anarchismus

Gegen die Arbeit

Michael Seidman über die Arbeiterkämpfe in Barcelona und Paris 1936-38

| Michael Seidman Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: Henriette Keller

Mit einem Vorwort von Karl Heinz Roth und Marcel van der Linden ist im Oktober 2011 Michael Seidmans Opus Magnum Workers against Work erstmals in deutscher Sprache unter dem Titel Gegen die Arbeit. Über die Arbeiterkämpfe in Barcelona und Paris 1936-38 (24,90 Euro, ISBN 978-3-939045-17-5) im Verlag Graswurzelrevolution erschienen. Der US-amerikanische Historiker und Bewegungsforscher lebte Ende der Siebzigerjahre in Paris und promovierte 1982 in Amsterdam über das Thema dieses Buches. Vom 8. bis 14. Oktober 2011 hat der Autor seinen 477-Seiten-Wälzer in Köln, Jena, Nürnberg, Berlin, Bielefeld, Wiesbaden und Frankfurt/M. vorgestellt. Für alle, die dieses wichtige Werk noch nicht gelesen haben, drucken wir hier exklusiv als Appetizer sein Redemanuskript ab. (GWR-Red.)

Der antifaschistische Philosoph Benedetto Croce prägte den berühmten Satz: „Geschichte ist immer Zeitgeschichte.“ Diese Aussage lässt sich durchaus auf mein Buch Gegen die Arbeit übertragen.

Es hat seine Wurzeln in den „langen Sechzigerjahren“, deren radikalste ProtagonistInnen eine Sozial- und Kulturkritik des Konsumkapitalismus entwickelten.

Die Kulturrevolution der Sechzigerjahre erneuerte die der Arbeiterbewegung von jeher innewohnende Infragestellung der Lohnarbeit. Die Konzeption von Gegen die Arbeit war von der nach 1968 aufkommenden „Kritik der Arbeit“, die ich mir während meiner Zeit in Paris von 1979 bis 1982 aneignete, zwar beeinflusst, aber nicht vollständig bestimmt.

Zu jener Zeit machte ich die Bekanntschaft einiger Französinnen und Franzosen, deren Neudefinition der künftigen Revolution darin bestand, dass nicht mehr für Lohn gearbeitet würde. Ihre Position erinnerte an die im neunzehnten Jahrhundert sowohl von MarxistInnen als auch von AnarchistInnen artikulierte Forderung nach Abschaffung der Lohnarbeit.

Auf der pragmatischen Ebene überlebten die jungen Leute dieses Pariser Zirkels in ihrem teuren städtischen Umfeld, indem sie gelegentlich Aushilfsjobs übernahmen oder Arbeitslosen- und Sozialhilfe bezogen.

Trinken, Rauchen und die gelegentliche Intensivierung dieser Genüsse durch den Konsum weicher Drogen waren für dieses Milieu charakteristisch.

Für mich, der ich Ende der Sechziger-, Anfang der Siebzigerjahre in den USA studiert hatte, waren diese hedonistischen Aktivitäten meiner Bekannten weniger schockierend als ihre arbeitsfeindliche Ideologie.

Die PariserInnen machten mich mit wichtigen Texten wie der Anthologie La fin du travail und dem Pamphlet Le refus du travail (2) vertraut. Beide Publikationen vertraten die Auffassung, dass Arbeit Unterdrückung sei, und strichen zugleich heraus, dass die Arbeiter Widerstand gegen sie leisteten.

Skeptische Sicht auf Lohnarbeit

Diese Skepsis gegenüber der Lohnarbeit schrieb das neu erwachte Interesse an einer Geschichte der Arbeit fort. Es war in den 60er- und 70er-Jahren in Frankreich und anderen westlichen Staaten aufgekommen, als erstmals Historiker die Geschichte alltäglicher Arbeitsverweigerungen durch die Arbeiter aufzuzeichnen begannen. (3)

In jenen Jahren verfassten Michelle Perrot und Michel Foucault Werke zur Geschichte der Abwehr von Disziplinierungstechniken durch ArbeiterInnen, Frauen, Gefangene und andere. (4) Diese Geschichtsschreibung von unten ließ das Streben der unteren Klassen nach Autonomie wieder aufleben und spiegelte eine allgemeine Krise des militantisme.

So formulierte Foucault Anfang der Siebzigerjahre: „Die Massen brauchen ihn [den Intellektuellen] nicht, um Wissen zu erlangen. Sie wissen vollkommen Bescheid, ohne Illusionen; sie wissen es besser als er und sind durchaus in der Lage, sich auszudrücken.“ (5)

AktivistInnen und Militante, die nicht selbst ArbeiterInnen waren, hatten nur untergeordnete Rollen zu spielen, wenn Autonomie und Selbstbestimmung der ArbeiterInnen das Ziel waren. Die Intellektuellen konnten die Bewegung ganz sicher nicht im leninistischen Sinne führen oder ihr revolutionäres Bewusstsein verleihen, wenn, wie radikale linke Kritiker des orthodoxen Marxismus postulierten, das Klassenbewusstsein durch den Kampf selbst – und nicht durch wohlmeinende Intellektuelle – gebildet wurde.

Wiederbelebung libertärer Traditionen

Die von Perrot, Foucault und anderen verfassten Werke zur Arbeits- und Sozialgeschichte dokumentierten – und erweckten – den Wunsch, libertäre Traditionen wiederzubeleben.

