Der Friedensnobelpreis ist bekanntlich eine Kategorie des vom schwedischen Dynamit-Erfinder und Industriellen Alfred Nobel gestifteten Preises.
Nobel war einer der reichsten Männer seiner Zeit und wandelte sich u.a. unter dem Einfluss von Bertha von Suttner zum Pazifisten.
Da er keine Kinder hatte, veranlasste er, dass mit seinem Vermögen von über 31 Millionen Kronen eine Stiftung gegründet werden sollte. Den größten Teil seines Geldes vermachte er dieser Stiftung.
„Das Kapital, vom Testamtentsvollstrecker in sicheren Wertpapieren realisiert, soll einen Fonds bilden, dessen jährliche Zinsen als Preise denen zuerteilt werden, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben. Die Zinsen werden in fünf gleiche Teile geteilt, von denen zufällt: (…) ein Teil dem, der am meisten oder besten für die Verbrüderung der Völker und für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie die Bildung und Verbreitung von Friedenskongressen gewirkt hat“, so erklärte Nobel seinen Willen.
Der Friedensnobelpreis sollte dem Menschen, der „im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht“ hat, verliehen werden.
Für seine Vergabe ist das vom norwegischen Parlament bestimmte Nobelpreiskomitee zuständig.
Dass der Preis bisher weltweit ein enormes Renomée hatte, liegt auch daran, dass er seit 1901 oft an tatsächlich verdiente PazifistInnen verliehen wurde. Um nur die aus meiner Sicht besonders bedeutenden zu nennen: Bertha von Suttner (1905), Carl von Ossietzky (1935) und Martin Luther King Jr. (1964).
Das Nobelpreiskomitee hat in der Vergangenheit leider auch Kriegsverbrecher mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. 1973 erhielt ihn Henry Kissinger, der Vietnamkriegs-Außenminister der USA, der im gleichen Jahr u.a. den faschistischen Putsch in Chile mitorganisiert hat.
Und wer erinnert sich nicht an das Kopfschütteln bei den AktivistInnen der Anti-Atom-Bewegung, als ihn 2005 ausgerechnet die Atomlobby-Organisation „International Atomic Energy Agency“ bekommen hat.
Im Dezember 2009 erhielt nun der US-Präsident Barack Obama den Friedensnobelpreis. Das pazifistische Image dieses Preises dürfte damit endgültig ruiniert sein.
Was hat Obama für diesen Preis geleistet?
Er hat sich im US-Präsidentschaftswahlkampf 2008 erfolgreich als „kleineres Übel“ inszeniert. Und im Vergleich zu seinem Vorgänger George W. Bush mag er das vielleicht sogar sein.
Aber Obama hat nie Zweifel daran aufkommen lassen, dass er kein Pazifist ist. Wie alle US-Präsidenten vor ihm ist er ein williges Instrument des „militärisch-industriellen Komplexes“ der USA. Und da ist es logisch, dass er ganz im Sinne der mächtigen US-Militärlobby handelt und zum Beispiel in Afghanistan weiter foltern und den Krieg gegen die dort lebenden Menschen führen lässt. Unter Obama wurde der größte Verteidigungshaushalt in der Geschichte der USA beschlossen. Am 20. Dezember 2009 genehmigte der Senat den 636-Milliarden-Dollar-Etat. Er gilt für das bereits vor drei Monaten angelaufene Haushaltsjahr. 128,3 Milliarden Dollar sind für die Kriege im Irak und in Afghanistan vorgesehen.
Obama nutzte seine weltweit übertragene Friedensnobelpreisrede am 10. Dezember 2009 nicht zur Verbreitung pazifistischer oder antimilitaristischer Ideen im Sinne Martin Luther Kings oder Mahatma Gandhis.
Ganz im Gegenteil.
Er benutzte diese Bühne, um Propaganda für seine Kriege zu machen, um der Weltöffentlichkeit die von ihm befohlene Aufstockung der US-Besatzungsmacht in Afghanistan um weitere 30.000 US-SoldatInnen zu verkaufen. Obama, ein begnadetes rhetorisches Talent, ein charismatischer „Weltführer“ am Tropf des US-Militarismus. Sozusagen ein Arzt am Krankenbett des US-Imperialismus.
Logisch, dass da auch das US-amerikanische Nachrichtenmagazin und SPIEGEL-Vorbild TIME, das in den letzten Jahren u.a. George W. Bush und „The American Soldier“ zur „Person Of The Year“ erklärt hat, auf der Titelseite vom 14. Dezember 2009 jubelt: „It’s His War Now“.
Die deutsche Presse ist nicht unbedingt kritischer. So hat zum Beispiel auch die vor 30 Jahren als alternative und pazifistische Tageszeitung angetretene taz Barack Obama seit seinem Wahlkampf 2008 bejubelt wie keinen US-Präsidenten zuvor. In ihrer Ausgabe vom 8.12.2009 präsentiert die taz ihren LeserInnen nun eine „Sonntaz-Diskussion“ unter dem peinlich naiven Motto: „Darf man noch für Obama schwärmen?“
Sicher nicht im Sinne von Bertha von Suttner und Alfred Nobel behauptete Obama in seiner Nobelpreis-Rede, dass Kriege unausweichlich seien, um Gerechtigkeit herzustellen. Ganz im orwellschen Sinne: Krieg ist Frieden. Krieg ist gerecht.
Und die Menschen in Afghanistan? Sie bekommen in den nächsten Monaten womöglich noch mehr Bomben auf den Kopf, sie müssen mit weiteren „Kollateralschäden“ und bombardierten Tanklastwägen rechnen. Die NATO-Staaten erhöhen ihre Truppenkontingente unter dem mit dem Friedensnobelpreis geadelten Oberbefehlshaber. So verschärfen sie die katastrophale Situation in dem durch 30 Jahre Krieg zerrütteten und weiterhin vom korrupten Wahlfälscher-Präsidenten Karsai regierten Land am Hindukusch.
Der ursprünglich pazifistisch gemeinte Friedensnobelpreis ist durch die Verleihung an einen Bellizisten in sein Gegenteil verkehrt worden.
Hätten die Menschen, die nun schon seit Jahren unter der NATO-Besatzung in Afghanistan leiden, den Friedensnobelpreis an den Oberbefehlshaber der Besatzungsmacht verliehen?
Das wäre ungefähr so, als wenn die Schweine im Schlachthof ihrem Metzger einen „Schweinefreunde-Preis“ verleihen würden.
Absurd.
Es bleibt dabei: Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit.