Konzerte, Vorträge, Workshops, Diskussionen, Comic-Ausstellung, Filme, ... Die Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft feiert ihren 40. Geburtstag im Rahmen einer kleinen Konferenz. Ihr seid herzlich eingeladen, mitzufeiern.
Das aktualisierte Programm
Findus, Andi Wolff, Daniel Daemgen und Robert Krieg: Comicausstellung ab dem 5. September 2012
40 Jahre Graswurzelrevolution heißt auch 40 Jahre politische Karikatur mit libertärem Anstrich. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts wird die Graswurzelrevolution nicht zuletzt auch durch die beiden Comiczeichner Andi Wolff und Findus zeichnerisch geprägt. Im Rahmen der Festlichkeiten zum 40jährigen Bestehen der GWR sind Zeichnungen und Comics der beiden in einer Sonderausstellung zu sehen. Die Ausstellung wird schon ab dem 5. September im ESG-Foyer und im Café Die Weltbühne zu sehen sein.
Infos:
www.andi-wolff.de
www.graswurzel.net/verlag/findus.shtml
… und über uns kein Himmel
Graphic Novel von Daniel Daemgen und Robert Krieg
In der Ausstellung zu sehen sind auch Bilder aus der Graphic Novel … und über uns kein Himmel. Dieses Werk von Daniel Daemgen und Robert Krieg erscheint im Oktober im Verlag Graswurzelrevolution. Die Graphic Novel basiert auf einem authentischen, exemplarischen Fall. Sie erzählt die Odyssee von Fritz Blume (Name geändert) durch Heime der Öffentlichen Fürsorge von 1936 bis 1953. Für das NS-Regime waren Kinder, die in Waisenhäusern aufwuchsen, „nutzlose Esser“, die von der Gesellschaft durchgefüttert werden mussten. Sie galten als „sozial minderwertig“. Wenn ein Psychiater einen Fürsorgezögling beurteilte und in einem Gutachten für geisteskrank erklärte, konnte das einem Todesurteil gleichkommen. Wie durch ein Wunder überlebte Fritz Blume die Anstalten – im Gegensatz zu den rund 200.000 Menschen, die bis 1945 der „Rassenhygiene“ und der „Vernichtung unwerten Lebens“ zum Opfer fielen. Kriegsende und Zusammenbruch des Nazi-Regimes änderten kaum etwas an den Zuständen in den Heimen und Anstalten. Die der Zwangspsychiatrisierung Ausgelieferten hatten jenseits der Mauern keine öffentlichen FürsprecherInnen. Fritz Blume gehört zu den wenigen, die sich nicht scheuten, das begangene Unrecht selbst öffentlich zu machen und Entschädigung zu fordern. Er verschaffte sich Gehör in einer Nachkriegsgesellschaft, die bis 1975 die Misshandlung „sozial Minderwertiger“ stillschweigend duldete.
Freitag, 7. September
ab 16 Uhr: Ankommen/Begrüßung/Gespräche/Schlafplatzbörse
18.00 Uhr (Aula): Eröffnung der GWR-Konferenz
Ab 19.00 Uhr (Aula): Konzerte
Duo Contraviento
Das Duo Contraviento (Isabel Lipthay/Chile und Martin Firgau/BRD) besteht seit 1986. Das Repertoire umfasst Stücke verschiedener lateinamerikanischer AutorInnen, ergänzt durch eigene Kompositionen. Sie verwenden Gitarre, Stimme, lateinamerikanische und afrikanische Instrumente. Oft arbeiten sie thematisch in Verbindung mit Musik, Texten von Isabel und Projektionen zu Themen wie Krieg & Frieden, Diktatur & Menschenrechte, Spanischer Bürgerkrieg, …
Infos: www.contraviento.de
Klaus der Geiger & die Shanti-Brothers
Deutschlands bekanntester Straßenmusiker fidelt und singt zusammen mit den Shanti-Brothers.
„Nein, nein, wir wollen nicht eure Welt, wir wollen nicht eure Macht und wir wollen nicht euer Geld, wir wollen nichts von eurem ganzen Schwindel hören, wir wollen euren Schwindel zerstören!“ Deutschlands bekanntester Straßenmusiker (geb. 1940) fidelt und singt seine Lieder von Widerstand, von der „Lust auf Leben, Lust auf Liebe, Lust auf Lust, und auch auf die Anarchie“. Bei den Feiern zum 30. GWR-Geburtstag 2002 in Münster und bei der 35 Jahre GWR-Konferenz 2007 in Könnern gehörten die Auftritte des libertären Liedermachers aus Köln zu den Höhepunkten.
Infos:www.klausdergeiger.de
Samstag, 8. September
10.00 – 17.00 Uhr, 3 Gruppen à 5 Personen für je 2 Stunden
Schnupperklettern
Immer wieder gelingen spektakuläre Aktionen gegen Atomkraft, Flughaufenausbau oder Braunkohleabbau durchs Erklettern oder Abseilen von Bäumen oder Gebäuden. Um mal auszuprobieren, wie sich das anfühlt und ob das eine Aktionsform für euch ist, könnt ihr beim Schnupperklettern vorbei kommen.
Mit Eichhörnchen, Irene u.a.
10.00 – 11.30 Uhr (Aula):
Albert Camus und seine Vorstellung von gewaltfreier Revolte (Vortrag & Diskussion)
Albert Camus ist eine von vielen Referenzpersonen für die Strategie der gewaltfreien Revolution. Er hat seine eigene Position von kritischer Gewaltbefürwortung während der französischen Résistance zu einem gewaltfreien Revolte-Konzept in den Fünfzigerjahren weiterentwickelt. Im Vortrag werden Camus‘ Positionsentwicklung, seine Vorstellung von Revolte, der Zusammenhang von Revolte und Revolution sowie sein Konzept des mittelmeerischen Denkens – einer Anwendung freiheitlicher Kulturvermischung ähnlich dem Konzept von Rudolf Rocker in „Nationalismus und Kultur“ – dargestellt. Im Anschluss wird anhand seiner Unterstützung der historisch unterlegenen antikolonialen Unabhängigkeitsströmung des Messalismus in Algerien sein Lösungsversuch einer algerischen Föderation vorgestellt und es werden aktuelle Parallelen zur maghrebinischen Frauenbewegung und zu den arabischen Aufständen gezogen, die dann diskutiert werden sollen.
Referent: Lou Marin (Marseille).
Buch: Lou Marin: Ursprung der Revolte. Albert Camus und der Anarchismus, Verlag Graswurzelrevolution
10.00 – 11.30 Uhr (Clubraum 1):
Anarchismus und Christentum
Vortrag & Diskussion mit GWR-Mitherausgeber Sebastian Kalicha
„Biblisches Gedankengut führt direkt zum Anarchismus“ hatte der Philosoph und christliche Anarchist Jacques Ellul einmal gesagt. Der Vortrag geht der Frage nach, worauf sich derartige Aussagen gründen und wie libertäres Christentum aussehen kann.
10.00 – 11.30 Uhr (Clubraum 2):
„Queer“ radikal anders denken & leben – Gegen das Ein-Sortieren und die Diskriminierung von Anderssein.
Kann der Ansatz Queer auch auf die Überwindung ausschließender Normen in andere Bereiche (Healthism/Lookism/Klassismus/…) ausgeweitet werden? Kann dies alles zusammengedacht werden? Was würde das für eine anarchistische Praxis und Utopie bedeuten? Workshop mit Jörg Djuren
11.45 – 13.15 Uhr (Aula):
Occupy Anarchy! – Libertäre Interventionen in eine neue Bewegung
Die Infogruppe Bankrott hat Stellungnahmen US-amerikanischer Anarchist_innen gesammelt und jetzt unter obigem Titel im Verlag Edition Assamblage herausgegeben. Buchvorstellung mit Übersetzer_innen und Herausgeber_innen.
11.45 – 13.15 Uhr (Clubraum 1):
Gerechter Krieg?
Der Workshop dient zur Auseinandersetzung mit der Ideologie des gerechten Krieges, mit der Kriegsführung und Militärinterventionen der NATO-Staaten seit dem Ende des Ost-West Konflikts und den Balkankriegen in den westlichen Gesellschaften etabliert wurden. Auf der UN-Ebene wird von der „Responsibility to Protect“ (Schutzverantwortung) als Grundlage für militärisches Eingreifen in innerstaatliche Konflikte gesprochen. Diskutiert werden sollen u.a. der Zweite Weltkrieg als Paradigma des gerechten Krieges und antimilitaristische Strategien gegen kommende „humanitäre Interventionen“. Wie verhalten wir uns gegenüber Bürgerkriegen oder „Völkermord“ in anderen Ländern? Referenten: Daniel Korth / Harmut Linne
11.45 – 13.15 Uhr (Clubraum 2):
Was ist eigentlich Pazifismus? Was ist Antimilitarismus?
In der Buchreihe theorie.org vom Schmetterling Verlag wird zum GWR-Kongress das Buch „Pazifismus u. Antimilitarismus – eine Einführung in die Ideengeschichte“ vorliegen. Der Autor Wolfram Beyer, Mitglied der Internationale der Kriegsdienstgegner/innen (IDK), wird sein Buch vorstellen, dabei wird er den Schwerpunkt auf die gewaltfreie Aktion legen.
13.15 – 14.15 Uhr: Mittagspause
14.15 – 16.00 Uhr (Aula):
Leben und Werk Clara Wichmanns; Gewaltlose Anarchistin und Antimilitaristin. Referentin: Renate Brucker
14.15 – 16.00 Uhr (Clubraum 1):
40 Jahre Graswurzelrevolution, 150 Jahre Anarchismus und libertäre Presse
Von der Freiheit zur graswurzelrevolution. GWR-Koordinationsredakteur Bernd Drücke beleuchtet die Geschichte libertärer Medien und stellt graswurzelrevolutionäre Perspektiven zur Diskussion.
Bücher: Bernd Drücke: Zwischen Schreibtisch und Straßenschlacht? Anarchismus und libertäre Presse in Ost- und Westdeutschland, K&O, Ulm; ja! Anarchismus. Gelebte Utopie im 21. Jahrhundert, Karin Kramer Verlag, Berlin
Film: www.youtube.com/watch?v=7sYLU8Hznl4
14.15 – 16.00 Uhr (Clubraum 2):
Anti-Staatlichkeit heute
In diesem Workshop soll es um 2 Fragekomplexe gehen:
1. Wie hat sich das Verhältnis von Sozialen Bewegungen und Staat verändert? Sind die Sozialen Bewegungen heute weniger anarchistisch und nicht grundsätzlich gegen den Staat? Wird noch daran „geglaubt“, dass sich Staatlichkeit überwinden lässt? Wie hat sich das politische Verständnis der Sozialen Bewegungen selbst verändert? Sind heutige Soziale Bewegungen stärker auf den Staat bezogen, Stichwort NGOisierung? Werden alle Energien dafür gebraucht, Abwehrkämpfe zu führen statt Schritte über die bestehenden Verhältnisse hinaus machen zu können?
2. Ist die repressive Komponente zurückgetreten gegenüber manipulativen Techniken? Im politischen Bereich haben sich manipulative Techniken der Steuerung der öffentlichen Meinung und des Managements von politischen Konflikten entwickelt. Sind diese Formen des Umgangs mit Protestbewegungen „gefährlicher“ weil effektiver als repressive Maßnahmen? Welche Mechanismen sind dort am Werk und wie und worüber wirken sie? These: Stuttgart 21 war die Feuerprobe eines neuen Modells. Sie ist im Sinne der herrschenden Eliten ausgesprochen erfolgreich verlaufen. Gibt es Gegenmittel gegen diese Strategie? Was hat der Staat gelernt, wie müssen die Soziale Bewegungen darauf reagieren?
16.15 – 17.45 Uhr (Aula):
EU-Flüchtlingspolitik, Frauenrechte und Homophobie in Iran
Die Autorin Shaghayegh Zafari lebte bis vor zwei Jahren in Iran. Sie engagierte sich für die Rechte von Frauen und Homosexuellen in ihrem Land. Nachdem sie selbst ins Visier des iranischen Regimes geriet und im Gefängnis saß, flüchtete sie nach Deutschland. Siehe: Interview in GWR 369
16.15 – 17.45 Uhr (Clubraum 1):
Paul Wulf (1921 – 1999) – NS-Opfer, Antifaschist, Anarchist.
Bernd Drücke (Freundeskreis Paul Wulf) erzählt die Geschichte seines Freundes, der 1938 von den Nazis als „Lebensunwerter“ zwangssterilisiert und nach dem Zweiten Weltkrieg antifaschistischer Bewegungsaktivist und zur Stimme der 350.000 zwangssterilisierten NS-Opfer wurde. Thematisiert werden zudem das Projekt „Münsters Geschichte von unten“ und die erfolgreichen Kämpfe für den Erhalt der Paul Wulf-Skulptur und die Umbenennung des nach einem Naziarzt benannten Jöttenwegs in Paul Wulf-Weg.