Viele meiner Freunde und Bekannten im Paris der späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahre machten sich Rätekonzepte zu eigen und forderten Arbeiterselbstverwaltung.

Richard Gombins Schlüsseltext lieferte die positive Neubewertung eines linken Radikalismus, den Lenin als „Kinderkrankheit“ abgetan hatte. (6)

Antileninistische Linke ihrerseits lehnten Weisungen „revolutionärer“ politischer Parteien und angeblich repräsentativer Gewerkschaften ab und befürworteten statt dessen wilde Streiks, Fabrikbesetzungen und verschiedene Formen der Arbeiterkontrolle, die, wie sie sagten, den realen Sozialismus der Zukunft vorwegnahmen – getreu dem Motto der Ersten Internationale: „Die Befreiung der Arbeiterklasse kann nur das Werk der Arbeiterklasse selbst sein.“

Gombin argumentierte, dass der junge Georg Lukács, Karl Korsch und Anton Pannekoek sich darin einig gewesen seien, dass eine erfolgreiche Revolution der Arbeiter letztlich auf die Arbeiter selbst bauen müsse.

Aber wie so viele ihrer bolschewistischen GegnerInnen vertraten diese Rätekommunisten des frühen zwanzigsten Jahrhunderts ein produktivistisches Revolutionskonzept.

Sie gingen davon aus, dass die Arbeiter die unter ihrer Kontrolle stehenden landwirtschaftlichen Betriebe und Fabriken effizient verwalten würden. Das rätekommunistische Projekt stand im Gegensatz zum Geist der ArbeitsgegnerInnen, deren neu belebter ouvrierisme der 70er-Jahre postulierte: „Die Arbeit ist der Fluch der trinkenden Klasse.“

Die situationistische Parole „Arbeitet niemals!“ übte auf viele dieser jungen Linken eine große Anziehungskraft aus.

Der spielerische Geist der situs wandte sich gegen die Verwandlung von Künstlern in Arbeiter, wie sie in den kommunistischen Staaten stattgefunden hatte, und wollte statt dessen ArbeiterInnen in KünstlerInnen verwandeln.

Die SituationistInnen waren zweifellos klug und provokativ, aber es blieb fraglich, ob sie oder irgendeine andere linke Gruppe die Spannung zwischen Arbeiterselbstverwaltung und den unvermeidlichen gesellschaftlichen Produktionsanforderungen aufheben konnten. Bezeichnenderweise mythologisierten gerade die situs die während des Spanischen Bürgerkriegs von Anarchisten und Marxisten gegründeten Kollektive als den Höhepunkt menschlicher Errungenschaften.

Sie ignorierten die produktivistische Denkweise der AnarchosyndikalistInnen ebenso wie den Widerstand der ArbeiterInnen.

„Diego Abad de Santillán – ein Anführer und Theoretiker der CNT, der sie später, während der Revolution in der katalanischen Regionalregierung, der Generalitat, repräsentierte – stand beispielhaft für die Verschiebungen in der anarchosyndikalistischen Ideologie Spaniens.

Santillán hatte zunächst der ländlichen Gemeinde den Vorzug gegeben und sich gegen die Dominanz des sindicato (Gewerkschaft) in der anarchistischen Bewegung gewandt; wurde dann aber zu einem der energischsten Verfechter des sindicato als Basis für die Revolution.

Auch wandelte er sich vom eifrigen Kritiker kapitalistischer Technologie und Arbeitsorganisation zum enthusiastischen Befürworter derselben.

Noch 1931 schrieb er, der „moderne Industrialismus nach dem Muster von Ford ist reiner Faschismus, rechtmäßiger Despotismus. In den großen rationalisierten Fabriken ist das Individuum nichts, die Maschine alles. Diejenigen unter uns, die die Freiheit lieben, sind nicht nur Feinde des staatlichen Faschismus, sondern auch des wirtschaftlichen Faschismus.“

Schon zwei Jahre später, 1933, beschrieb Santillán die moderne Industrie als eine Quelle des Stolzes für die Menschheit, weil sie zur Beherrschung der Natur geführt habe. Er bemerkte anerkennend, dass die Taylorisierung die „unproduktiven Bewegungen des Einzelnen“ beseitigt und „seine Produktivität“ gesteigert hätte:

Es ist nicht nötig, die derzeitige technische Organisation der kapitalistischen Gesellschaft zu zerstören, sondern wir müssen sie nutzen.

Die Revolution wird der Fabrik als Privateigentum ein Ende bereiten. Aber wenn die Fabrik bestehen und, unserer Meinung nach, verbessert werden muss, dann muss man wissen, wie sie funktioniert. Die Tatsache, dass sie gesellschaftliches Eigentum wird, ändert das Wesen der Produktion oder die Produktionsmethode nicht. Die Verteilung der Produktion wird sich ändern und gerechter werden.

Santilláns plötzlicher Sinneswandel wurde möglicherweise durch die Weltwirtschaftskrise ausgelöst, die viele Aktivisten (einschließlich einiger, die eher Anarchisten als Syndikalisten waren) zu dem Schluss führte, das Ende des Kapitalismus sei unvermeidlich, und dass sie in der Lage sein müssten, den wirtschaftlichen Übergang zum libertären Kommunismus zu organisieren.

Wie viele andere libertäre Aktivisten betonte der CNT-Führer die Notwendigkeit, das „Parasitentum“ zu beseitigen und für Arbeit für alle zu sorgen. Arbeit sei in einer revolutionären Gesellschaft sowohl Recht als auch Pflicht, und er pflichtete dem alten Sprichwort bei: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“:

Wir suchen keine Freundschaften in der Fabrik. […] Was uns vor allem in der Fabrik interessiert, ist, dass unser Arbeitskollege seinen Job versteht und ihn ausführt, ohne dass es Schwierigkeiten gibt, etwa weil er unerfahren ist oder die Funktionsweise des Ganzen nicht kennt.

Das Heil liegt in der Arbeit und der Tag wird kommen, da die Arbeiter es wollen. Die Anarchisten, die einzige Strömung, die nicht versucht auf Kosten anderer zu leben, kämpft für diesen Tag.

Er machte deutlich, dass im libertären Kommunismus der Produzent den Staatsbürger ersetzen werde.“ (S. 81-83)

Die SituationistInnen und andere vernachlässigten vollkommen die Arbeitsverweigerungen der gewöhnlichen ArbeiterInnen während der Spanischen Revolution, die ein zentrales Thema von Gegen die Arbeit waren. Mit anderen Worten: Das nach 1968 gezeichnete Porträt der arbeitenden Klasse als Trägerin des Widerstands gegen die Arbeit war nicht mit der Disziplin und dem Organisationsgrad zu vereinbaren, die für das Funktionieren von Räten, Sowjets und anderen Formen produktivistischer Kollektive erforderlich sind. Um das Ausmaß der Arbeitsverweigerung einzudämmen, griff die Spanische Revolution zu intensiver Propaganda. Ihren deutlichsten Ausdruck fand sie in den Postern der „spanischen Linken – der Kommunisten, Sozialisten und Anarchosyndikalisten. Die großen Organisationen verwandten erstaunlich viel Zeit und Geld auf die Herstellung dieser Propaganda, auch dann noch, als Papier und andere Ressourcen knapp und teuer geworden waren.

Viele der Plakatkünstler waren schon vor der Revolution in der Werbebranche tätig gewesen, und sie arbeiteten nicht nur für eine, sondern für mehrere Organisationen. So entwarf etwa ein Funktionär der Gewerkschaft der Berufsdesigner Poster für die CNT, die UGT, die PSUC und die Generalitat. Seine Gewerkschaft stellte sogar für den POUM, die unabhängige kommunistische Organisation, Plakate her.

Es entstand ein ökumenischer Stil, der (trotz leichter thematischer Unterschiede) sowohl die Arbeiter als auch die Produktivkräfte in nahezu identischer Weise darstellte. Selbst als sich Anarchosyndikalisten und Kommunisten im Mai 1937 in den Straßen von Barcelona gegenseitig umbrachten, blieb die ästhetische Einheit der Volksfront bestehen.

Ideologische Auseinandersetzungen und Machtkämpfe hinderten konkurrierende Organisationen nicht, ähnliche Darstellungen ihrer vorgeblichen Basis zu akzeptieren.

Die Arbeiter auf diesen Plakaten (die im Stil dem sowjetischen Sozialistischen Realismus stark ähneln) arbeiten, kämpfen oder sterben für die Sache. Diese Männer und, gleichbedeutend, Frauen – denn in der spanischen Revolution waren Männer und Frauen im Krieg und bei der Arbeit theoretisch gleichgestellt – kämpften immer heldenhaft und unermüdlich für den Sieg der Revolution oder der Zweiten Republik: auf dem Lande, in den Fabriken und auf dem Schlachtfeld.

Tatsächlich war auf vielen Plakaten das Geschlecht der Person fast unbestimmbar. Wichtig waren weder die Eigenschaften noch der Charakter der dargestellten Individuen, sondern ihre Funktion als Soldat oder Arbeiter.

Der spanische sozialistische Realismus stand für die fortschreitende „Vermännlichung der Ikonografie der Arbeiterbewegung“

Ein Plakat der CNT, das Pessimismus und Mutlosigkeit bekämpfen sollte, zeigte zwei Gestalten, einen Mann und eine Frau, die einander glichen. Beide hatten riesige Unter- und Oberarme, breite Schultern und sehr kleine Köpfe. Damit wurde ausgedrückt, dass körperliche, nicht geistige Anstrengungen von ihnen verlangt wurden. Die Gestalten waren fast identisch, abgesehen davon, dass eine längere Haare und einen unscheinbaren Busen hatte – die einzigen Hinweise auf Weiblichkeit in dem Bild.

Ein Detail kennzeichnete die andere Gestalt: hochgekrempelte Ärmel, ein leicht erkennbares Symbol für Handarbeit.

Diese Kunst befasste sich einzig und allein mit der konstruktiven oder destruktiven Fähigkeit ihrer Subjekte, die gleichzeitig ihre Objekte waren.

Die Künstler verwischten die Differenzen zwischen Soldaten und Produzenten, zwischen Rüstungs- und ziviler Industrie ebenso sehr wie die zwischen Mann und Frau.

Ein Plakat der PSUC setzte die Industrie in Kriegs- und Friedenszeiten in eins. In dem Bild formen die langen Schornsteine die Silhouette großer Kanonen. Ein berühmtes CNT-Plakat transportierte die gleiche Aussage: Im Vordergrund ein Soldat, der sein Gewehr abfeuert; er ergänzt einen Arbeiter im Hintergrund, der mit einer Sichel Weizen erntet, an sich schon ein Symbol der Arbeit in der sozialistisch-realistischen Ikonografie.

