Am 10. Februar 2013 ist Sigrid Brodrecht friedlich in ihrem Bett eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht. Sie hat seit 2001 in Nettersheim auf Honorarbasis den GWR-Vertrieb gemacht. Ihr Tod ist auch für die Graswurzelrevolution ein großer Verlust. Wir vermissen sie und hoffen, dass wir die graswurzelrevolutionäre Arbeit in ihrem Sinne weiterführen können. Sigis Sohn hat bei der Trauerfeier am 16. März im Friedwald Bad Münstereifel eine bewegende Rede gehalten, die wir hier dokumentieren. (GWR-Red.)
Liebe Verwandte,
liebe Freundinnen und Freunde,
wir wollen heute Abschied von Sigrid Brodrecht nehmen. An einem Ort, der ihr, glaube ich, gefallen hätte. Auf einem erloschenen Vulkan in der Eifel. Der Gegend, in der sie in den letzten Jahre Zuflucht gesucht hat.
Sigrid erblickte am 17. Dezember 1941 im böhmischen Komotau, dem damaligen Sudetendeutschland, das Licht der Welt.
Die ersten Jahre ihrer Kindheit erlebte sie auf der Flucht mit den anderen Frauen der Familie.
Im thüringischen Friedrichroda ging sie zur Grundschule und lernte dort die DDR vor dem Bau der Mauer kennen.
Die Zeichen der Zeit erkennend floh die Hälfte der Familie in die Bundesrepublik. Im nordhessischen Stadtallendorf begann die Familie nun als Vertriebene erneut sich auf neue Verhältnisse einzustellen.
Im Jahre 1962 schloss Sigrid erfolgreich eine Ausbildung zur Elektroassistentin bei der AEG ab. Ein Jahr später heiratete sie unseren Vater und setzte mit ihm zuerst meine Schwester und dann mich in die Welt. Im ersten Jahrzehnt ihrer Ehe scheinen unsere Eltern eine glückliche Beziehung gehabt zu haben, in der sie die wirtschaftlichen Aufstiegschancen der Jahre der Vollbeschäftigung ergriffen.
Ende der 1970er Jahre war nach Vorfällen häuslicher Gewalt aber der Zeitpunkt gekommen sich von unserem Vater zu trennen.
Sie flüchtete mit ihren Kindern nach Meckenheim bei Bonn in die Nähe ihrer Schwester und begann ein neues Leben. Sigrid hatte schon Ende der siebziger Jahre begonnen auf dem Frankfurter Abendgymnasium ihr Abitur nachzuholen. In Bonn führte sie dies fort und konnte 1982 ihr Zeugnis der Reife in den Händen halten.
Die Jahre der Friedensbewegung boten neben der Arbeit als Fremdsprachenkorrespondentin auch die ersten Möglichkeiten, politisch aktiv zu werden.
Ich als Junge freute mich über neue männliche Bezugspersonen, die ich immer gerne ärgerte.
Zu Wendezeiten, als die Kinder aus dem Haus waren, eröffnete Sigrid eines der ersten vegetarischen Restaurants in Bonn.
Leider verkrachte sie sich mit ihrer Mitinhaberin und auch ihr letzter Freund verließ sie.
Sie verkaufte ihre Eigentumswohnung in Meckenheim und wollte sich ein kleines Holzhaus in der Eifel bauen. Mittlerweile war meine Oma ein Pflegefall und Sigrid baute das Holzhaus etwas größer, um ihre Mutter pflegen zu können.
Neben ihren beiden Hunden Luzi und Lobo kamen auch noch mehrere streunende Katzen dazu, deren Namen nur meine Kinder wissen.
Ab 2001 begann sie für den Verlag Graswurzelrevolution in Nettersheim die Aboverwaltung zu übernehmen und hatte trotz ihres Rückzugs in die Eifel noch Kontakte in die Welt.
Wir verabschieden deshalb nicht nur unsere Mutter, Schwester, Tante und Freundin, sondern auch einen politischen Menschen, den wir vermissen werden.