Im Februar 2013 hat das Friedensforschungsinstitut SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute) seinen neuen Jahresbericht vorgelegt. Erstmals seit 1994 gingen demnach die Verkäufe der großen Rüstungskonzerne zurück. Die weltweit 100 größten Waffenproduzenten hätten 2011 fünf Prozent weniger umgesetzt als im Jahr zuvor. Zwischen 2002 und 2010 ist der Waffenexport allerdings global um 51 Prozent gestiegen.
Während Konkurrenten in anderen Ländern 2011 einen leichten Waffenexportrückgang verzeichnen mussten, wachsen die deutschen Rüstungsschmieden weiter. 2011 erzielten sie laut SIPRI einen Umsatz von 1,3 Milliarden US-Dollar. Tendenz steigend.
Deutschland ist Träger einer blutverschmierten Bronzemedaille. Nach den USA und Russland ist es der drittgrößte Waffenexporteur der Welt.
„Deutsche Waffen, deutsches Geld morden mit in aller Welt“ ist keine platte Demoparole, sondern bittere Realität. Wenn Menschen, die etwa in Bahrain für eine Demokratisierung demonstrieren, vom saudi-arabischen Terrorregime niedergerollt werden, dann geschieht das voraussichtlich mit Panzern und anderen Hightechwaffen aus deutscher Produktion. Wenn in Bürgerkriegen wie in Libyen, Syrien und Mali Menschen aufeinander schießen, dann machen beide Seiten das häufig mit Waffen von Heckler & Koch. Der Tod ist immer noch ein Meister aus Deutschland. Krieg ist ein brutales und profitables Geschäft auf Kosten der Menschenrechte auf Leben und Unversehrtheit.
Mehr als 6.200 BundeswehrsoldatInnen befinden sich derzeit zur Durchsetzung deutscher Interessen und Absicherung der westlich-kapitalistischen Hegemonie in Kriegseinsätzen in Afghanistan, mit Patriot-Raketen in der Türkei, zur Piratenjagd im Indischen Ozean, demnächst in Mali und rund um den Globus.
Nun möchte offenbar auch der DGB von diesem blutigen Trend profitieren. Am 8. Februar 2013 meldete dpa:
„Berlin. Gewerkschaften und Bundeswehr wollen ihre Zusammenarbeit auf eine neue Grundlage stellen. DGB-Chef Michael Sommer und Verteidigungsminister Thomas de Maizière vereinbarten am Dienstag bei dem ersten Spitzentreffen dieser Art seit 30 Jahren, das Verhältnis von Deutschem Gewerkschaftsbund und Streitkräften mit einer gemeinsamen Erklärung neu auszutarieren. ‚Wir wollen prüfen, in welchem gemeinsamen Geist wir die Zusammenarbeit in die Zukunft tragen‘, sagte de Maizière.
Die Gewerkschaften hatten sich in den 50er Jahren gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands gestemmt und verstehen sich seitdem als Teil der Friedensbewegung. 1981 wurde eine erste gemeinsame Erklärung verfasst, die man als ‚großen Friedensschluss‘ bezeichnen könnte, wie de Maizière sagte. Er betonte, dass sich die Bundeswehr auch als Teil der Friedensbewegung verstehe. Auch Sommer machte deutlich, dass die grundsätzlichen Auseinandersetzungen der Vergangenheit angehörten. Das Verhältnis zwischen den Gewerkschaften und bewaffneten Streitkräften sei lange Zeit historisch belastet gewesen. ‚Das ist es heute nicht mehr.‘
Die neue Erklärung soll grundsätzliche und pragmatische Fragen behandeln: Privatisierung, Ausbildung, Personalentwicklung, aber auch Rüstungsfragen und Rechtsextremismus in der Bundeswehr. Beide Seiten wollen sich mit der Erarbeitung Zeit lassen. Möglicherweise werde die Erklärung erst nach der Bundestagswahl fertig, sagte Sommer.“
„Für die Macht der Reichen gehen sie über Leichen“, betitelte George Grosz eines seiner zeitlosen Kunstwerke. Daran hat sich nichts geändert. Der DGB möchte bei der seit dem Bundeswehrkriegseinsatz gegen Jugoslawien 1999 dramatisch voranschreitenden Kriegstauglichkeitsmachung des Landes nicht mehr am Rande stehen. Dass die Gewerkschaften einst gegen die Wiedereinführung einer deutschen Armee waren, ist heute Schnee von gestern. Heute argumentieren nicht nur IG Metall-Funktionäre mit dem „Standort Deutschland“, der auch militärisch verteidigt werden müsse.
Wäre die Todesstrafe hierzulande nach dem Zweiten Weltkrieg nicht abgeschafft worden, würden Sommer und Co. womöglich nicht davor zurückschrecken, auch eine DGB-Teilgewerkschaft der Henker einführen zu wollen. Warum auch nicht?
Wenn Bundeswehroberst Klein, der in Afghanistan die Bombardierung eines Tanklasters befohlen und damit die Ermordung von 140 Menschen zu verantworten hat, zum General befördert wird, ohne dass es dagegen große Proteste gegeben hätte (vgl. GWR 371).
Sommer und sein Team haben nichts zu befürchten, weil große Teile der Gesellschaft mittlerweile offenbar so abgestumpft sind, dass sie den gewerkschaftlichen Schulterschluss mit dem Militär gut finden. Wenn Krieg Frieden ist, wenn sich Gewerkschafter mehr um die Profite der Rüstungskonzerne sorgen als um die Opfer der in Deutschland produzierten Waffen, warum sollte es dann nicht auch einen Deutschen Militärgewerkschaftsbund (DMGB) geben?!
Vor 30 Jahren, in den Hochzeiten der Friedensbewegung, wäre ein Auftritt wie der von Sommer und de Maizière kaum vorstellbar gewesen. Ein DGB-Vorsitzender, der sich vor den Karren eines Kriegsministers spannen lässt, der einer dreisten Lüge, dass die „Bundeswehr ein Teil der Friedensbewegung“ ist, nicht widerspricht, das wäre damals ein Skandal gewesen. Ein solch Orwellscher Propagandaauftritt hätte bei den damals zahlreichen FriedensaktivistInnen und linken GewerkschafterInnen für Empörung gesorgt.
Dass es heute keinen Proteststurm gibt, zeigt, wie marginalisiert antimilitaristische Positionen mittlerweile in der Bevölkerung sind.
Es liegt auch an uns, das zu ändern. Wir brauchen einen antimilitaristischen „Aufschrei“: Nie wieder Krieg! Waffenexporte stoppen! Militär abschaffen! Verweigert die Munitionsherstellung! Seid Sand, nicht Schmieröl im Tank des Leopard 2!
Anmerkungen
Beteiligt Euch an den Ostermärschen und -aktionen 2013. Infos und Termine siehe: www.friedenskooperative.de/om2013.htm