Die Figuren wären ununterscheidbar, wären da nicht ihre Gerätschaften und ihre Körperhaltung. Lebendiges Rot und Schwarz, die Farben der anarchistischen Bewegung, verstärkten das Profil der mächtigen Arbeiter. Die Titelzeile lautete: Genosse, arbeite und kämpfe für die Revolution.

Niemals bildeten die Künstler die Arbeiter und Soldaten auf den Plakaten müde, hungrig oder krank ab. Die Produktionsmittel – die Fabriken, Höfe und Werkstätten – wurden, ganz gleich wie hässlich sie waren, ebenso idealisiert wie die mutigen, starken und kraftstrotzenden Männer und Frauen, die für die Sache lebten und starben. Diese Darstellung der Produktivkräfte spiegelte den Produktivismus der Linken und ihren Modernisierungswillen. Die Maschinen und die Menschheit waren heldenhaft und überlebensgroß.

In Anbetracht der marxistischen und anarchosyndikalistischen Konzeption des Arbeiters ist es kaum verwunderlich, dass die revolutionäre Kunst dessen produktive Eigenschaften unterstreichen musste. Diese Ideologien, welche die Arbeit und den Arbeiter verherrlichten, stellten die weiblichen und männlichen Lohnarbeiter durchweg als muskulöse und mächtige Wesen dar, die Gegenstände sowohl für den Konsum als auch für den Kampf zu schaffen in der Lage waren. Daher die Bedeutung des Armes und insbesondere der Hand, ein Symbol des homo faber und Mittelpunkt vieler Darstellungen.

Die Interpretation der Plakate hilft uns zu verstehen, wie einerseits Marxisten und Anarchosyndikalisten sich die Arbeiterklasse im wahrsten Sinne des Wortes vorstellten, und wie die Revolutionäre andererseits auf das reale Verhalten der Arbeiter während des Bürgerkriegs und der Revolution reagierten

Der spanische sozialistische Realismus versuchte die Arbeiter zu überzeugen: vom Kämpfen, vom Arbeiten und dem Sinn größerer Opfer. Es war Propaganda, die keinen Humor kannte und manchmal etwas Bedrohliches hatte.

Die Kunst der Frente Popular zielte darauf ab, den Arbeiterwiderstand gegen die Arbeit zu verringern, der (wie wir sehen werden) eines der drängendsten Probleme für die gesamte Linke war. Barcelonas Arbeiter waren dafür bekannt, an Feiertagen und insbesondere in der Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr nicht zur Arbeit zu erscheinen. Die PSUC reagierte auf einen solchen Absentismus mit einem Plakat, das einen Soldaten zeigte, dessen Bajonett den Samstag auf einem Kalender zerschneidet. Der Titel des Plakats rief zum Ende der Festlichkeiten auf und forderte, dass ein neuer „Kriegskalender“ zu gelten habe. Eine andere Darstellung forderte, dass der Erste Mai nicht Feiertag, sondern ein Tag der „Intensivierung der Produktion“ sein solle.

Manchmal setzten spanische Aktivisten exzessives Trinken und Faulheit mit Sabotage und gar Faschismus gleich. Ein Plakat der CNT, das in Barcelona für das Departamento de orden público de Aragon hergestellt wurde, stellte einen dicken Mann dar, der eine Zigarette raucht und sich, scheinbar auf dem Land, gemütlich ausruhte. Die Farben dieses Werkes waren andere als die der meisten Plakate: die Gestalt war nicht rot oder schwarz, sondern gelb und reflektierte die Farbtöne des sonnigen Spanien. Am unteren Rand stand zu lesen: Der faule Mann ist ein Faschist. Ein weiteres CNT-Plakat, wiederum für die Genossen in Aragonien, zeigte ebenfalls einen Mann, der eine Zigarette rauchte – ein Symbol, da mag man spekulieren, für Gleichgültigkeit und Frechheit, denn engagierte Arbeiter und Soldaten wurden nicht rauchend gezeigt. Dieser Mann war von großen Weinflaschen umgeben, und das Plakat führte den Schriftzug: „Ein Betrunkener ist ein Parasit. Schalten wir ihn aus.“

In einer Zeit, in der die Drohung mit Eliminierung nicht immer nur ein Ausspruch blieb und in der Arbeitslager für Feinde und Teilnahmslose durchaus in Betrieb waren, war diese Zeile besonders starker Tobak. Sowohl Marxisten als auch Anarchosyndikalisten standen den Unproduktiven feindlich gegenüber.

Eine Vielzahl von Plakaten griff das Problem der Gleichgültigkeit der Arbeiter auf. Eines zeigte eine starke rote Gestalt, die mit einer Schaufel im Boden grub und Arbeiter bat, sich freiwillig den Arbeitsbrigaden anzuschließen. Viele dieser Brigaden wurden 1937 obligatorisch. Ein anderes Plakat, aus Madrid, forderte versehrte Veteranen auf, den Kampf durch Arbeit in den Fabriken zu unterstützen und damit bisher unverletzte Arbeiter für den Kampf freizusetzen. Ein drittes enthielt den sehr direkten Aufruf: „Arbeiter, Arbeite und Wir werden siegen.“

Es zeigte eine rote Gestalt mit freiem, gut gebauten Oberkörper, Schmied oder Metallarbeiter, zu dessen Füßen eine Reihe von Soldaten ihre Waffen auf den Feind abfeuerte.“ (S. 161-165)

