Es ist fünf vor halb acht und ich werde etwas nervös, schließlich soll gleich die Veranstaltung mit dem Maurer, antifaschistischen Widerstandskämpfer und anarchistischen Aktivisten Lucio Urtubia in Mannheim stattfinden, aber es sind erst etwas über zwanzig Menschen da. Es ist die erste von drei Veranstaltungen, die anderen beiden sind in Chemnitz und Erlangen. Ich habe Lucio erst jetzt persönlich kennen gelernt, aber durch das, was ich über ihn gelesen habe und die herzliche Begegnung kann ich ihm nur die allergrößte Aufmerksamkeit wünschen. Aber ich habe mich umsonst gesorgt, die vier veranstaltenden Gruppen "Antifaschistische Initiative Heidelberg", "Libertäre Gruppe Heidelberg", "Anarchistische Gruppe Mannheim" und die "FAU Mannheim" haben engagierte Vorbereitungen getroffen, die viele erreicht haben. Denn mit der ihr eigenen anarchistischen Pünktlichkeit strömen in den nächsten zehn bis fünfzehn Minuten AktivistInnen und andere Interessierte in Mengen herbei und der Saal füllt sich mit weit über hundert Menschen. Begleitet wird Lucio von Alix Arnold, die gekonnt und konzentriert aus dem Spanischen übersetzt. Gemeinsam mit Gabriele Schwab ist sie auch Übersetzerin von Lucio Urtubias Autobiographie "Baustelle Revolution", die im Verlag Assoziation A erschienen ist.
Sofort wird auch etwas anderes klar: Entgegen der Eigeneinschätzung, die er in Buch und Film äußert, ist Lucio ein sehr guter Redner. Er spricht lebendig und kraftvoll, ausdrucksstark mit einprägsamen Sätzen, die den Nagel auf den Kopf treffen: "Was bedeutet Anarchie für dich?" Die Antwort: "Verantwortung". Eine Verantwortung, die er immer gelebt hat und für die er viele Male Freiheit und Leben riskiert hat. Aber lassen wir ihn selbst zu Wort kommen:
Lucio Urtubia: Ich bin hier, weil ich Anarchist bin und weil ich glaube, mit meinen 82 Jahren, dass die Anarchie in der Welt absolut notwendig ist. Wir würden ja gerne auf der Seite einer Regierung stehen, aber das ist nicht möglich, da sie kriminell sind. Das sage nicht nur ich, sondern Machiavelli. Es hat noch nie eine Regierung der Leute gegeben.
In dem Moment, in dem Individuen an die Macht kommen, verfallen sie der Korruption und werden kriminell. Wir hätten gerne eine Lösung dafür, aber bisher hat noch keiner dafür eine Lösung gefunden. Wir wissen nur, wir müssen es selber machen, denn die Leute an der Macht sind unfähig und korrupt.
Die Anarchie ist eine Notwendigkeit auf der ganzen Welt. Ich habe früher überhaupt nichts gehabt, ich war ein armer Schlucker, aber jetzt werde ich überall eingeladen, bin sogar in Universitäten zu Gast. Meine Armut war mein Reichtum, denn ich musste überhaupt keine Anstrengungen unternehmen, um so zu werden wie ich bin. Alles, was ich habe, was ich bin, habe ich so von der Gesellschaft bekommen. Denn ich sage, meine Armut war mein Reichtum, weil es mir dadurch sehr leicht gefallen ist, den Respekt vor dieser Gesellschaft zu verlieren.
Ich sage nicht, dass ich die Lösung habe. Die Lösung können wir nur gemeinsam finden, indem wir zusammen kämpfen.
Oder wie Antonio Machado (1) gesagt hat: „Der Weg entsteht beim Gehen.“ Wir können das nur alle zusammen finden.
Anarchie heißt für mich, wir übernehmen Verantwortung, wir sind Arbeiter.
Ich bin nicht gegen Reichtum, aber ich bin gegen schlechte Verteilung.
Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt, und was passiert? Sie haben hier Angst vor einer 80jährigen Frau, vor Sonja, einer Freundin von mir (2), die lange in der Nähe von mir in Paris gelebt hat. Sie hat niemanden etwas getan und doch haben sie in Deutschland so Angst vor ihr, dass sie sie in den Knast sperren. Wir müssen diese ungerechte Gesellschaft unbedingt verändern und ich sage immer, wir müssen nur wollen.
Es gibt nichts, was unmöglich ist, ich habe es auch geschafft, die schwierigsten Sachen in meinem Leben hinzubekommen. Wir müssen es anpacken und wollen. Ich will den Knast noch nicht einmal für meine Feinde haben. Der Knast ist überhaupt keine Lösung.
In Spanien haben wir 600 baskische Gefangene, in Frankreich weitere 150. Was haben sie gemacht? Das Schlimmste, was sie vielleicht gemacht haben, ist dass sie sich geirrt haben. Die Regierungen in Frankreich und Spanien führen sich auf, als wären sie Heilige, als würden sie beispielhaft handeln, dabei waren und sind sie alle Kriminelle. Gerade die französische Regierung hat sich damals im spanischen Bürgerkrieg absolut mies gegenüber den republikanischen Flüchtlingen verhalten.
Wir möchten noch einmal zurückgehen in deiner persönlichen Geschichte. Wie war deine Jugendzeit und warum bist du vom Militär desertiert und nach Frankreich geflohen?
Lucio Urtubia: Ich bin unter absolut armen Bedingungen aufgewachsen. Ich hatte keine Schuhe und kein Brot zu essen. Ich habe schon ganz jung den Knast erfahren müssen. Ich habe den Faschismus von Franco miterlebt, der nicht nur von Hitler unterstützt wurde, sondern von der ganzen Welt. Das, was sie damals in Spanien „Vaterland“ nannten, habe ich nur als eine einzige Ungerechtigkeit, als einen einzigen Dreck kennen gelernt. Allein in der kleinen Region, aus der ich komme, sind 4000 Menschen erschossen worden. Bauern, Tagelöhner, Arbeiter, nur weil sie Republikaner, Sozialisten oder Anarchisten waren. Niemand von ihnen hat irgendjemandem etwas Böses getan.
Eigentlich hätte aus mir auch ein großer Krimineller werden müssen, denn das einzige, was ich als Kind erlebt habe, war Kriminalität und Ungerechtigkeit. Zum Glück ist das aus mir nicht geworden. Ich habe das Glück, dass ich nie jemanden umgebracht habe. Ich verurteile niemanden, ich bin nicht der Richter, der andere verurteilt, aber ich sage, ich hatte Glück, nie jemanden ermordet zu haben. Ich sage nicht, ich bin besser als irgendjemand anders.
Manchmal wissen wir gar nicht, warum wir uns so oder so verhalten. Vielleicht werden wir in so ein Schicksal auch hineingeboren. Nun, jedenfalls bin ich in den Militärdienst hineingekommen. Ich wurde für das Materiallager eingeteilt und dort sah ich, der nie irgendetwas besessen hatte, Tausende von Hemden, Schuhen, Uhren. Klar, dass ich da angefangen habe zu klauen. Ich habe schon von Klein auf geklaut. Ich hatte überhaupt keine andere Möglichkeit. Wie sollte ich Eigentum respektieren, wo ich nichts hatte? Für mich ist Raub eine ehrenwerte Sache, ja ein revolutionärer Akt, wenn du es nicht machst, um dich selber zu bereichern.
Aber als ich im Urlaub war, ist der aufgeflogen, der mit mir die Unterschlagungen gemacht hat. Das heißt, ich musste dort weg, denn in diesem kriminellen System war klar, dass sie mich sehr hart bestrafen würden, selbst die Todesstrafe war möglich. Ich musste desertieren und ging nach Frankreich. Dort habe ich im Laufe der Zeit wunderbare Menschen kennen gelernt, wie Albert Camus (3) oder André Breton (4), Intellektuelle, die Linke waren, aber keine Stalinisten. Ich, der ich nie ein Buch angefasst hatte, fand mich auf einmal wieder wie ich all die anarchistischen und revolutionären Bücher las. Ich hatte vorher keine Bildung, außer der Schule der Karmeliternonnen. Es fiel mir aber nicht schwer, mich weiterzuentwickeln. Diese neue Bildung verdanke ich nur den Leuten, die ich kennenlernte. Deswegen sage ich, sie gehört mir nicht selber, sondern der Bewegung. Da waren Leute dabei, die bei der Befreiung von Paris gekämpft hatten.
Denn während der größte Teil der Franzosen mit Hitler kollaboriert hat, waren es die Juden und die spanischen Republikaner, die Waffen in die Hände nahmen und Widerstand geleistet haben. Sie hatten auch gar keine andere Wahl. Diejenigen, die am 24. August 1944 als erste Paris befreiten, waren in der 9. Kompanie der 2. gepanzerten Division unter General Leclerc und dem Oberbefehl von de Gaulle. Was viele übersehen, General de Gaulle war von dem Vichy Regime in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden, als er das Komitee „freies Frankreich“ gründete. Teile der Division von Leclerc waren spanische Republikaner, Umgangssprache war Spanisch.
Sie benannten ihre Lastwagen und Panzer nach Schlachten des spanischen Bürgerkrieges, sie trugen aber auch Namen wie „Don Quichote“ und „Durruti“. In der 9. Kompanie war die große Mehrheit Anarchisten. Sie waren die ersten, die in Paris hineingingen, um den Aufstand dort zu unterstützen. Es waren diese Anarchisten, von denen ich meine Bildung habe. Vorher wusste ich überhaupt nichts.
Wie hast du dich dann dem Widertand gegen Franco angeschlossen, wie hast du Quico Sabaté (5) kennen gelernt und welche Aktionen habt ihr dann in den 50iger und 60iger Jahren gemacht?
Lucio Urtubia: Ich habe angefangen, in der libertären Jugend mitzumachen. Eines Tages fragten sie mich, ob ich jemand unterbringen könnte, der eine Wohnung brauchte. Sie haben aber nicht gesagt, um wen es sich handelt. Am nächsten Tag sollte ich ihn kennen lernen und der Treffpunkt war in St. Germain. Wir sind dann zusammen essen gewesen und dann zu meiner Wohnung gegangen.
Drei von uns sind die Haupttreppe hoch, aber der Mann, den ich nicht kannte, und ich gingen die Hintertreppe hinauf. Plötzlich hörte ich ein merkwürdiges Geräusch und als ich mich umdrehte hielt er ein enorm langes Klappmesser in der Hand, was mich sehr erschreckte. Er sagte: „Lucio vertraue nie irgend jemanden!“
Ich zeigte ihm, wo der Schlüssel über der Tür lag und sagte, er könne kommen, wann er wolle. Erst einige Tage später begegnete ich ihm in meiner Wohnung erneut und da sagte er, er sei Quico Sabaté. Das war für mich als wäre der heilige Franziskus wieder auferstanden.
Meine Arbeit war damals in Nanterre, wo ich Slumwohnungen abriss, es war die Zeit des Algerienkrieges. Die Algerier in diesem Slum lebten unter fürchterlichen Bedingungen, das waren gar keine Häuser sondern Hütten aus Karton. Ich riss sie ab und baute neue Wohnungen.
Als ich eines Tages von der Arbeit kam, sagte Quico zu mir: „Zieh dich gut an, wir gehen zu meinem Anwalt.“ Das war Henri Torrés, der auch Anwalt von Durruti und Ascaso gewesen war und ein hoher Politiker unter de Gaulle.
Der Anwalt riet ihm, sich zu stellen, weil er so seine Auslieferung nach Spanien hätte verhindern können, die seinen sicheren Tod bedeutet hätte.
In Frankreich erwartete ihn nur eine verhältnismäßig geringe Strafe. Also brachte Quico mir eine Kiste mit seinen Waffen, darunter seine berühmte Maschinenpistole, zum Aufbewahren und stellte sich.
Eines Tages machte ich mir nach der Arbeit die Schuhe sauber und ging zum Gare du Nord, um mich mit einem Freund zu treffen. Wir haben uns dort auf der Toilette umgezogen und etwas geschminkt, jeder einen viertel Liter Wein getrunken und sind dann aufgebrochen. Unser Ziel war eine Bank. Wir haben uns selber zu den Eigentümern erklärt und waren in wenigen Minuten Millionäre.
Deswegen sage ich immer, es gibt nichts was unmöglich ist. Diese erste Geschichte ist gut ausgegangen. Das gibt dir Mut und du machst weiter. Wir haben dann einige erfolgreiche Überfälle gemacht. Ich sage nicht, dass ich besonders gut oder schlau bin, es war Glück, dass sie gut gegangen sind. Mir haben sie nicht wirklich gefallen und ich denke heute, man muss eine Menge Unwissenheit und Naivität haben, um sich darauf einzulassen. Es hätte geschehen können, dass ich jemanden töte oder selber umkomme. Jedes mal habe ich mir fast in die Hose gemacht. Ich hatte Angst, sah aber keine andere Möglichkeit. Wir Anarchisten hatten keinen Betrieb und keine Minister. Viele Anarchisten sind bei solchen Überfällen gestorben und ich wusste, es hätte auch mir passieren können oder ich hätte jemanden töten und so zum Kriminellen werden können. Wenn mich heute die Jugendlichen danach fragen, antworte ich: Ich bin gegen Gewalt, ich will nicht, dass solche Sachen geschehen und wir mit vielen Jahren Gefängnis bezahlen. Ich habe dann irgendwann mit diesen Überfällen aufgehört und weiter auf dem Bau gearbeitet, bis wir auf die Fälschungen gekommen sind.