Exkursion zur Paul-Wulf-Skulptur (am Servatiiplatz/Promenade): Sonntag, 15.30 Uhr.
Buch: Freundeskreis Paul Wulf (Hg.): Lebensunwert? Paul Wulf und Paul Brune. NS-Psychiatrie, Zwangssterilisierung und Widerstand, Verlag Graswurzelrevolution 2007.
Infos: www.uwz-archiv.de
Film: www.youtube.com/watch?v=zz4S5PslkLA
16.15 – 17.45 Uhr (Clubraum 2):
Gewaltfreie Aktionen, gewaltfreie Aufstände, gewaltlose Revolution. Konzeptionen und Strategien der Graswurzelrevolution
Als die Graswurzelrevolution Anfang der 70er Jahre über gemeinsame Ziele und Mittel diskutierte, war der Entwurf eines Manifests für gewaltlose Revolution, der in der War Resisters‘ International (WRI) entstanden war, eine wichtige Anregung unserer Programmatik, die uns von traditionellen PazifistInnen unterschied – ebenso wie von den neoleninistischen Gruppen, die aus der antiautoritären Bewegung hervorgegangen waren. Diese Konzepte waren auch Ergebnisse der Lernprozesse von PazifistInnen in den Bewegungen seit dem 2. Weltkrieg und besonders während des Vietnamkrieges. Ähnlich waren schon in der Entstehungszeit der WRI nach dem Ersten Weltkrieg die Erfahrungen zusammengefasst worden: Es genügt nicht die militärische Gewalt, den Krieg isoliert zu bekämpfen, seine gesellschaftlichen Wurzeln müssen beseitigt werden, deshalb: Revolution.
Natürlich entdeckten wir schnell nicht nur in vielen Bewegungen der 60er Jahre gewaltlos-revolutionäre Elemente, sondern wesentlich früher: Bei den anarchistischen und anarchosyndikalistischen TheoretikerInnen und Massenbewegungen, bei den von Tolstoi inspirierten Gruppen, aber sogar schon bei Etienne de la Boetie, bei den „Wiedertäufern“, den englischen Diggers, den „böhmischen Brüdern“, … – der unterdrückte Strom der Zurückweisung von Gewalt als Struktur wie als Handlung. Und es kamen neue Kritiken der Gewalt hinzu (Sexismus), alte wurden wieder wichtiger (Rassismus), wir lernten mit den sozialen Bewegungen. Aber diese Bewegungen sind immer voller Widersprüche, oft reproduzieren sie auch unterdrückerische und scheinbar „effektive“ Praktiken, etablieren sich und bleiben Teil der ursprünglich abgelehnten Strukturen.
Deshalb propagieren wir seitdem Formen des Widerstands und der Revolte, die das Ziel der Herrschaftslosigkeit schon in den Mitteln vorwegnehmen, die den Bürgerkrieg und militärisch-hierarchische Formen vermeiden, eine solidarisch-befreiende Praxis entwickeln wollen – auf Massenebene. Dabei spielt immer die Neutralisierung und Schwächung und Ent-Legitimierung der herrschenden Gewalt und ihrer Organe die entscheidende Rolle, also der Antimilitarismus. Erfahrungen mit gewaltlosen Massenbewegungen und Aufständen hat es nach den international beachteten Durchbrüchen der Machtentfaltung ohne Gewalt in Indiens Kampf gegen den britischen Kolonialismus (Gandhi, nicht allein!) und der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung noch sehr viele gegeben. Das Arsenal der zivilen Widerstandsformen und der Erfahrungen mit zivilem Ungehorsam ist seitdem in vielen neuen sozialen Bewegungen und Kämpfen gegen Diktaturen enorm erweitert worden. Und doch sind unsere Hoffnungen auf das, was wir für den Kern halten: Dass nicht nur die Regierungen ausgewechselt und die Formen von Ausbeutung und Unterdrückung „verbessert“ werden, sondern eine neue Gesellschaft entsteht, oft enttäuscht worden. Es ist Zeit für einen kritischen Blick zurück und die Frage: Wo stehen wir jetzt? Wie haben sich gesellschaftliche Strukturen und Ausgangsbedingungen der Protest- und Widerstandsbewegungen verändert? Welche Krisen und Zuspitzungen von Konflikten sind in der nächsten Zukunft zu erwarten? Was können und müssen wir tun?