Als Gegen die Arbeit im Jahr 1991 veröffentlicht wurde, forderten seine ikonoklastischen Thesen alle drei in den Achtzigerjahren maßgeblichen Schulen angloamerikanischer Arbeitergeschichtsschreibung in die Schranken: Marxismus, Modernisierungstheorie und Kulturalismus. Die Marxisten (E. P. Thompson, Eric Hobsbawm und Herbert Gutman) postulierten die fortschreitende Entwicklung des Klassenbewusstseins, welche die ArbeiterInnen und ihre VertreterInnen in die Lage versetzen würde, die Produktivkräfte effizient zu verwalten. Die Modernisierungstheoretiker (Peter Stearns und Charles Tilly) gingen davon aus, dass sich die ArbeiterInnen an die Industriegesellschaft anpassen und allmählich die von mir als Widerstand gegen die Arbeit oder Arbeitsverweigerung bezeichneten Handlungsweisen ablegen würden -Streiks, Bummelei, Blaumachen, Krankfeiern, Zuspätkommen, Klauen und Sabotage. Die Kulturalisten (Gareth Stedman Jones und die Postmodernisten) argumentierten, dass die Sprache die Arbeit für die ArbeiterInnen sinnvoll mache.

Gegen die Arbeit versuchte zu zeigen, dass keine dieser Theorien in der Lage war, den andauernden Widerstand der ArbeiterInnen gegen die Arbeit zu erklären. Ich hatte das Wort Widerstand mit Bedacht gewählt, ich war mir seiner antifaschistischen politischen Bedeutung voll bewusst.

Der Faschismus deutscher, italienischer und anderer Ausprägungen ist dem Kommunismus in seiner Vergöttlichung der Arbeit durchaus ähnlich. Wie der Kommunismus glorifiziert der Faschismus den Arbeiter, um ihn stärker auszubeuten.

Die Arbeitsverweigerungsformen der ArbeiterInnen waren größtenteils gewaltfrei im Sinne der „materialistischen Gewaltlosigkeit“. Indem sie die Fabrik- und Verwaltungshierarchien in Frage stellten, waren sie zugleich implizit und explizit egalitär.

Selbstredend ist jeder Streik eine Weigerung, Lohnarbeit auszuführen. Andere Formen des Widerstands gegen die Arbeit wiederholen diese Verweigerungen in dem Versuch, Arbeitsplatz und Arbeitszeit zu meiden. Sie negieren tatsächlich auf Graswurzelebene die Bedingungen der Lohnarbeit.

Paradoxerweise wurden diese Verweigerungen Ende der 30er-Jahre unter den Volksfrontregierungen in Frankreich und Spanien, genauer gesagt von 1936 bis 1938 in Barcelona und Paris, als die Linke die politische Macht in den Händen hielt, fortgesetzt oder sogar verstärkt.

Gegen die Arbeit setzte sich mit den Gesellschaftstheorien François Guizots und Karl Marx‘ auseinander. Beide untersuchten die Herausbildung sozialer Klassen und die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen.

Die Spanische Revolution und der Bürgerkrieg brachen im Juli 1936 in einem Land aus, in dem, ähnlich wie in Russland und China, die Bourgeoisie schwach gewesen war, unfähig, die „bürgerliche Revolution“, d.h. die Schaffung eines geeinten Nationalstaats, die Entwicklung der Produktionsmittel und die Trennung zwischen Staat und Kirche sowie zwischen Militär und Zivilregierung, zu vollenden.

In Barcelona übernahmen revolutionäre AnarchosyndikalistInnen, KommunistInnen und SozialistInnen die Leitung der Fabriken, sahen sich jedoch mit Streiks, Bummelei, Blaumachen, Krankfeiern, Gleichgültigkeit und geringer Produktivität seitens der gewöhnlichen ArbeiterInnen konfrontiert.

Die Militanten der Parteien und Gewerkschaften beantworteten den Widerstand der ArbeiterInnen mit den gleichen repressiven Mitteln wie zuvor die Kapitalisten: Der Lohn wurde an die Produktivität geknüpft und Fehlzeiten am Arbeitsplatz wurden bestraft. In vielerlei Hinsicht wiederholten die ArbeiterInnen und Führungskräfte während der Spanischen Revolution damit die Erfahrungen ihrer sowjetischen KollegInnen während und nach der Russischen Revolution. (7)

Die Volksfront in Frankreich – eine Koalition der Sozialisten, Kommunisten und zentristischen Radikalen – war, anders als in Spanien, nicht revolutionär, sondern reformistisch.

Die französische Bourgeoisie hatte das Modell der „bürgerlichen Revolution“ geschaffen, indem sie die Nation geeint, ein neues Verhältnis zwischen Religion und Staat eingeführt und die Produktivkräfte stetig entwickelt hatte.

