Ob Angela Merkel, EZB-Chef Mario Draghi und IWF-Chefin Christine Lagarde wohl die Graswurzelrevolution (GWR) abonniert haben, die Monatszeitung für eine gewaltfreie, herrschaftslose Gesellschaft? Schließlich meinte der viel gelesene und diskutierte Anarchist und Ethnologe David Graeber („Schulden“; Rezension in ak 572) kürzlich, die Eliten würden, wenn sie ratlos sind, die Anarchisten fragen.
Während wir die Abofrage nicht zweifelsfrei klären konnten, steht eines jedenfalls fest: Die GWR, die ‚Kleine unter den Großen‘ (Neues Deutschland), feiert in diesem Jahr ihren 40. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!
Es ist kein Zufall, dass ak (gegründet 1971) und GWR fast gleich alt sind. Nach der 68er Revolte stellte sich die Organisationsfrage. Die eine Strömung orientierte sich an Lenins Parteikonzept. Ein anderer Teil wollte aus den Fehlern der kommunistischen Strömung lernen und bezog sich – ganz im Sinne des antiautoritären Aufbruchs – auf die anarchistische Tradition.
1972 war zudem ein besonderes Jahr. Genau 100 Jahre zuvor war im schweizerischen Saint-Imier die Antiautoritäre Internationale gegründet worden, eine Reaktion u.a. von Michael Bakunin und Errico Malatesta auf die von ihnen nicht hinnehmbaren Tendenzen in der Internationalen unter der Führung von Karl Marx. (…) Die GWR war in den 1970er Jahren Teil einer internationalen Graswurzelbewegung, die eine gesellschaftliche Umwälzung zum Ziel hat, ‚in der durch Macht von unten alle Formen von Gewalt und Herrschaft abgeschafft werden sollen‘. Die GWR ist den Themen, die sie seit nunmehr vier Jahrzehnten bearbeitet, treu geblieben: Antimilitarismus und Pazifismus, gewaltfreie Revolte und Widerstand, Feminismus, Antiatomprotest, Ökologie sowie Geschichte des Anarchismus.
Wir wünschen den GenossInnen alles Gute und dass sie weitere 40 Jahre mit uns die ‚Kunst‘ einüben, ’nicht dermaßen regiert zu werden‘. (Michael Foucault)…
Aus: analyse und kritik (ak) 5747, 17.8.2012