Atom- und Kohlekraft, Militarismus, Gentechnik, Konsum und die damit einhergehende Ausbeutung, Greenwashing, … – Hanna Poddig zeigt ihren LeserInnen in ihrem am 21. September 2009 erschienenen Buch viele Gründe, um für eine andere Welt zu streiten.
In ihrer „Anleitung zum Anderssein“ erzählt sie von eigenen Erfahrungen und Methoden, subversiven Herangehensweisen, bewusster Alltagsgestaltung und kontinuierlichem Hinterfragen der Dinge. Hanna beschreibt direkte Aktionen, Kommunikationsguerilla, Kampagnen, alltägliche Veränderungen und vieles mehr aus eigener Anschauung. Sie greift dafür auf persönliche Erfahrungen aus verschiedenen „… – tja was eigentlich – Kreisen? Szenen? Subkulturen?“ zurück und klammert auch unterschiedliche Ansichten über Wege und Ziele nicht aus. Sie legt darauf Wert, die verschiedenen Ansätze nicht gegeneinander auszuspielen, und legt dar, dass sie „verkopfte Kampagnen“ für genauso wichtig hält wie „Kröten über die Straße tragen“. Dennoch kommt auch die Kritik an rein symbolischen Großaktionen und Eliten, die ihrer Ansicht nach dazu beitragen, dass Bewegungsarbeit oft anstrengend sein kann, nicht zu kurz.
Hanna gibt einen Überblick über mehrere Jahre politischen Aktivismus und den Versuch eines möglichst konsequenten Lebens. Ob Containern, Trampen oder die Sichtbarmachung von Herrschaft – es geht immer auch um die alltäglichen Handlungsmöglichkeiten. Sie stiftet ihre LeserInnen an, sich beim Laden nebenan bei den Mülltonnen auf dem Parkplatz umzuschauen, lockt mit der Aussage, sie könne Schoko-Osterhasen nicht mehr sehen, und wünscht „Viel Spaß, Erfolg und guten Appetit!“
Auch klassische Aktionsformen bleiben nicht unerwähnt. Ob an Infoständen, auf Demos oder Aktionärsversammlungen: Kreide malen, Transparente hochhalten „und ein wenig jonglieren“ gehören zu den Routinetätigkeiten einer Aktivistin. Hanna erzählt von Blockaden und Kletteraktionen und vom manchmal etwas eintönigen Flyer-Verteilen. Das Erstmal-nett-rüberkommen-Müssen gehört oft dazu. Doch Hanna Poddig ist nicht immer nett.
Sie greift Werbung aktiv an, um Greenwashing sichtbar zu machen, und kettet sich an Schienen, um Militärtransporte zu verhindern. Der Spruch „Geh doch ma arbeiten!“ regt sie ähnlich auf wie Grenzwerte, die sich an der technischen Machbarkeit orientieren. Deshalb fordert die 23-Jährige ihre LeserInnen immer wieder auf, Betrachtungsweisen in Frage zu stellen. Ob Atomkraftwerke denn nicht die Landschaft „verschandeln“ würden, fragt sie beispielsweise die WindkraftgegnerInnen. Wer sich überzeugen lässt, bekommt im Anhang eine Liste mit von der Autorin empfohlenen Internetseiten, Büchern und Musik serviert.
Viele der beschriebenen Aktionsformen können auch Repressionen nach sich ziehen. Deshalb ist es folgerichtig, dass sich dazu einiges im Buch wiederfindet: stundenlanges Fliesenzählen in Gewahrsamssituationen, Polizeiwillkür, Gerichtsverhandlungen und nicht zuletzt die Solidarität mit anderen Betroffenen.
Hanna Poddigs Versuch, dies alles nicht allzu persönlich werden zu lassen, gelingt nicht immer, führt jedoch zu einem gelungenen Überblick über die radikale umweltpolitische Protestbewegung hierzulande.
Hanna Poddig: Radikal mutig - meine Anleitung zum Anderssein. Rotbuch Verlag, Berlin 2009, ISBN: 978-3-86789-085-4, 14,90 Euro