Buch: Johan Bauer: Ein weltweiter Aufbruch!, Verlag Graswurzelrevolution 2010
18.00 – 19.30 Uhr (Aula):
Kontroversen in der Friedensbewegung
Die Friedensbewegung ist gegen den Krieg – darüber ist sie sich einig! Was dem Frieden jedoch schadet bzw. nützt, darüber gehen die Vorstellungen teils extrem auseinander. Vor diesem Hintergrund scheinen in jüngster Zeit Anzahl und Schärfe der Konflikte innerhalb der Friedensbewegung zugenommen zu haben (vgl. GWR 369). Der Vortrag soll deshalb einen Überblick über einige der wesentlichen Debatten und die in diesem Zusammenhang von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) vertretenen Positionen geben. Referent: Jürgen Wagner (IMI).
Infos: www.imi-online.de
18.00 – 19.30 Uhr (Clubraum 1):
Ägyptischer Frühling. Zwischen Revolution und Militärherrschaft. Veranstaltung mit dem ersten ägyptischen Kriegsdienstverweigerer Maikel Nabil Sanad
Durch weitgehend gewaltfreie Massenproteste wurde 2011 der ägyptische Präsident Mubarak entmachtet. Es ist offen, wie das neue Ägypten aussehen wird. Um eine Einschätzung darüber zu erhalten, haben wir Maikel Sanad eingeladen. Er wird mit seinen kritischen Positionen zum Militär, den Aktivitäten in der Demokratiebewegung und seiner Arbeit zu KDV und Menschenrechten ein differenziertes Bild über die Lage in Ägypten liefern. Maikel kritisierte als KDVer die Rolle des ägyptischen Militärs während und nach der Revolution und berichtete auf seinem Blog über vom Militär verübte Menschenrechtsverletzungen. Er wurde daraufhin zu zwei Jahren Haft verurteilt. Nach einer internationalen Kampagne wurde er 2012 vorzeitig begnadigt. Träger der Veranstaltung: GWR, DFG-VK Münster, BSV, Connection e.V.
19.30 – 20.30 Uhr (Clubraum 2)
Der Buchverlag Graswurzelrevolution stellt sich vor
Seit 1998 machen wir als Arbeitsgruppe innerhalb des GWR-HerausgeberInnenkreises auch Bücher, Büchertische bzw. Verlagsstände auf Buchmessen. Wir organisieren Rundreisen mit Buchvorstellungen unserer AutorInnen. In einer lockeren Arbeitsgruppe wollen wir uns mit euch austauschen.
Abendessen
Ab 20.45 Uhr (Aula):
Konzert mit Pit Budde (Ex-Cochise und Songwriter)
Die Folkrockformation Cochise war bis zu ihrer Auflösung Ende der 1980er Jahre eine herausragende Band der Alternativ-Bewegung.
Infos: „Wirklich filmreif, die Geschichte“ (GWR 278)
Sonntag, 9. September
10.00 – 12.00 Uhr (Aula):
Wolf-Dieter Narr: „‚Anarchie ist machbar, Frau Nachbar!‘
Veranstaltung mit Wolf-Dieter Narr,
„Zum laborierenden Laboratorium anarchischer Umgangs- und Organisationsformen inmitten negativer Herrschaftsdialektik heute“
„Anarchie ist machbar, Frau Nachbar!“ war ein oft zu lesender Leitspruch der „Instandbesetzerbewegung“ der 70er Jahre, Anfang der 80er Jahre in West-Berlin. Sie gab es und gibt es auch in anderen Städten und Ländern. Sie dümpelt punktuell in Form besetzter Häuer und meist bald wieder polizeilich zerstörten „Wagenburgen“ dahin. Auch Occupy, eher globallokal, seit 2011 ff. bildet Muster davon nach, angefangen vom Namen selbst. Ich will an diese immer wieder erscheinende, meist weithin eher untergründige Bewegung erinnern. Meine Assoziation soll auf folgende Aspekte aufmerksam machen. Zum einen: soll auf anarchische Motive und sich spontan bildende Knoten aufmerksam gemacht werden. Anarchie ist potentiell und aktuell immer da. Zum anderen soll erkenntlich werden, wie randständig nicht die Motive, jedoch die Aktivitäten bleiben. Sie kommen und verschwinden und kommen wieder.
