anti-akw

Gorleben ruft

Castoralarm. Der Herbst ist da und alles wird grün

Im Wendland hat die fünfte Jahreszeit schon begonnen. Im Gegensatz zu anderen Regionen der Republik wird es im Landkreis Lüchow-Dannenberg mit fortschreitendem Herbst immer grüner in der Landschaft. Diesmal soll der Castor-Transport von 13.000 BeamtInnen nach Gorleben geleitet werden. Viele sind bereits in der Region eingetroffen. Die Containerdörfer der Polizei werden derzeit bezogen.

Aber auch all die Menschen, die sich weiterhin nicht damit einverstanden erklären, dass in die luftige Lagerhalle von Gorleben mehr und mehr Atommüll gepackt wird, sind bereits seit Wochen aktiv. In der ganzen Region ist das Thema Castor nicht mehr zu übersehen. Überall stehen neue Holz-Xe, zahlreiche Sprühparolen und Plakate an Bäumen und Scheunen dokumentieren den ungebrochenen Widerstandsgeist.

Täglich finden in den Städtchen und Dörfern des Wendlandes mehrere Gruppentreffen statt, auf denen sich die Leute gemeinsam auf Mitte November vorbereiten.

Castorelle Landpartie

Denn auch für die AtomkraftgegnerInnen gibt es eine fünfte Jahreszeit: Sie heißt diesmal „Castorelle Landpartie“ und knüpft an das erfolgreiche wendländische Kultur-Polit-Spektakel „Kulturelle Landpartie“ in jedem Frühjahr an. Überall in den Dörfern an der Transportstrecke finden schon jetzt Konzerte, Lesungen und Happenings statt. Die Zahl der Veranstaltungen nimmt zu, je näher der Tag X rückt. Und auch in den heißen Tagen ab der Auftaktdemo am 8. November in Dannenberg wird überall was los sein.

Nähere Infos unter www.castor.de

In der Langendorfer Kirche, direkt an der Castor-Strecke, steigt am 9. November das 1. wendländische Chorfestival. Nicht weit davon haben AktivistInnen von Robin Wood ein Baumhaus gebaut, um immer den Überblick über den Verkehr zwischen Dannenberg und Gorleben zu haben. Allabendlich finden in diesen Tagen irgendwo im Wendland Laternenumzüge statt. Das macht einerseits den Kindern Freude und fällt als Brauchtumspflege nicht unter das Demonstrationsverbot.

In einem Theaterzelt namens „Musenpalast“ in Laase gibt es einen Kulturmarathon über mehrere Tage und Nächte. Unter anderem wird es eine Non-Stop-Lesung aus dem neu erschienenen Harry-Potter-Band geben. Am Splietauer Friedhof, ebenfalls direkt an der Strecke, gibt es allabendlich Open-Air-Kino, beispielsweise mit dem Film „Heinrich, der Säger“.

Auf dem Gelände der Freien Schule in Hitzacker hatte die Polizei im letzten Jahr gegen den Willen der Schule eine Art Heerlager eingerichtet. Um das diesmal zu verhindern, rufen die SchülerInnen dazu auf, die „Freie Parkzone Hitzacker“ mit Autos, Rasenmähern, Gummibooten und allem möglichen anderen Gerät so zuzuparken, dass kein Platz mehr für die grün-weißen Einsatzfahrzeuge bleibt.

Neben all diesen Kulturveranstaltungen und Polithappenings wird aber auch handfester Widerstand vorbereitet. In und um Lüneburg wird auch in diesem Jahr wieder ein Aktionsschwerpunkt sein (mehr dazu auf www.ligatomanlagen.de). In den nahe der Schienenstrecke liegenden Göhrde-Dörfern rund um Metzingen werden wieder viele Häuser und Höfe ihre Pforten für AktivistInnen aus der ganzen Republik und aus dem Wendland öffnen. Ihr Motto: „Göhrde in- und aus-Wendisch“,

Offene Aktionsplattform Ziviler Ungehorsam

Die aus dem Umfeld der Kampagne „X-tausendmal quer“ geplante festliche Ankettaktion „Festgesetzt“ wird es in diesem Jahr nicht geben. Stattdessen werden alle AktivistInnen, die gemeinsam gewaltfreie Aktionen Zivilen Ungehorsams machen wollen, zu einer „Offenen Aktionsplattform“ in Hitzacker zusammenkommen.

