Es gibt sie, die Alternativen zum weltweit herrschenden kapitalistischen System. Menschen in aller Welt zeigen täglich, was Zivilcourage bedeutet und bewirken kann. Nun liegt auch in deutscher Übersetzung ein Buch vor, das die Vielfalt, den Mut und die Kreativität der Neuen Sozialen Bewegung beleuchtet und lebendig darstellt. Bereits im Jahr 2003 erschien die englische Originalausgabe unter dem Titel Notes From Nowhere. Ein internationales AutorInnenkollektiv hatte dafür Berichte von GlobalisierungskritikerInnen zusammengetragen. Sie alle zeigen: Wir sind überall. Und wir sind nicht allein.
Wir gehören zu einer weltweiten Bewegung, einer kulturellen Bewegung, die für Selbstbestimmung, radikale Demokratie und Dezentralisierung kämpft.
Chiapas, Seattle und Genua stehen als Meilensteine auf dem Weg zur Veränderung. Das Besondere und Erfrischende an der Zusammenstellung ist, dass die Ereignisse und Aktionen aus Sicht der AktivistInnen geschildert sind. So finden sich, neben Reportagen und Interviews, auch Ich-Erzählungen in Form von eMail-Auszügen und AugenzeugInnenberichten.
Die subjektiven Geschichten lassen die Leserin in persönliche Lebensumstände eintauchen, vermitteln Gefühle und Motivationen, wecken Emotionen und regen zur Auseinandersetzung mit der Problematik des gewaltfreien Widerstandes an. Euphorie und Kraft, welche aus gemeinsamen Aktionen wachsen, aber auch die Angst und die tiefe Verzweiflung der einzelnen bei der Begegnung mit der Staatsgewalt sind allgegenwärtig.
Die globalisierungskritische Bewegung hat viele Gesichter. So stehen gewaltfreie anarchistische Ideen, wie die von der Fragmentierung der Macht, neben erschütternden Schilderungen aus Genua, welche die Frage nach der Notwendigkeit von Gegengewalt eindeutig bejahen.
Neben Inhalten und Zielen der Protestbewegungen werden auch verschiedenste Aktionsformen umfangreich vorgestellt, z.B. direkte Aktionen wie „Guerilla -Gärtnern“, „Chaos organisieren“ oder das legendär gewordene „Reclaim the streets“. Unterstützt wird die Wirkung der ca. 60 Texte durch 150 eindrucksvolle Fotos.
Außerdem findet sich eine chronologische Zeitleiste des Widerstands. Sie beginnt 1994 mit dem Aufstand der Zapatistas in Chiapas und endet ebendort mit dem Jahrestag am 1. Januar 2003, auf welchem sich 30.000 AktivistInnen zusammenfanden.
In ihrem Vorwort schließt die amerikanische Wissenschaftlerin und Autorin Naomi Klein mit dem Gedanken, dass dieses Buch „einer allgemeinen Leserschaft einen unmittelbaren Eindruck davon“ vermitteln kann „wie die Bewegung von innen aussieht und wie es sich anfühlt, dabei zu sein“.
Ein Buch also nicht nur für AktivistInnen, sondern für alle, die nach Informationen über die Bewegung und Alternativen suchen.
Von Arundhati Roy stammt das letzte der vielen beigefügten Zitate, die das Buch zusätzlich bereichern, und eine Sammlung weiser Gedanken von Persönlichkeiten aus aller Welt und aus allen Zeiten ergeben: „Eine andere Welt ist nicht nur möglich, sie ist bereits auf dem Weg. An einem ruhigen Tag kann ich sie atmen hören.“
Notes from Nowhere (Hg.): wir sind überall. weltweit. unwiderstehlich. antikapitalistisch. Edition Nautilus, Hamburg 2007, 544 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-89401-536-7