Die Schlüsselfrage lautet nicht primär: wie lassen sich gegebene herrschaftliche Formen unterwandern, lockern, Nischen finden, anarchische Flechten bilden u. ä. m.? Das auch. Sie lautet: sind anarchische Formen denkbar, und zwar hier und heute und im vorhersehbaren Morgen, an der sich potentiell alle Menschen orientieren können? Unterstellt wird im Sinne einer anthropologischen Prämisse, dass die radikale Erfüllung der Menschenrechte nur unter Bedingungen der Herrschaftsfreiheit möglich wäre.
Siehe Interview mit WD Narr in dieser GWR
10.00 – 12.00 Uhr (Clubraum 1):
Perspektiven und neue Aufgaben der Anti-Atom- und Ökologiebewegung. Die Aktualität von Wachstums- und Produktivitätskritik anhand von Michael Seidmans Thesen in: „Gegen die Arbeit“
Die Anti-Atom-Bewegung hat maßgeblich den Beschluss zur sog. „Atomwende“ erzwungen. Bestimmte Atomanlagen sowie der Technologieexport wurden jedoch von vorneherein ausgeklammert und die tatsächliche Durchführung einer „Energiewende“ wird bewusst verschleppt. Versuchsballons zum Kippen bzw. zur erneuten Verlängerung der Laufzeiten werden von Seiten der Industrie bereits gestartet. Völlig unhinterfragt bleibt bei allem jedoch das Niveau industrieller Produktivität, auf dem diese Energiewende stattfinden soll – symbolisiert durch die Pläne, 4000 km Hochspannungstrassen von der Nordsee bis nach Süddeutschland zu bauen. Die kapitalstisch-industrielle Wachstumspropaganda bleibt ungebrochen. Die Anti-Atom-Bewegung muss perspektivisch ein Bewusstsein dafür aufbauen, dass Negativwachstum und Produktionsrückgang nicht Katastrophenszenarien, sondern erstrebenswerte Utopien in den Metropolen im Rahmen einer ökosozialistischen Utopie sind.
Michael Seidman hat mit seinem Buch „Gegen die Arbeit“ eine antiproduktivistische Geschichtsschreibung begonnen. Der Widerstand der ArbeiterInnen Frankreichs und Spaniens in sozialrevolutionären Umbruchsphasen 1936-38 wird von ihm als historisch erste Ökologiebewegung interpretiert. Die Formen des Widerstands bilden das, was gewaltfreie AnarchistInnen „materialistische Gewaltlosigkeit“ genannt haben; was dann in den Siebzigerjahren die Grundlage der Technologiekritik der Anti-Atom-Bewegung gewesen ist (mit Theoretikern wie Mumford, Illich, Jungk) oder von Betriebsexperimenten wie Lucas Aerospace und LIP – und was heute in Theorien der Antiglobalisierungsbewegung diskutiert wird wie etwa in John Holloways „Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen“.
Referent: Lou Marin.
Buch: Michael Seidman: Gegen die Arbeit, Verlag Graswurzelrevolution 2011
10.00 – 11.30 Uhr (Clubraum 2):
Lebensunwert. Paul Brune. NS-Psychiatrie und ihre Folgen
Der Dokumentarfilm von Monika Nolte und Robert Krieg zeichnet an einem biographischen Beispiel in erschütternder Eindringlichkeit die Geschichte der NS-Psychiatrie nach, aber auch deren dunkle Kontinuitäten bis in die Gegenwart hinein. Filmpräsentation und Diskussion mit den FilmemacherInnen Robert Krieg und Monika Nolte aus Köln.
