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Auf der grünen Wiese wächst Widerstand

Dresden und Ahaus gegen CASTOR

| Matthias Eickhoff

Dieser Plan ist gescheitert, weil die Anti-Atom-Gruppen in Ahaus, dem Münsterland und in Dresden seit Dezember rund um die Uhr gegen die anstehenden CASTOR-Transporte angehen. Zwei Zufahrtsblockaden vor dem Atommüll-Lager in Ahaus bildeten den Auftakt. Sonntagsspaziergänge, Rathaus-Demos und neue Aktionsbündnisse folgten. Als vorläufigen Höhepunkt demonstrierten am 15. Februar in Ahaus rund 400 Menschen auf dem 111. Sonntagsspaziergang gegen die geplanten CASTOR-Transporte – dies war der größte Sonntagsspaziergang seit drei Jahren.

Es weht frischer Wind in Sachen Anti-Atom, und viele schon resignierte Menschen klinken sich wieder in den Widerstand ein. Von rot-grünen Ausstiegsphrasen lassen sich immer weniger Menschen beeindrucken.

Doch der Reihe nach: Angefangen hat alles mit der CDU-Regierung in Sachsen, die als Betreiber des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf die 951 abgebrannten Brennelemente unbedingt loswerden möchte. Der Atommüll verschaffe der Region nämlich ein „Imageproblem“. Dabei lagert dort noch Thorium, hochangereichertes Uran und viele andere unappetitliche Dinge, die auf unabsehbare Zeit auch in Dresden bleiben. Die CASTOREN, die übrigens ohne eine Genehmigung für die Behälter einfach schwarz beladen wurden, lagern nun in einem Hochsicherheitstrakt zusammen mit dem Uran und dem Thorium.

Deshalb fordert die Grüne Liga Sachsen schon seit langem, dass die CASTOR-Behälter in Dresden bleiben, bis man irgendwann ein sicheres Endlager gefunden haben sollte. Diese Position wird vom neugegründeten Aktionsbündnis CASTOR-Stopp Dresden geteilt.

Ungeachtet dessen stehen Jürgen Trittin und das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) (noch) voll hinter dem Transport. Der Atommüll soll über 600 km Autobahn als Straßentransport rollen – und zwar häppchenweise in bis zu 9 Transporten. Zur Erinnerung: Der frühere Bundesumweltminister Töpfer hatte 1989 Atommülltransporte aus „Sicherheitsgründen“ auf die Schiene verlagert. Nun will Trittin aus „Kostengründen“ zurück auf die Straße.

In einem Schreiben an NRW-Innenminister Behrens vom 12.2. teilt Trittin mit, dass Ahaus durch den Atomkonsens bis jetzt doch „geschont“ worden sei. Im Klartext: Jetzt ist Schluss mit lustig – die Schonphase ist vorbei.

Die Halle in Rossendorf sei auch nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert. Gerade die praktisch baugleiche Leichtbauhalle in Ahaus (wie auch die in Gorleben) ist aber nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert. Das BfS sagt dazu, dass es nur auf die CASTOREN als Sicherheitsbarriere ankomme. Ist es dann nicht völlig egal, wo der Atommüll lagert – und sei es auf einer Wiese?

Im übrigen sind die CASTOR-Behälter (Typ: MTR 2) nur für 15 Jahre als sicher genehmigt worden. Nun hat das BfS den Sicherheitsnachweis für die beladenen Behälter mit rein theoretischen Berechnungen auf 40 Jahre verlängert – und das, obwohl die Behälter schon Korrosionsprobleme hatten! Der stellvertretende Vorsitzende der Strahlenschutzkommission, Prof. Köhnlein, nannte dies „fürchterlichen Pfusch“.

Wundersames tut sich unterdessen in Düsseldorf. Landesgrüne und Landesregierung distanzierten sich unter starkem Druck der Anti-Atom-Initiaven plötzlich von dem Transport. NRW-Innenminister Behrens liefert sich gar einen öffentlichen Medienstreit mit Jürgen Trittin (Ende offen). Sein Argument: „Neun Wochen Ausnahmezustand“ für Ahaus sind nicht akzeptabel.

Die Anti-Atom-Initiativen setzen unterdessen weiter auf Widerstand. Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Gruppen ist eng wie nie, und die Unterstützung von außen (z.B. aus dem Wendland) wächst beständig. Das nächste Highlight ist der bundesweite Autobahn-Aktionstag am 28. Februar. Mit bunten und vielfältigen Aktionen soll es an der gesamten Autobahn-Transportstrecke von Dresden nach Ahaus zu Protesten kommen.

Sobald der Transporttermin feststeht, gibt es in Ahaus einen außerordentlichen Sonntagsspaziergang. Von da an sind alle eingeladen, in Ahaus zu bleiben, um den Widerstand vor Ort zu stärken. Auch in Dresden-Rossendorf wird es ein Camp geben, damit der CASTOR erst gar nicht loskommt. Unterstützung ist dort ebenfalls sehr erwünscht. Und dazwischen gibt es 600 km Autobahn für viele, viele weitere Aktionen.

Wenn es gelingt, diesen CASTOR-Transport zu stoppen, gibt es die Chance, die Frage der Atommüll-Entsorgung neu zu diskutieren. Viel zu lange waren die großen Proteste auf Gorleben beschränkt. Wenn die Anti-Atom-Bewegung als bundesweite soziale Bewegung erlebbar sein möchte, dann bietet sich hier eine Gelegenheit, sich als politischer Akteur zurückzumelden. Erfolgreicher Widerstand in Dresden und Ahaus wird auch in Gorleben, in Gronau, bei den WAA-Transporten und an vielen anderen Punkten Auswirkungen haben. Deshalb rufen die Münsterländer Anti-Atom-Initiativen dazu auf: „Mischt euch jetzt ein – Widerstand lohnt sich. Für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie!“

Infos

www.nixfaehrtmehr.de
www.wigatom.de
www.bi-ahaus.de
www.castorstopp-dresden.de
www.graswurzel.net

Literatur

Thomas Oelschläger, Kerstin Enning, Bernd Drücke (Hg.): Ahaus. Das Buch zum Castor, Verlag Klemm & Oelschläger, Ulm 2001