Es stehen massenhaft neue Atommülltransporte nach Ahaus an. Deshalb will die Anti-Atom-Bewegung ein starkes politisches Zeichen gegen die Atommüllverschieberei und gegen die herbeigeredete "Renaissance" der Atomenergie setzen. Zahlreiche Anti-Atom-Initiativen rufen für den 20. Dezember 2009 um 14 Uhr zu einer großen Demo vor dem Zwischenlager in Ahaus auf.
Am 15. November gingen 150 AtomkraftgegnerInnen in Ahaus gegen die Einlagerungsgenehmigung der Bezirksregierung Münster vom 11. November auf die Straße. Laut Genehmigung sollen u.a. „Bauschutt, Papier, Putzlappen, Metallschrott und ausgebaute Anlagenteile“ aus dem „Betrieb und der Stilllegung deutscher Kernkraftwerke“ nach Ahaus.
Das radioaktive Zeugs soll in Beton, Guss und Stahl oder aber „unverpackt oder in Folie verpackt“ für 10 Jahre nach Ahaus gebracht werden.
Laut Presseberichten sollen „mehrere Transporte pro Woche“ per Bahn und LKW rollen, die Verpressung erfolgt u.a. in der bisher fast unbekannten GNS-Konditionierungsanlage in Duisburg-Wahnheim.
Die ersten Transporte können laut GNS (Gesellschaft für Nuklear-Service mbH) noch vor Weihnachten rollen
Das Genehmigungsverfahren lief seit 2006 unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Bezirksregierung Münster teilt nicht einmal mit, woher der Atommüll kommen soll, wie viele Transporte anfallen sollen oder wie hoch die Strahlenbelastung tatsächlich ist. Auch ist unklar, warum für den vergleichsweise kurzen Genehmigungszeitraum von 10 Jahren überhaupt Transporte notwendig sind. Klar ist allerdings, dass die Bezirksregierung plant, den radioaktiven Müll später von Ahaus im Schacht Konrad einzulagern, das „voraussichtlich ab 2014 zur Verfügung steht“. Ahaus soll zum oberirdischen Vorflutbecken für den Schacht Konrad werden.
Ein wahrscheinlicher Absender des Atommülls ist das Kernforschungszentrum Jülich, wo nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) „aktivierte sperrige Abfälle“ und „vernachlässigbar wärmeentwickelnde Abfälle“ lagern – also genau wie in der Ahaus-Genehmigung beschrieben.
Weitere Kandidaten sind die oben genannte GNS-Konditionierungsanlage in Duisburg, die selbst laut Medienberichten „für zwei bis vier Jahre“ Atommüll lagern darf, sowie die stillgelegten AKWs Würgassen und Mülheim-Kärlich.
So weit, so schlecht. Doch im Hintergrund warten schon 152 Castor-Behälter aus dem Kernforschungszentrum Jülich mit Brennelement-Kugeln aus dem stillgelegten AVR-Reaktor auf eine Transport-Genehmigung nach Ahaus. Laut Ahaus-Betreiber könnte auch diese Genehmigung noch 2009 erteilt werden. Für den Transport vom Niederrhein ins Münsterland hält man sich ebenfalls den Schienen- und Straßenweg offen.
Bereits seit 2006 läuft zudem ein drittes Genehmigungsverfahren beim Bundesamt für Strahlenschutz. Dabei geht es um 150 Castor-ähnliche Großbehälter mit „mittelaktiven“ Brennelement-Strukturteilen und -Hülsen aus der Plutoniumfabrik La Hague.
Warum jetzt neuer Atommüll nach Ahaus?
Darauf gibt es mehrere Antworten. Erstens: Gerade weil eine sichere Endlagerung in den Sternen steht, müssen die untauglichen Zwischenlösungen unbedingt voll ausgeschöpft werden.
Zweitens will man mit den Transporten in Zusammenhang mit den anstehenden Laufzeitverlängerungen den Anschein erwecken, in Deutschland sei die Entsorgung von Atommüll kein Problem. So versuchte der neue Bundesumweltminister Norbert Röttgen just an dem Tag, als die Ahaus-Genehmigung veröffentlicht wurde, das reale Atommüllproblem klein zu reden. Das ist kein Zufall – ohne öffentlich verkaufbare Atommüllentsorgung wird es schwerer, die Laufzeitverlängerungen politisch zu rechtfertigen.
Und drittens verlängert jeder neue Transport nach Ahaus die Betriebsdauer des Zwischenlagers nach hinten. CDU und FDP verschaffen mit dieser staatlichen Atommüllverschieberei der Atomindustrie also wieder mal mehrere Jahre Luft (wie groß das Atommüllproblem ist, zeigt sich schon im benachbarten Gronau, wo ab 2011 ein Zwischenlager für 60.000 Tonnen Uranoxid gebaut werden soll).
Aber noch ist die Sache nicht gelaufen. Wenn in Ahaus, in Duisburg, in Jülich und entlang der Transportstrecke der Widerstand in den kommenden Wochen und Monaten spürbar zunimmt, werden die geplanten Atomtransporte kein Selbstläufer. Angesichts der Masse an Behältern und Castoren ist mit zahlreichen Einzel- und Großtransporten zu rechnen.
2005 zeigte sich bei den Rossendorf-Castoren nach Ahaus, dass der Widerstand sich dort von Woche zu Woche deutlich steigerte.
Für die Anti-Atom-Bewegung wird Ahaus eine Herausforderung werden. Große Proteste können den Zeitplan für die Atomtransporte durcheinanderwirbeln und haben Auswirkungen auf die Debatte um die AKW-Laufzeitverlängerungen. Zudem wird in NRW im Mai 2010 gewählt, EON und RWE haben ihre Konzernzentralen quasi direkt an der Transportstrecke von Jülich nach Ahaus.
Den Anti-Atomkraft-Initiativen geht es nicht nur um Ahaus, sondern um die gesamte Atompolitik, die von Schwarz-Gelb und RWE/EON betrieben wird. Gerade deshalb ist es wichtig, dass möglichst viele Menschen am 20. Dezember am Zwischenlager in Ahaus auf die Straße gehen.
Anmerkungen
Die BI Ahaus organisiert vom Ahauser Bahnhof ab 13.30 Uhr einen Bus-Shuttle.
Weitere Infos
www.bi-ahaus.de
www.sofa-ms.de
www.kein-castor-nach-ahaus.de