transnationales / antirassismus

„Grüß Gott“ statt „Allah ist groß“

In Österreich erreicht die rassistische Hetze gegen Muslime einen vorläufigen Höhepunkt

| Sebastian U. Kalicha

Xenophobie tritt in verschiedenen Formen auf, und es sind verschiedene Menschen und Menschengruppen davon betroffen. Eine zur Zeit besonders aktuelle und grassierende Form der Xenophobie richtet sich gegen Menschen muslimischen Glaubens: die Islamophobie.

In Österreich hat die rassistische Hetze gegen Muslime einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Teils aus parteitaktischen Überlegungen zur Stimmenmaximierung von Seiten politischer Parteien, teils aus borniertem Rassismus heraus von Seiten der „normalen BürgerInnen“, werden Muslime immer häufiger Opfer fremdenfeindlicher Attacken.

Die beiden rechtsextremen Parteien FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) und BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) haben seit geraumer Zeit „den Islam“ als neues Schreckgespenst für sich entdeckt, das die tiefsitzenden, fremdenfeindlichen Ressentiments von offenbar nicht wenigen ÖsterreicherInnen bedienen und den Parteien so reichlich WählerInnenstimmen sichern soll.

Dabei vermischen sich Forderungen nach einem strengeren Asylgesetz mit einem von PolitikerInnen – und so manchem „Islam-Experten“ – immer wieder an die Wand gemalten diffusen Gefahrenszenario und einer besonderen Gewaltbereitschaft, die von diesen Menschen aus dem „anderen Kulturkreis“ mit „anderen Werten“ ihrer Meinung nach angeblich ausginge. Zusätzlich wird, nicht nur in Österreich, eine „demographische Bedrohung“ durch Menschen muslimischen Glaubens heraufbeschworen.

Parteien auf Stimmenfang

Seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte die Hetze gegen Muslime – bzw. völlig undifferenziert gegen „den Islam“ – von parteipolitischer Seite am 13. Januar 2008 durch die schier unglaublichen verbalen Attacken der FPÖ-Politikerin Susanne Winter in Graz.

Die Spitzenkandidatin der Grazer Gemeinderatswahlen – eine im Grunde genommen nicht wirklich bedeutende Angelegenheit – sagte bei einer Rede während einer Wahlkampfveranstaltung, dass der Prophet Mohammed, nach heutigen Maßstäben gemessen, „ein Kinderschänder“ gewesen sei, der den Koran „in epileptischen Anfällen“ geschrieben hätte.

Winter bezeichnete den Islam zudem als „totalitäres Herrschaftssystem“. Dieser gehöre „dorthin zurückgeworfen, wo er hergekommen ist, hinter das Mittelmeer“. Auch vor einem „muslimischen Einwanderungs-Tsunami“ wurde gewarnt und Winter behauptete einen Tag später sogar noch, dass es „einen weitverbreiteten Kindesmissbrauch durch islamische Männer“ gäbe.

All das hat Kontinuität. Schon bei der Nationalratswahl im Jahr 2006 waren auf den Wahlplakaten der FPÖ Sprüche wie „Daham statt Islam“ (1) oder „Pummerin statt Muezzin“ (2) zu lesen.

Aber auch das FPÖ-Spaltungsprodukt BZÖ machte, wie so oft, mit hetzerischen Aussagen auf sich aufmerksam. Jörg Haider sagte in seiner Rede, ebenfalls anlässlich des Grazer Wahlkampfes: „Noch darf man ja Grüß Gott sagen und muss nicht sagen ‚Allah ist groß‘.“

Das BZÖ spricht gar davon, dass es „Graz säubern“ wolle – primär von „Bettlern“ und natürlich von „Ausländern“. Für Kärnten versucht Jörg Haider, da er dort Landeshauptmann ist, ein gesetzliches Bauverbot für Moscheen und Minarette durchzusetzen, um „die Leitkultur in Kärnten“ zu schützen, das dann, so Haider, „zum europäischen Vorreiter im Kampf gegen den radikalen Islamismus“ werde.

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache stellte sich in Bezug auf Moscheen und Minarette bei einer Pressekonferenz die Frage, was ein Minarett eigentlich sei, und beantwortet sich die Frage gleich selbst: „Das ist für einen Islamisten […] ein Siegeszeichen über die Ungläubigen, ein Siegeszeichen über den Westen, ein Siegeszeichen über das christliche Abendland, ein Siegeszeichen gegenüber der Demokratie, ein Siegeszeichen gegenüber der Freiheit. […] Jedes Minarett, das errichtet wird, ist eben für Fanatiker im Grunde genommen nichts weiter als ein Aufruf zum Djihad.“

Die Bevölkerung in Aktion

Aber nicht nur PolitikerInnen haben sich auf das neue Feindbild „Islam“ seit geraumer Zeit eingeschossen. Auch die Bevölkerung zieht brav und motiviert mit.

So genannte „Bürgerinitiativen“, in der sich rechts gesinnte Menschen zusammenschließen, um gegen allerlei mobil zu machen, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.

In Linz beispielsweise verteilten Ende des Jahres unbekannte TäterInnen Schweineköpfe auf einem Gelände, dass für einen Moscheenbau vorgesehen ist, um, so war auf der Website der rechtsextremen Bürgerinitiative keine Moschee in Linz zu lesen, „unseren islamischen Freunden ein glückliches Neues Jahr zu wünschen“.

Im September letzten Jahres wurde im 20. Wiener Gemeindebezirk die Bürgerinitiative Dammstraße gegen die Errichtung von Moscheen im Wohngebiet gegründet.

Diese Bürgerinitiative organisierte am 10. September 2007 eine Demonstration, die sich gegen den Ausbau eines islamischen Kulturzentrums richtete – die Errichtung einer Moschee mit Minarett war übrigens nie geplant gewesen.

Dort fanden sich rund 700 Menschen ein, von FPÖ-Parteichef H.C. Strache bis hin zu Nazi-Skinheads, die laut Parolen wie „Hier regiert der nationale Widerstand!“ grölten.

Nach antifaschistischem Widerstand und Protest sucht man – mit Ausnahme kleiner kommunistischer Gruppen – zumeist vergeblich.

Auch eine Demonstration Ende 2007 in Wien, die unter dem Motto „Gegen Faschismus und Rassismus“ versuchte, dem etwas entgegenzusetzen, blieb mit wenigen hundert TeilnehmerInnen nur enttäuschend klein.

(1) "Daham" bedeutet "Daheim, Zuhause".

(2) Die Pummerin ist die größte Glocke des Stephansdoms in Wien.