In der YouTube-Videoaufzeichnung "Im Namen des Volkes" lässt sich, trotz lausiger Qualität und in nur drei kurzen Sätzen, viel von PPZ entdecken. Sein Schalk oder schelmenhafter Humor schimmerte in vielen Alltagssituationen immer wieder durch. Wenn es um die Herrschenden ging, natürlich gespickt mit einem gesunden Anteil an Zynismus, Sarkasmus und Ironie; wenn es um Frauen ging, konnte es auch mal politisch inkorrekt rüberkommen, da lebte er eher noch in der Kommunezeit der 70er Jahre, der Anarchafeminismus und die Patriarchatskritik der 90er jedenfalls waren ihm fremd. Seine Provokation, er "werde 117 Jahre alt und sterbe unter einer Frau!" hat sich nicht bewahrheitet, er wurde nur 66 Jahre alt und starb im Krankenhaus von Porto Antonio auf Jamaika an Krebs.
Entgegen vieler kolportierter Meinungen begann PPZ nicht im Knast zu schreiben, in den ihn das deutsche Volk am 24. Mai 1974 und – weil es der Staatsanwaltschaft nicht ausreichte – am 12. März 1976 verbannt hatte. In der Revision für 15 Jahre, 10 davon musste er absitzen, obwohl sich PPZ-Initiativen im In- und Ausland mit diesem Gesinnungsurteil beschäftigten und sich für eine Freilassung einsetzten.
Ein seltsames Leben
1944 in Freiburg geboren, lebte er mit seinen Eltern 9 Jahre in der DDR, bis sein Vater in Ungnade fiel und als Systemgegner 1953 ausgewiesen wurde. Als dem Papa, einem Verleger, dann in der BRD Jobs als Parkplatzanweiser und Fahrstuhlführer angeboten wurden, „hat das“ – so PPZ – „seine Liebe zur BRD ungeheuer bekräftigt!“
Es folgten 11 Jahre in der BRD in Ratingen, bis er es 1964 vorzog, die Bundeswehr „rechts“ liegen zu lassen und nach Berlin zu gehen, „wie das damals viele intelligente junge Menschen taten“. Wiederum 11 Jahre bereicherte er die Westberliner „Szene“, bis er in Düsseldorf verhaftet und für 10 Jahre der Freiheit beraubt wurde. Als er endlich freikam, zog es ihn nach Grenada, dann nach Nicaragua, auf die Seychellen und nach Italien.
Die letzten 25 Jahre schließlich lebte er auf Jamaika, zuletzt mit Deborah Clark in einem Haus am Meer, schrieb Krimis und Theaterstücke und versuchte, sich über Vermietung von Zimmern, Schriftstellerei und der Inszenierung seiner Theaterstücke am Leben zu halten, im täglichen Kampf mit dem Salz, das seine Schreibmaschine angriff und seinen VW-Bus erlegte.
Peter kam über seinen Vater schon als Kind mit Grafikern und Schriftstellern zusammen. Ganz folgerichtig gründete er 1967 „Spartacus, Zeitschrift für lesbare Literatur“ und gewann beim Kreuzberger Kurzgeschichten-Wettbewerb 1968 den zweiten Preis. Anarchisten fanden damals nur schwer Druckereien, so war es durchaus logisch, dass PPZ bzw. Pepe sich in der Urbanstraße eine alte Rotaprint aufstellte, um Plakate, Flugblätter und seine Gedichte zu drucken.
Um die großformatige, anarchistische Zeitschrift „agit 883“ zu drucken, benötigte man mehr Raum, so wurde die Druckerei nach Berlin-Britz verlegt, wo schon Erich Mühsam gelebt hatte. Seit dieser Zeit war PPZ den Repressalien der politischen Polizei ausgesetzt.