Die Militanten der französischen Arbeiterklasse hatten andere Pläne als die Vollendung einer Revolution der Mittelschicht. Nach dem Wahlsieg der Volksfrontkoalition brach Mitte Mai 1936 eine Welle von Fabrikbesetzungen los, welche insbesondere die Region um Paris betraf:

„Als sie ein günstiges politisches und gesellschaftliches Klima verspürten, verließen viele Arbeiter – manchmal angeführt von Basisaktivisten der CGT oder des PCF, manchmal auf eigene Initiative hin – im Mai und Juni 1936 unerwartet ihre Maschinen oder legten ihre Werkzeuge nieder. Wie ein Historiker der Volksfront anmerkt: ‚Die einzig befriedigende These ist […] die einer weitgehend spontanen Bewegung: Daher [rührte] ihre unerhörte Bedeutung – nahezu zwei Millionen Streikende. Daher auch das besonnene Verhalten der Arbeitgeber, die mit dem Strom schwammen, ohne einen Versuch ihn aufzuhalten.‘ Die Arbeiter waren glücklich, ja freudig, die Arbeit zu beenden und ergriffen die Gelegenheit, mit ihren Kollegen in den stillen Fabriken zu entspannen und manchmal auch Liebesaffären zu beginnen (Frauen stellten mehr als 20 Prozent der Arbeitskräfte in der Metallverarbeitung). Obwohl viele Besetzungen spontan entstanden, begannen CGT-Aktivisten bald, die Streikenden zu organisieren und Forderungen zu formulieren. Aktive Gewerkschafter sorgten mit Unterstützung der sozialistischen und kommunistischen Rathäuser für die Sicherheit und Verpflegung der Arbeiter.“ (S. 326-327)

Im Juni 1936 wurde Léon Blum, der Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Premierminister und gewährte den französischen ArbeiterInnen höhere Löhne, die Vierzig-Stunden-Woche und zwei Wochen bezahlten Urlaub.

Die Lohnabhängigen aber wollten mehr. Von 1936 bis 1938 führten sie einen Guerillakrieg gegen die Arbeit. In vielen wichtigen Pariser Fabriken sank die Produktivität, während der Einfluss der Gewerkschaftsaktivisten in den Belegschaften zunahm. Die Gewerkschafter setzten niedrige Produktionsquoten durch; somit wurde die Akkordarbeit ineffektiv.

Die geringen Produktionsmengen schufen für Blums Regierung und die Volksfront gewaltige politische und wirtschaftliche Probleme. Insbesondere die Verzögerungen bei der Fertigstellung zahlreicher Pavillons für die Pariser Weltausstellung 1937, die doch als Frankreichs großer Auftritt auf der globalen Bühne gedacht war, brachten Blums Regierung in größte Verlegenheit.

Offizielle Vertreter der Volksfrontparteien und Gewerkschaften appellierten unentwegt an die ArbeiterInnen, sich mehr anzustrengen, um das Projekt rechtzeitig abzuschließen.

„Doch trotz aller öffentlichen Appelle ging die Produktion wie in Barcelona nur schleppend voran. Am 1. Februar 1937 richteten sich die wichtigsten Anführer der Volksfront gemeinsam an die versammelten Arbeiter der Weltausstellung. Blum erklärte: ‚Die Ausstellung wird ein Triumph der Arbeiterklasse, der Volksfront und der Freiheit sein. Sie wird zeigen, dass ein demokratisches Regime der Diktatur überlegen ist. […] Die Reputation der Volksfront steht auf dem Spiel und ich sage euch ganz ehrlich, dass Samstags- und Sonntagsarbeit notwendig ist.‘ Der CGT-Vorsitzende Léon Jouhaux sagte der Menge, dass ‚Opfer gebracht werden‘ müssen. Marcel Gitton, einer der höchsten PCF-Funktionäre, wandte sich an das Publikum: ‚Die Ausstellung wird am 1. Mai eröffnen, dem Tag der Arbeit (fête du travail). Ihr Erfolg wird die Volksfront stärken. Die Ausstellung wird ein Sieg tausender Arbeiter und all der arbeitenden Massen sein. Die Feinde der Volksfront lechzen nach dem Scheitern der Ausstellung. Die Arbeiter wollen, dass sie ein unerhörter Erfolg wird.‘

Ungeachtet der Appelle und Mahnungen der Führer eröffnete die Ausstellung mit großer Verspätung. Die CGT weigerte sich, die 40-Stunden-Woche zu verlängern. So mussten zwei oder drei Schichten pro Tag organisiert werden.

Die Arbeitsleistung dieser Zusatzschichten sank aufgrund verschiedener Faktoren beträchtlich. Erstens führte der Facharbeitermangel zur Einstellung unerfahrener Arbeiter für die zweite und dritte Schicht. Die CGT billigte diese Praxis vorbehaltlos und untersagte den Unternehmern sogar, einige ihrer qualifiziertesten Arbeiter einzusetzen, weil diese nicht zur Gewerkschaft gehörten.

Von den vier Zementarbeitern, die eine Firma einstellen musste, hatte nur einer wirkliche Erfahrung. Viele der Arbeiten der zweiten und dritten Schicht waren schlecht ausgeführt und mussten nochmals gemacht werden. Zweitens hatte die Nachtschicht naturgemäß Probleme mit dem Licht und ihre abweichende Arbeitszeit war typischerweise viel weniger produktiv als die Tagschichten. Drittens widersetzten sich die Gewerkschaften dem Einsatz technisch fortschrittlicher Methoden und bevorzugten handwerkliche Techniken, um Arbeitsplätze zu schaffen. Sie verweigerten zum Beispiel den Einsatz von Farbspritzmaschinen.