10.00 – 12.00 Uhr (Clubraum 3):
Die Jugendzeitung utopia – Vergangenheit und Zukunft
112 Seiten im Berliner-Zeitungsformat, 21 Ausgaben, vier Jahre Jugendzeitung utopia von 2007 bis Ende 2011. Dann wurde das Projekt vorläufig eingestellt – nicht weil es keinen Erfolg hatte, sondern weil die Redaktion schlicht zu klein war und zu wenig Zeit für die ehrenamtliche utopia-Produktion hatte. Genügend engagierte Leute zu finden war aber nicht das einzige Problem der utopia – es gab viele Höhen und Tiefen. Im Vortrag wird die Geschichte der gewaltfrei-anarchistischen Jugendzeitung utopia aus erster Hand nachgezeichnet – von der Gründung über die Arbeitsweise der Redaktion bis zum vorläufigen Ende der Zeitung. Anschließend kann über das Zeitungsprojekt diskutiert werden. Wenn sich genügend Interessierte finden soll auch über einen Neustart der Jugendzeitung nachgedacht werden – utopia², vielleicht wird es das schon kurz nach dem Graswurzelfest geben!
Michael Schulze von Glaßer (*1986) war von der ersten bis zur vorläufig letzten utopia-Ausgabe in der Redaktion aktiv und ist als freier Journalist und Fotograf unterwegs.
Mittagspause
14.00 Uhr:
Von Chefteddys und Anarchie: Anarcho-Poetry von und mit Ralf Burnicki
Dass Poesie und Politik sich nicht ausschließen, sondern zwei Seiten eines wachen Bewusstseins sind, dies hat der Anarcho-Poet Ralf Burnicki bundesweit auf zahlreichen Bühnen aufgezeigt. Seit nunmehr 20 Jahren bereichert seine Poetry den anarchistischen Medienwald (siehe auch SYNDIKAL 2012 und Direkte Aktion Nr. 211). Das Motto lautet: Hoch lebe sie – die Anarchie! Und so ist es ihm eine besondere Freude, das 40. Jubiläum der Graswurzelrevolution mit einigen poetischen Highlights mitzufeiern. Ralf Burnicki liest „Anarchie braucht keine Hosenträger“ (Hymne auf die Anarchie), „Countdown“ und „Der Chefteddy“. Die ZuhörerInnen erwartet eine literarische Mischung, die keine Langeweile aufkommen lässt.
Textauszug aus „Der Chefteddy“:
„In Ermangelung von Zuneigung verliebte er sich in sein Spiegelbild und kratzte sich versehentlich einige Erinnerungen auf, was ihn zwar kleiner, jedoch nicht bescheidener werden ließ. Prompt gründete er einen Club der Besserwisser, nur blieben Mitglieder aus, da er alles am besten zu wissen glaubte. Weil die Zeit reif war und die Pubertät neue Temperaturschwankungen anlieferte, befahl der Teddy eines Tages sämtlichen Bauklötzen sich zum Papsttum zu bekennen und ihm stets zu gehorchen“ (Das ging nicht gut…).
14.30 Uhr (Aula): Abschlussplenum, Aufräumen
Im Anschluss, für alle, die noch Lust haben:
15.00 Uhr:
Exkursion zur Paul-Wulf-Skulptur (am Servatiiplatz/Promenade).
Vortrag von Bernd Drücke, der als Mitglied des UWZ-Archiv e.V. mit der Künstlerin Silke Wagner für die skulptur projekte münster 07 das Projekt Münsters Geschichte von unten (www.uwz-archiv.de) entwickelt hat. Anschließend: „Pizza, Pasta, Kunst“-Aktion des Künstlerduos Jaepas gegen die von Reaktionären betriebene Rückumbenennung des Münsteraner „Schlossplatzes“ in „Hindenburgplatz“. Infos: www.jaepas.de
Allgemeines zur GWR-Konferenz
Eintrittspreise: 15 Euro (sozial), 25 Euro (normal), 30 Euro (Soli-Jubiläumspreis) oder mehr, Einzelveranstaltung: je 3 Euro, Konzert: je 5 Euro.
Es gibt eine Schlafplatzbörse, eine Kinderbetreuung (in der hausinternen Kita) und veganes Essen. Damit wir abschätzen können, wie viele Leute zum Fest kommen, meldet Euch bitte an bei: GWR-Redaktion, Breul 43, 48143 Münster. Tel.: 0251/48290-57, Fax: -32, redaktion@graswurzel.net
GWR-Kongress-Plakate könnt Ihr bestellen bei: GWR-Vertrieb, Birkenhecker Str. 11, 53947 Nettersheim, abo@graswurzel.net
Der Kongress wird gefördert durch die Bertha von Suttner Stiftung. Herzlichen Dank.
Mehr Infos: www.graswurzel.net und GWR 370