Wie sah der antifranquistische Widerstand der Libertären nach Quicos Tod aus?
Lucio Urtubia: Ich habe damals [nach der Haftentlassung] nicht gewollt, dass Quico über die Grenze ging. Er war überall bekannt, wurde überall gesucht, war vollständig „verbrannt“. Ich fand, wir Jüngeren sollten gehen, da wir nicht bekannt waren. Aber er hatte die Erfahrung und wollte es unbedingt. Auch waren zwei seiner Brüder ermordet worden: José wurde von der Guardia Civil erschossen, Manuel nach seiner Festnahme mit 23 Jahren ermordet. Es waren damals wegen der Gefahr nur wenige bereit, über die Grenze zu gehen. Und es gab die Zusammenarbeit von französischer und spanischer Polizei. Beim Grenzübertritt gab es ein kurzes Feuergefecht, die französische Polizei stellte fest, dass Quico Sabaté nicht zu Hause war und gab den Verdacht weiter, er sei auf dem Weg nach Spanien. Daraufhin mobilisierten die Faschisten ihr ganzes Heer in Katalonien, um Quico zu fangen. Nachdem er und die anderen Genossen getötet worden waren, fühlte ich mich sehr allein. Ich habe dann erst mal nur weiter gearbeitet. Ich habe mein ganzes Leben gearbeitet und das war mir auch wichtig. Die Anarchisten, die mir alles beigebracht haben, sagten immer, die anarchistische Bewegung ist eine Arbeiterbewegung. Das wissen so wenige. Erst vor kurzem habe ich in Paris einen Richter getroffen und ihm gesagt, die ganze Geschichte ist von Anarchisten gemacht worden. Aber er wusste noch nicht einmal, dass der 1. Mai daher kommt, dass die Anarchisten in Chicago als Märtyrer gestorben sind.
Ich hatte aber immer noch Kontakt zu der libertären Jugend. Eines Tages kamen einige von ihnen und baten mich zu helfen, da sie faschistische Anschläge auf ihre Druckerei gehabt hatten und daher eine Stahltür brauchten.
Als Fliesenleger habe ich zu der Zeit auf dem Bau gearbeitet und wusste, dass dort so eine Tür rumlag. Also bin ich um 5 Uhr morgens los, um sie zu holen. Ich schaffte es aber nicht alleine, sie auf den Lieferwagen zu heben. Da kam eine Polizeistreife, hielt an und fragte was ich da mache. „Das sehen Sie doch. Ich versuche die Tür aufzuladen“, antwortete ich. Einer sagte: „Dein Chef ist aber miese drauf, dass er dir da nicht jemanden mitgegeben hat.“ Ich meinte: „Ja, so sind sie eben, die Chefs.“
Da half mir der eine Polizist, die Stahltür aufzuladen. Sie kamen einfach nicht auf die Idee, dass dieser arme Schlucker mit seinen dreckigen Klamotten und spanischem Akzent gerade dabei war, eine Tür für eine anarchistische Druckerei zu klauen. Ich habe dann bei dem Aufbau von mehren Druckereien im Viertel mitgeholfen. Dort lernte ich viele Leute kennen, die mir sehr geholfen haben. Sie haben alles für mich gemacht: Flugblätter, Broschüren, Geld und Pässe aus allen Ländern. Ohne ihre Hilfe hätte ich keine Fälschungen durchführen können.“
Nachtrag:
Anschließend erklärte Lucio Urtubia die Geschichte der Scheckfälschungen, mit denen er eine der größten Banken der Welt, die Cittibank um viele Millionen erleichterte. Ihm und seinen Anwälten gelang es nach seiner Festnahme 1980 durch einen Deal mit der Bank Druckplatten gegen Freiheit und Geld auszutauschen.