„Festgesetzt“ wurde abgesetzt, weil die eigenen hohen Maßstäbe für die Umsetzung der Aktionsidee nicht in allen Punkten erfüllt werden konnten. Jetzt überlegen die Beteiligten, ob eine ähnliche Aktion beim Castor-Transport im nächsten Jahr möglich ist. Und um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, stellte „X-tausendmal quer“ in einer Presseerklärung klar: „Auch wenn wir selbst dieses Jahr keine massenhafte ‘Festgesetzt’-Aktion durchführen, solidarisieren wir uns mit allen Gruppen, die den Versuch machen, den Castor nach gründlicher Vorbereitung durch Anketten aufzuhalten“

Zur „Offenen Aktionsplattform Ziviler Ungehorsam“ in Hitzacker werden manche schon in Bezugsgruppen anreisen, andere schließen sich vor Ort zu Gruppen zusammen. Manche haben schon Aktionskonzepte ausgeklügelt, andere hoffen darauf, dass spontan gute Ideen entstehen.

In Hitzacker wird es, verteilt auf die Häuser der Stadt, eine Art Camp geben, mit Quartieren, Infopunkt, Essenversorgung und Versammlungsräumen. Am Abend nach der Auftaktdemo (8.11.) gib es im Elbestädtchen ein erstes Treffen. Wann dann Aktionen konkret vorbereitet und wann sie durchgeführt werden, wann es Plena oder SprecherInnenräte gibt, wann neu Hinzugekommene noch gut in vorbereitete Aktionen einsteigen können und wann nicht mehr, all das hängt davon ab, was vor Ort entsteht.

So wird also der Versuch unternommen, im Gegensatz zu den Aktionen von „X-tausendmal quer“ in den vergangenen Jahren, diesmal stärker miteinander aktiv zu sein und weniger „Service-Mentalität “ aufkommen zu lassen. Im Flugblatt steht: „Durch die Organisation in Bezugsgruppen und der Planung der Aktionen „von unten“ wollen wir unserer Vorstellung eines selbstbestimmten Lebens in freier Vereinbarung mit anderen näher kommen und Erfahrungen damit sammeln, wie wirkungsvolles politisches Handeln möglichst hierarchiefrei entwickelt werden kann.“

WiderSetzen

Alle, die trotzdem gerne an großen gewaltfreien Sitzblockaden teilnehmen wollen, sind sicher bei der Aktion „WiderSetzen“ gut aufgehoben. Letztes Jahr hatte die Vorbereitungsgruppe aus dem Wendland das „Kaffeetrinken in Hitzacker“ organisiert. Im Anschluss an die fröhlichen Kaffeetafeln waren mehr als 1.000 Menschen auf und neben den Schienen. Diesmal wird „WiderSetzen“ auf der Straßenstrecke stattfinden. Unter dem Motto „Hase und Igel“ wird in die Dörfer Gusborn, Langendorf und Grippel eingeladen. „Castor? Wir sind schon da“ steht auf dem mit einem Igel geschmückten Button, den im Wendland mehr und mehr Menschen tragen. Hintergrund ist das grimmsche Märchen vom Hasen und Igel (siehe Kasten).

Die Idee: Schon ab Montag, dem 10. November laden die Menschen aus den drei Dörfern in ihre Häuser und Höfe ein. Die Castor-Strecke soll dann belebt werden, mit Kunst und Kultur, mit Sport und Spiel, mit Musik und Tanz. Und wenn der Castor kommt: WiderSetzen.

Mehr Infos dazu auf www.widersetzen.de