Faktisch unterbanden die CGT-Delegierten auf der Ausstellung die Wochenendarbeit weitgehend, obwohl hochrangige CGT-Funktionäre versprochen hatten, Samstags- und Sonntagsarbeit im Rahmen der 40-Stunden-Woche zu erlauben. Die Delegierten und Arbeiter ignorierten die Aufrufe sowohl der CGT als auch der Humanité, dass Wochenendarbeit notwendig sei, um die Ausstellung rechtzeitig zu eröffnen. Einige Wochen nach Blums Rede bestand ein Delegierter der Zimmerleute darauf, dass am Samstag und Sonntag nicht gearbeitet wird. Den Malern des Amerikanischen Pavillons wurde die Erlaubnis für Wochenendarbeit versagt. Kurz darauf wurde eine elektrische Umspannanlage beschädigt, vermutlich um das Recht auf ein arbeitsfreies Wochenende zu schützen. Dem offiziellen Bericht der Ausstellung zufolge waren die Gewerkschaftsführer nicht in der Lage, ihre Versprechen der Wochenendarbeit „einzulösen“: „Selbst wenn eine Verständigung [über die Wochenendarbeit] erreicht wurde; […] am folgenden Samstag untersagte eine gegenteilige, oft unerklärliche Anweisung den Arbeitern das Betreten der Baustelle.“ Zudem weigerten sich die Arbeiter die Tage nachzuarbeiten, die aufgrund schlechten Wetters oder durch Feiertage unter der Woche verloren gingen.“ (S. 385-387)

Die zentristische Partei der Radikalen, die Königsmacherin der Regierungskoalition, entfremdete sich der Volksfront – in ihren Augen war sie für die niedrige Produktivität und die in der Folge einsetzende Inflation verantwortlich.

Die Parteien der Mitte und der Rechten waren der Auffassung, die geringe Produktivität im Luftfahrtsektor schade der französischen Verteidigungsfähigkeit, da die deutschen ArbeiterInnen unter der Naziherrschaft fünfzig bis sechzig Stunden pro Woche arbeiteten, die französischen dagegen nur vierzig.

Krieg und Kriegsgefahr bedeuten grundsätzlich mehr Arbeit – und höheren Produktivitätsdruck für die ArbeiterInnen.

Im Angesicht der wachsenden Macht der Deutschen und der steigenden Inflation übernahm schließlich die Rechte die Regierungsgewalt und besiegelte im November 1938 das Ende der Volksfront, indem sie einen Generalstreik zur Verteidigung der Vierzig-Stunden-Woche niederschlug.

Die Geschichte von Workers against Work

Gegen die Arbeit kam zu dem Schluss, dass es angesichts der während der 30er-Jahre in Barcelona und Paris gemachten Erfahrungen schwierig, wenn nicht sogar unmöglich sein würde, eine Arbeiterdemokratie am Arbeitsplatz aufzubauen.

Das Buch versuchte auch einen Beitrag zur Staatstheorie zu leisten, indem es die These vertrat, es bedürfe eines mächtigen und potentiell repressiven Staates, um die Arbeiter zum Arbeiten zu bringen. In den 1930er-Jahren lebte der Widerstand gegen die Arbeit in geschwächten oder nachgiebigen Staaten auf; repressive Staaten hingegen – bürgerliche wie proletarische – dämmten die Verweigerungen ein. Obwohl Parteien der Arbeiterklasse und Gewerkschaften an der Regierung waren, widersetzten sich die ArbeiterInnen den Zwängen von Arbeitsraum und Arbeitszeit.

In Frankreich führte der Widerstand gegen die Arbeit sogar zu wachsender Unterstützung des Faschismus und der extremen Rechten durch die Vorarbeiter und Manager, deren Anweisungen die ArbeiterInnen während der Volksfront missachtet hatten.

In diesem Sinne war der Faschismus eine ins Extreme übersteigerte Arbeitsideologie.

Die englische Originalausgabe von Gegen die Arbeit erschien 1991 unter dem Titel Workers against Work und wurde uneinheitlich aufgenommen.

Das akademische Interesse verebbte schon bald nach der Veröffentlichung; im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts jedoch erregte das Buch unter Libertären und MarxistInnen erneut Aufmerksamkeit. Inzwischen ist es in fünf Sprachen übersetzt worden.

Die neuerliche Auseinandersetzung mit Gegen die Arbeit entsprang einem in der radikalen Linken vorhandenen Wunsch, ihre Theorien einerseits zu verteidigen und andererseits zu revidieren.

Anders als frühere Generationen von Linken, die davon ausgingen, dass die ArbeiterInnen für die Revolution arbeiten würden, sind sich viele ihrer heutigen Erben darüber im Klaren, dass das größte Problem vielleicht nicht darin bestehen könnte, die Bourgeoisie zu stürzen, sondern darin, die Lohnabhängigen dazu zu bringen, für die Sache zu arbeiten.

Diese Linken waren in viel höherem Maße als so mancher Wissenschaftler bereit, die These von Gegen die Arbeit zu akzeptieren, dass die ArbeiterInnenbewegung oftmals in dem Bemühen der Basis bestand, sich dem Arbeitsplatz und der Arbeitszeit zu entziehen.

Neue Elemente der radikalen Linken – Gimenologues und Échanges in Frankreich, Wildcat und Graswurzelrevolution in Deutschland – begrüßten die Infragestellung des Produktivismus, ob er nun der kapitalistischen, der anarchistischen oder marxistischen Tradition entstammte.