Da die Druckerzeugnisse meist anonym waren, hielt sich die an den Drucker. Hausdurchsuchungen, Razzien, Beschlagnahmungen gehörten zum Alltag; seine Lebensgefährtin hielt den Druck nicht aus und wurde psychisch krank; bei einer Razzia wurde der Aufruf zur Gründung der RAF entdeckt, so dass sich PPZ direkt vor Gericht fand; es wurden Akten angelegt, die Folgen haben sollten.
1970 veröffentlichte er seinen ersten Roman „Von einem, der auszog Geld zu verdienen“, die Geschichte eines Fachhilfsarbeiters, der nach Berlin zieht, um Geld zu verdienen und nach einer DDR-freundlichen Demonstration wieder in die BRD zurückgeschickt wird. Ein Verlierer, wie viele in Zahls Romanen, denen seine Sympathie galt und die er vor dem übermächtigen System gerne in Schutz genommen hätte, wie Johann Georg Elser, der Hitler fast in die Luft gesprengt hätte und dem Zahl mit einem Theaterstück während seiner Gefängniszeit sein Denkmal setzte, als noch kaum jemand in Ost und West Elser auch nur erwähnte. Ursprünglich geschrieben für Claus Peymann, der das Stück uraufführte, inszenierte Zahl es später an der Heidenheimer Naturschaubühne mit großem Spaß selbst.
Letztlich blieb aber seine Verhaftung mit dem Schusswechsel immer an ihm kleben, die Nachrufe verdeutlichen dies erneut. Peter O. Chotjewitz hat Zahls Situation 2009 treffend auf den Punkt gebracht:
„PP hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er sich die zwei Polizisten vom Leibe halten, sie aber nicht treffen wollte, und dass er den Tod eines anderen in einer Situation wie damals prinzipiell nicht billigend in Kauf nehmen würde. – Geglaubt hat ihm keiner. Es war sicherheitspolitisch nicht opportun.“
Und da waren ja schließlich auch noch die alten Akten aus Berlin mit der beschlagnahmten, nicht publizierten 883-Nummer, ein hinreichender Beweis für die Gefährlichkeit dieses Menschen. Vor Gericht wunderte sich Zahl eigentlich nicht über die Hysterie des Machtapparats in den 70er Jahren, für ihn war klar, dass „das System keine Fehler macht“, sondern „der Fehler ist“; und obwohl es für ihn so dramatisch gewesen ist, dass aus der „gefährlichen Körperverletzung“ 1974, zwei Jahre später, ein doppelter Mordversuch wurde, konnte er diese „Gesinnungsjustiz“, wie Erich Fried den Fall anprangerte, im Nachhinein „Im Namen des Volkes“ gelassen sarkastisch kommentieren.
Manches wäre noch zu sagen, die zeitweise Ausbürgerung 2002 aus Deutschland z.B., der er heftig widersprach, nicht weil er plötzlich stolz war, ein Deutscher zu sein, sondern weil er den Nebenerwerb durch Tätigkeiten wie Theaterstücke zu inszenieren und in Deutschland Bücher zu publizieren dringend brauchte und ohne deutschen Pass als „Drittstaatenangehöriger“ hier keine Arbeitserlaubnis bekommen hätte.
Wer sich ein Bild des frühen PPZ machen möchte, dem sei in Antiquariaten das Buch „Waffe der Kritik“ aus dem Jahr 1977 empfohlen, in dem PPZ Artikel aus 883, Revolte, Der Metzger und Spontan zusammen mit von den Redaktionen Konkret, Spontan, Langer Marsch und Links abgelehnten Artikeln veröffentlichte.
Wer sich die Theaterstücke zu Elser, Don Juan oder Friedrich Schiller ansehen möchte, wird bei der Trotzdem Verlagsgenossenschaft fündig, wer gerne schmökert, sollte aber anstatt auf die Krimis lieber auf „Die Glücklichen“ oder den kürzeren „Domräuber“ zugreifen, Bücher, die PPZ im Gefängnis geschrieben hat, „um dort überleben zu können“, die Spaß machen oder für die Verlierer eintreten und deshalb ihren Autor nicht verleugnen, der trotz allem immer viel gelacht und noch häufiger gegrinst hat.