Als Ton Steine Scherben vom Sklavenhändler sangen, meinten sie damit noch den normalen Arbeitgeber und nicht den zweiten Profiteur, den Verleiher.
Den gab es damals zwar schon – seit 1971, vorher war Leiharbeit in der BRD verboten – aber noch nicht in dem Ausmaß, wie sie heute betrieben wird. Konkret: Seit der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Rahmen der Hartz-Gesetze eskaliert das Phänomen Leiharbeit – vor allem mit Unterstützung der Arbeitsagenturen.
„Leiharbeit abschaffen!“ war das Motto einer Kampagnenwoche vom 18. bis 25. September. Maßgeblich organisiert von der anarchosyndikalistischen Freien ArbeiterInnen Union (FAU) waren bei der Kampagnenwoche auch Organisationen und Gruppen wie labournet, chefduzen und vor allen Dingen auch Initiativen von LeiharbeiterInnen beteiligt.
Aktionen fanden in über 30 Orten statt, vor allem Stadtrundgänge zu den Leiharbeitsfirmen und Arbeitsagenturen und öffentliche Informationsveranstaltungen.
In Berlin und Hamburg wurde bei den jeweils dort stattfindenden „Karrieremessen“ protestiert, in Darmstadt gegen eine Leiharbeitsmesse. Gegen Leiharbeitsmessen hatte die FAU auch früher mehrfach protestiert, z.B. in Kiel, Hannover oder Münster.
Hintergrund der Kampagne ist unter anderem ein Urteil des Berliner Arbeitsgerichts aus dem Frühjahr 2009.
Das Berliner Amtsgericht hat der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften (CGZP) die Tariffähigkeit abgesprochen, weil diese keine personelle Basis habe und nicht im Sinne der LeiharbeiterInnen verhandele. Damit ist einer der Dumping-Lohn-Tarifverträge vom Tisch, mit dem die Gleichbehandlung von LeiharbeiterInnen mit den Beschäftigten in den Entleihbetrieben umgangen werden konnte.
Andere solcher Tarifverträge gibt es zwischen den Dachverbänden IGZ (Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen) und BZA (Bundesverband Zeitarbeit) und dem DGB.
Begründung des DGB, überhaupt mit der Branche zu verhandeln, waren immer die christlichen Dumping-Tarife. Dabei lagen allerdings die DGB-Tarife nur im Cent-Bereich über denen der christlichen Gewerkschaften.
Die FAU ist nun der Auffassung, dass es für den DGB keinen Grund mehr gibt, Tarifverträge in der Leiharbeitsbranche zu verhandeln. Tatsächlich sind die Tarifverträge mit IGZ und BZA momentan gekündigt, die Leiharbeitsunternehmen berufen sich in allen Fällen (auch den christlichen) auf eine Nachwirkung der bisherigen Tarifverträge.
Und das müssen sie auch.
Denn ohne Tarifvertrag würde der europäische Gleichbehandlungsgrundsatz (equal pay and equal treatment) greifen.
Die Leiharbeitsverbände verhandeln mit den Gewerkschaften, weil sie Tarifverträge brauchen, um das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit zu unterwandern: „Die Tarifverträge wurden auch deshalb notwendig, weil Kundenbetriebe infolge des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf den Einsatz von Zeitarbeitnehmern verzichtet hätten. Die Dienstleistung Zeitarbeit wäre zu teuer geworden […]“, betont etwa der Dachverband BZA auf seiner Homepage.
Protestiert wurde nicht nur gegen die Leiharbeitsbranche, sondern auch gegen das Vorgehen der Arbeitsagenturen.
Durch den Zwang, jede noch so miserabel entlohnte Arbeit anzunehmen, unterstützen sie den Trend zu Dumping-Löhnen. Es ist vor allem den Hartz-Gesetzen zu verdanken, dass die Leiharbeit von 2003 bis 2008 von 300.000 auf 800.000 LeiharbeiterInnen angewachsen ist. Aktuell ist diese Zahl wieder auf 500.000 gesunken – 300.000 waren die „Bauernopfer“ der Wirtschaftskrise.
Gerade diese aktuelle Situation macht eine Kampagne gegen Leiharbeit notwendig. Die FAU fordert die Übernahme der LeiharbeiterInnen in die Entleihbetriebe bei gleichem Lohn und die Nachzahlung der Löhne nach dem Grundsatz des equal pay. Die Kampagne beginnt gerade erst und soll im Frühjahr 2010 europaweit ausgeweitet werden. Aktuelle Infos findet ihr auf der Homepage www.leiharbeit-abschaffen.de.
Dort können interessierte Gruppen auch nach wie vor als UnterstützerInnen auftreten und eigene Aktionen bekannt machen.