Eine neue Generation von Feministinnen – einige ihrer älteren Schwestern waren dem Buch anfangs recht kritisch gegenüber gestanden – wusste die Anerkennung zu schätzen, die Gegen die Arbeit der besonderen Rolle der Frauen als Widerständlerinnen entgegenbrachte, insbesondere ihren hohen Fehlzeiten und ihrer relativ geringen Identifikation mit dem Arbeitsplatz. (8)

Indem es den Produktivismus kritisch hinterfragt, ist Gegen die Arbeit nicht nur in der Lage, männlichen und weiblichen Lohnabhängigen eine gemeinsame Plattform zu bieten, sondern auch Übereinstimmungen zwischen der ArbeiterInnen- und der Ökologiebewegung zu entdecken, die ja für gewöhnlich als Gegnerinnen gelten.

Man kann die Zurückweisung der Lohnarbeit durch die ArbeiterInnen in den 1930er-Jahren durchaus als Vorläuferin der Ökologiebewegung betrachten.

Während der Fabrikbesetzungen im Frühjahr 1936 unterbrachen die ArbeiterInnen die Fertigung von Automobilen – den zentralen Konsumgütern der Konsumgesellschaft – und fanden sich statt dessen in der Fabrik in kleinen Gruppen zusammen, aßen und plauderten.

„Musik, Gesang und Lachen“ ersetzten „das unbarmherzige Dröhnen der Maschinen“. (9)

Diese dramatische Veränderung kann als Vorwegnahme einer ökologischen Stadtutopie interpretiert werden.

Die Geschichte von Gegen die Arbeit ist ein Beispiel für die Wechselfälle intellektueller Produktion und Rezeption.

Ein in der akademischen Welt in den USA der frühen 1990er-Jahre mit gemischten Kritiken bedachtes Werk wurde eine Generation später in anderen Ländern mit mehr Begeisterung aufgenommen.

Die Geschichte der Arbeit ist zu ihren im frühen 19. Jahrhundert liegenden, unakademischen Wurzeln zurückgekehrt – sowohl bei den „utopischen“ als auch bei den „wissenschaftlichen“ TheoretikerInnen der Arbeiterklasse.

(1) Der Autor dankt dem "Faculty Friday"-Seminar der Historischen Fakultät der UNCW und besonders seinem Veranstalter Mark Spaulding sowie dem von Jim Winders und Don Reid veranstalteten Triangle Area French Cultural Studies Seminar für die dort geäußerten Anmerkungen und Fragen zu früheren Versionen dieses Essays.

(2) Alexis Chassagne und Gaston Montracher, La fin du travail (Paris : Stock, 1978); Le refus du travail, Échanges et Mouvement (Paris 1977?); Bruno Astarian, Aux origines de l'antitravail (Paris : Echanges et Mouvements, 2005) ; Danièle Auffray, Thierry Baudouin, Michèle Collin, Le travail, et après (Paris : J. P. Delarge, 1978). Siehe auch Jacques Guigou und Jacques Wajnsztejn, Mai 1968 et le mai rampant italien (Paris : L'Harmattan, 2008), 150.

(3) Antoine Prost, La CGT à l'époque du front populaire: 1934-1939. Essai de description numérique (Paris : Presses de la Fondation nationale des sciences politiques, 1964); Rolande Trempé, Les mineurs de Carmaux, 1848-1914 (Paris : Les Editions Ouvrières, 1971); Yves Lequin, Les ouvriers de la région lyonnaise (1848-1914), (Lyon : Presses universitaires de Lyon, 1977).

(4) Michelle Perrot, Les ouvriers en grève: France 1871-1890, 2 Bde. (Paris: Mouton, 1974); Michel Foucault, Discipline and Punish: The Birth of the Prison, übs. von Alan Sheridan (New York: Pantheon Books, 1977).

(5) Foucault, zit. n. Richard Wolin, The Wind from the East: French Intellectuals, the Cultural Revolution, and the Legacy of the 1960s (Princeton: Princeton University Press, 2010), 308; Michel Foucault, Foucault Live (Interviews, 1961-1984), (New York: Semiotext(e), 1996), 75.

(6) Richard Gombin, The Origins of Modern Leftism, übs. von Michael K. Perl (Harmondsworth: Penguin, 1975).

(7) Wendy Z. Goldman, Women at the Gates: Gender and Industry in Stalin's Russia (New York: Cambridge University Press, 2002); Donald Filtzer, "Labor Discipline, the Use of Work Time, and the Decline of the Soviet System, 1928-1991," International Labor and Working Class History, no. 50 (Herbst 1996), 9-28.

(8) Zur anfänglichen Kritik vgl. die Rezensionen von Workers against Work von Helen Graham, International Review of Social History, XXXVII, 1992, 279-280, und Pamela Beth Radcliff, Labor History (Frühjahr/Sommer 1993), vol. 34, 2/3, 416-418. Eine spätere Würdigung findet sich in "Women's Subversive Individualism in Barcelona during the 1930s," International Review of Social History, XXXVII, 1992, 161-176. Elektronische Veröffentlichung (Juni 1999) durch Collective Action Notes unter www.geocities.com/CapitolHill/Lobby. Ins Französische übersetzt durch den Cercle Social (2002) www.geocities.com/demainlemonde/individualism.htm. Diese französische Übersetzung ist auf etwa einem Dutzend Webseiten reproduziert worden. Des Weiteren wurde der Autor von einer marxistisch-feministischen Gruppe eingeladen, auf der im Mai 2011 in New York City veranstalteten Historical Materialism Conference über Workers against Work zu sprechen.

(9) Simone Weil, La condition ouvrière (Paris 1951), 231.