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Keine Abschiebungen in den Irak

| Bayerischer Flüchtlingsrat

Täglich sterben Menschen im Irak, vier Millionen IrakerInnen sind auf der Flucht, doch deutsche Behörden tangiert das nicht. Irakischen Flüchtlingen wird das Asyl und die Aufenthaltserlaubnis entzogen und die Abschiebungen in den Irak haben bereits begonnen. Doch solange es keine Sicherheit im Irak gibt, sind Abschiebungen indiskutabel, denn irakische Flüchtlinge brauchen unseren Schutz und eine gesicherte Lebensperspektive.

Pro Asyl, der Bayerische Flüchtlingsrat und viele weitere Organisationen haben deshalb einen Aufruf gegen die Irak-Abschiebungen und den Widerruf des Asylrechts für IrakerInnen gestartet. Unterzeichnen deshalb auch Sie den Aufruf gegen Abschiebungen in den Irak und für eine Aufenthaltserlaubnis für irakische Flüchtlinge! Im Sommer 2008 wird der Aufruf an den Bundestag, das Innenministerium sowie die Innnenministerkonferenz übergeben.

Die Lage im Irak ist seit Jahren durch anhaltende und alltägliche Gewalt, schwerste Menschenrechtsverletzungen sowie wirtschaftliche, rechtliche und politische Instabilität gekennzeichnet. Opfer der Gewalttaten werden vor allem Zivilisten, für deren Sicherheit der Staat in keinem Landesteil garantieren kann. Verantwortliche für Gewalttaten gehen straffrei aus, zumal Polizeieinheiten selbst oft von gewalttätigen Milizen unterwandert sind. Seit 2003 ist keine durchgreifende Verbesserung der Sicherheitslage erreicht worden. Die zentralen Konflikte sind ungelöst und Unrechtsgesetze aus der Saddam-Zeit nicht abgeschafft. Eine Grundversorgung mit sauberem Wasser, Lebensmitteln und medizinischer Nothilfe besteht nicht. Vor diesem Hintergrund sind seit Kriegsende über vier Millionen Menschen aller Bevölkerungsgruppen und sämtlicher Konfessionen aus dem Irak und innerhalb des Irak geflohen. Der UNHCR rechnet mit 2,2 Millionen Binnenvertriebenen innerhalb des Irak. Die Kapazitäten zur Aufnahme der Binnenflüchtlinge sind daher längst überschritten. Fast zwei Millionen Flüchtlinge halten sich alleine in Syrien und Jordanien auf. Nur ein geringer Teil der Irak-Flüchtlinge ist nach Europa geflohen. In Deutschland halten sich insgesamt rund 73.000 Irakerinnen und Iraker auf, viele von ihnen sind jedoch bereits vor dem Krieg geflohen.

In dieser Situation sollte eine großzügige Aufnahmebereitschaft gegenüber irakischen Flüchtlingen eine Selbstverständlichkeit seien. Doch das Gegenteil ist der Fall. Seit 2003 wurden mehr als 22.000 Widerrufsverfahren gegen Irakerinnen und Iraker eingeleitet. In ca. 20.000 Fällen wurde der Flüchtlingsstatus widerrufen. Dieses Vorgehen ist einzigartig in Europa. Soweit die Betroffenen kein anderweitiges Aufenthaltsrecht erhalten haben, leben sie seither meist mit dem unsicheren Status der Duldung und allen daraus resultierenden Konsequenzen, wie dem Verlust der Arbeit, bzw. der Arbeitserlaubnis und damit verbunden oft auch dem Verlust der Wohnung. Viele Betroffene müssen in eine der Asylunterkünfte zurückkehren und ihnen wird formal die Abschiebung angedroht. Mittlerweile hat zwar das Bundesinnenministerium per Weisung neue Widerrufsverfahren eingeschränkt, doch in den letzten fünf Jahren ist eine auswegslose Situation geschaffen worden, die tausende Iraker auf Jahre hinweg in ein perspektivloses Leben mit Kettenduldungen treibt. Für alle, deren Asyl widerrufen oder denen es nie gewährt wurde, gibt es fast keine Zukunftsperspektive in Deutschland, zurück in den Irak können sie jedoch auch nicht. Statt diese Realität zu akzeptieren und Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen, werden irakische Flüchtlinge durch den Angstzustand Duldung zur „freiwilligen Ausreise“ getrieben. Über 8.000 IrakerInnen wurde bereits die Abschiebung angedroht, sie leben auf Abruf in Deutschland. Tatsächlich sind die IrakerInnen in Deutschland zutiefst verunsichert und führen ein Leben in Angst vor der Abschiebung und damit in Angst um ihr Leben. Zum Teil kehren sie aufgrund der Abschiebungsandrohungen schon jetzt in den Irak zurück und begeben sich damit in große Gefahr.

Zwar gibt es zurzeit keine massenhaften Abschiebungen, 2007 starteten jedoch bereits die ersten Abschiebungen in den Nordirak. Grundlage hierfür ist ein Beschluss der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006, in dem die Rückführung von irakischen Straftätern beschlossen wurde. Abgeschoben werden sollen jedoch nicht nur Schwerkriminelle, wie teilweise behauptet wird: Schon bei geringen Geldstrafen von 50 Tagessätzen sind Abschiebungen möglich. Auch bei Straftätern sind die deutschen Behörden dazu verpflichtet, den Hinweis des UNHCR zu beachten, niemanden gegen seinen Willen und ohne eine aufnahmebereite und -fähige Familie in den Irak abzuschieben. Es ist zu befürchten, dass die Abschiebung von Straftätern nur den demonstrativen Einstieg darstellen und die Öffentlichkeit darauf vorbereiten soll, dass Irak-Abschiebungen künftig auch auf andere Personen ausgeweitet werden.

Deshalb fordern die Unterzeichnenden:

  • Einen sofortigen Abschiebungsstopp für Irakerinnen und Iraker.
  • Die Rücknahme des IMK-Beschlusses zur Abschiebung von Irakern vom 17.11.2006
  • Irakische Flüchtlinge müssen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
  • Bei Asylwiderrufen muss zumindest subsidiärer Schutz gewährleistet werden.
  • Angesichts der humanitären Katastrophe in den Flüchtlingslagern der Nachbarländer des Iraks darf Europa seine Grenzen nicht verschließen. Wir fordern Hilfe für die Flüchtlinge und die Aufnahmeländer Syrien und Jordanien sowie die Aufnahme irakischer Flüchtlinge auch in Deutschland.

ErstunterzeichnerInnen: Pro Asyl, Bayerischer Flüchtlingsrat, Jugendliche Ohne Grenzen – Bayern, amnesty international münchen / AK Asyl, BI Asyl Regensburg, Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen – München, Münchener Flüchtlingsrat

Anmerkungen

Aufruf online unterzeichnen:
www.fluechtlingsrat-bayern.de/irak.html

Kontakt

Bayerischer Flüchtlingsrat
Augsburger Str. 13
80337 München
Tel. 089 76 22 34
Ffax 089 76 22 36
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