKOM an zahlreichen Megaprojekten wie dem Bau gigantischer Wasserkraftwerke in zahlreichen afrikanischen Staaten beteiligt. Von einem solchermaßen agierenden Unternehmen ist wohl kaum ein verantwortungsbewusster Umgang mit der Atomkraft zu erwarten.

Das FZJ ist mit seinem eigenen kleinen 15 MW HTR stark in die Kritik geraten. Der Abriss des vor 15 Jahren stillgelegten Versuchsreaktors in Jülich wird ca. 450 Millionen Euro kosten.

Jülich hat sich in den letzten Jahren auf den Standpunkt zurückgezogen, für die Entsorgung der atomaren Ruine nicht verantwortlich zu sein und hat sich erst nach langen Verhandlungen bereiterklärt, lächerliche 15 Millionen Euro beizusteuern, obwohl hinter den am Versuchsreaktor beteiligten Stadtwerken die großen Stromkonzerne RWE und EON stehen. Die HTR-Ruine verschlingt seit 1988 jährlich 30 Millionen DM und der neue Leiter der Anlage sagt über die 100 Mitarbeiter der Atomanlage: „Was die in den ersten Jahren (nach der Stilllegung) alle gemacht haben, weiß ich auch nicht“ (SZ vom 15. 2. 2003).

Diese Tatsachen hätten bei den Regierungen in Land und Bund massive Zweifel an der Seriosität dieses Unternehmens wecken und zu einer genaueren Kontrolle des atomaren Forschungsbetriebes in Jülich führen müssen.

Das FZJ rettet sich mit seiner HTR-Forschung mühelos über zwei rotgrüne Legislaturperioden hinweg. Nach einem Regierungswechsel hat die jetzige CDU/CSU/FDP-Opposition in ihrem Minderheitenvotum der Enquete Kommission „Nachhaltige Energieversorgung“ im Jahr 2002 die massive Förderung der HTR-Technologie und den Neubau zahlreicher Atomanlagen in Deutschland angekündigt. Die Voraussetzungen hierfür wurden erst in den letzten Jahren geschaffen. Danke, Rotgrün!

(1) Vgl. GWR 277

Kontakt & Infos

BI Umweltschutz Hamm
Postfach 1242
59002 Hamm