Dank an Lucio und VeranstalterInnen, dass sie Lucios Reise möglich gemacht haben. Ich denke, er ist erst nach einem Leben mit der harten Arbeit des Maurers, angeregt durch Freunde und beseelt von dem Wunsch, etwas für seine gefangenen Freundinnen und Freunde, wie etwa Sonja Suder, zu tun, dazu gekommen, über sein Leben zu berichten. Weil er erkannt hat, dass er damit etwas bewirkt, etwas verändert, die Menschen erreicht.
Auch im hohen Alter ist die Kraft dieses Mannes ungewöhnlich: Nach einem kulturellen und politischen Fest in Paris am Sonntag reist er am Montag den größten Teil des Tages viele hundert Kilometer weit und hält ohne erkennbare Erschöpfung einen Vortrag, der berührt und begeistert.
Lucio betont, er sei nicht besser als irgendwer. Einerseits mag dies stimmen, anderseits wird er, glaube ich, von der Liebe zu seinen Mitmenschen und Freunden angetrieben und das trifft nun wirklich nicht auf jeden zu.
Wenn ich darüber nachdenke, so finde ich weitere eher seltene Eigenschaften bei Lucio: Da wäre vor allem seine Ernsthaftigkeit, die dann zur Zielstrebigkeit führt, verbunden mit großer Ausdauer, Genauigkeit und Kraft. Letztere sind wohl auch nicht zufällig alles Eigenschaften eines guten Maurers. Er hat seine Fähigkeiten in den Dienst für eine andere freie, gleichberechtigte und verantwortlichere Gesellschaft gestellt. Das gesammelte Geld geht an die Gefangenen. Danke Lucio!
(1) Antonio Machado (1875- 1939) bedeutender spanischer Lyriker.
(2) Es geht um Sonja Suder, die in Freundesheim im Knast sitzt und seit über einem Jahr einen Prozess hat, der jetzt zuende geht (die GWR berichtete). Sonja Suder und Christian Gauger waren in den siebziger Jahren in Frankfurt in der unabhängigen Linken aktiv, hatten dann irgendwann gemerkt, dass sie observiert wurden und flohen nach Frankreich. Anlass der Observation war ein misslungener Sabotageakt anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien. Die Spiele sollten dort trotz staatlichen Morden, Entführungen und Folter stattfinden. Ein Aktivist beschloss einen Sprengstoffanschlag auf das argentinische Konsulat in Frankfurt, der sich aber nicht gegen Personen richtete. Leider explodierte der Sprengsatz in seinen Händen, er verlor beide Beine und Augen. In dieser grauenvollen Situation wurde er monatelang von Freunden, Anwälten und Öffentlichkeit abgeschirmt und schwerverletzt verhört. In diesem Zusammenhang fielen dann auch die Namen von Sonja und Christian, die in Frankreich untertauchten. Erst im Jahr 2000 kamen sie dort für drei Monate in Untersuchungshaft. Französische Behörden hatten damals sinngemäß gesagt: "Diese kleinen Sprengstoffanschläge, die ihnen vorgeworfen werden, sind verjährt und interessieren uns nicht mehr." Trotzdem betrieb die BRD mit dem neuen europäischen Haftbefehl seit ihrer erneuten Festnahme 2007 massiv die Auslieferung, die 2011 erfolgte. Nun sitzt Sonja seit über 2 Jahren im Knast. Christian kam aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands heraus, das Verfahren ist eingestellt. Termine in Frankfurt: Am Di., 05.11. Plädoyer der Verteidigung. Das Verfahren gegen Sonja endet am Di., 12. November. Es wäre schön, wenn möglichst viele kommen, um sie zu unterstützen. Weitere Infos: www.verdammtlangquer.org
(3) Albert Camus (1913-1960) französischer Schriftsteller und Philosoph. Er erhielt 1957 den Nobelpreis für Literatur. Siehe Artikel in dieser GWR.
(4) André Breton (1896-1960) französischer Dichter und Schriftsteller, der wichtigste Theoretiker des Surrealismus.
(5) Francesc Sabaté Llopart (1915-1960) ist als Revolutionär und Widerstandskämpfer gegen Franco hierzulande weitgehend unbekannt (ganz im Gegensatz zu den romanischen Ländern). Mit einigen Ausnahmen allerdings: Bereits in den Siebziger Jahren wurde Antonio Tellez Biographie von "Quico Sabaté" vom Trikont Verlag ins Deutsche übersetzt, in den späten neunziger Jahre nannte sich ein libertärer Treff in Flensburg "Infoladen Sabaté". Er ist auch eine der Hauptpersonen in Oliver Steinkes historischem Roman "Füchse der Ramblas".