In „Augen zu gilt nicht“ beschreibt Silvia Hable ihre Jugend in den späten neunziger Jahren.
Es geht um Punk, Revolte und den Ausbruch aus der Enge und den Zwängen des Elternhauses. Ausgehend von Ideen darüber, wie die Welt sein könnte, findet sie sich bald in der Nürnberger Punk-Szene wieder.
Zwischen Konzerten, Demos, regelmäßigen Besäufnissen und dem obligatorischen Schnorren muss sie sich selbst behaupten. Dazwischen liegen Liebeskummer, ein Aufenthalt in der Psychiatrie und immer wieder Streitigkeiten mit den Eltern. Auf einem Punkkonzert lernt sie Schlumpf kennen, die sie in Beziehungsdingen berät und politisch bestärkt. Aus dieser Begegnung entsteht eine langjährige Freundschaft.
Zwischen dem Besuch von Protestcamps und Punkertreffen zieht Silvia „das Abitur doch noch durch“. Bis dahin macht sie Straßentheater, beteiligt sich an Pink- and Silver-Aktionen und gründet Aktionsgruppen. Kurz vor ihrem Abitur erlebt sie 2002 erste Gewahrsamnahmen während der Münchner NATO-Sicherheitskonferenz und des revolutionären ersten Mais in Berlin.
Ihr zukünftiges mobiles Zuhause wird ein gebraucht gekaufter, pannenanfälliger Bus. Mit diesem nimmt Silvia an einer Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen teil, macht einen durchgeknallten Ausflug nach Warschau und zieht schließlich nach Berlin. Dort versucht sie, Fuß zu fassen und sich durch vielfältige Freizeitaktivitäten in die Politszene zu integrieren.
Bei einem längeren Ausflug nach Barcelona entdeckt sie das „Macabra“ – eine besetzte Fabrikanlage, die zum Wohnkollektiv und zu einer Zirkusschule umfunktioniert wurde. Zurück in Berlin schließt Silvia sich einer Gruppe Berliner Feuerjongleure an und beschließt, auf die Artistikschule zu gehen. Anfangs begeistert lässt sie sich auf einen geregelten Alltag und hartes körperliches Training ein. Doch der straff organisierte Unterricht und die oberflächliche Welt ihrer MitschülerInnen bremsen ihren Enthusiasmus schnell.
Dem durchorganisierten Alltag weicht erneut das Aktivistinnenleben: Silvia spielt Schlagzeug in einer neu gegründeten Band, jongliert auf Demonstrationen. Nach Abbruch der Artistikschule folgen Streitigkeiten mit den Eltern, die ihren Schulbesuch aus der Ferne unterstützt haben. Silvia fährt im Juli 2005 zum G8 in Gleneagles, um dort auf den Blockaden Samba zu spielen. Die Vielfältigkeit der Proteste begeistert sie. Sie fährt danach mehrere Wochen durch Großbritannien, bis sie ein Jobangebot zurück nach Deutschland holt.
Silvia nimmt an: ein FSJ bei einem Kinderzirkus im „sozialen Brennpunkt“ Berlin Marzahn scheint zunächst das Richtige für sie zu sein. Doch Unzufriedenheit an diesem Arbeitsplatz sorgt zusammen mit anderen Problemen für ein Tief, das zur Jahreswende seinen Höhepunkt hat. Silvester begegnet Silvia zufällig ihrer alten Freundin Schlumpf.
Allerdings hat diese sich inzwischen von den gemeinsamen Träumen abgewandt und frönt dem Konsum.
Lange kämpft Silvia mit dieser Erkenntnis – letztendlich kündigt sie ihr soziales Jahr und schmiedet neue Reisepläne.
Silvia Hables Buch bietet einen Einblick in verschiedene Formen des widerständigen Lebens und beschreibt authentisch die Schwierigkeiten und Probleme, denen Menschen bei der Suche nach einer eigenen Kultur und Lebensform begegnen.
Silvia Hable: Augen zu gilt nicht. Auf der Suche nach einer gerechten Welt, DVA Sachbuch, München, März 2009, 304 Seiten, ISBN 978-3-421-04308-5, 16,95 Euro