Melissa Gira Grant: Hure spielen. Die Arbeit der Sexarbeit, Edition Nautilus: Hamburg 2014, 192 Seiten, 14,90 Euro, ISBN 978-3-89401-799-6
Melissa Gira Grants Publikation „Hure spielen. Die Arbeit der Sexarbeit“ hätte zu keinem besseren Zeitpunkt auf dem deutschen Markt erscheinen können. Mitten in der von Alice Schwarzer lancierten Debatte um ein Verbot der Sexarbeit – die 2014 auch in der Graswurzelrevolution über mehrere Ausgaben kontrovers geführt wurde – ergreift Grant als ehemalige Sexarbeiterin mit ihrem autobiographisch unterlegten, aber in erster Linie journalistischem Sachbuch das Wort. Ein solcher Konnex von journalistischer Recherche und Erfahrungsbericht ist dringend nötig als Beitrag zu einer Debatte, die hauptsächlich von FeministInnen, WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen geführt wurde.
Die Stimme der SexarbeiterInnen erlangt dabei kaum Gehör, wie Grant nachdrücklich kritisiert. Das Buch macht deutlich, dass ‚die Prostituierte‘ selten selbst zu Wort kommt und somit oft nicht viel mehr als eine fiktive Figur ihrer selbsternannten ‚RetterInnen‘ ist. Dagegen profiliert Grant ‚Huren‘ weder als Opfer noch als feministische Fiktion, sondern als ArbeiterInnen, die durch Kriminalisierung ihrer Tätigkeit prekarisiert werden.
Deutlich macht Grant dies auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen in den USA, einem Land, in dem Sexarbeit offiziell verboten ist. Grant erforscht nicht etwa zentral das Verhältnis von SexarbeiterIn zu Freier, sondern das gesamte soziale und diskursive Umfeld, in das die Sexarbeit in den USA eingebunden ist. So ist denn das erste Kapitel nicht etwa der Prostituierten selbst gewidmet (dies folgt im 2. Kapitel), sondern der Polizei, jener staatlichen Instanz, die den SexarbeiterInnen am häufigsten begegnet.
Dieses Kapitel ist das eindringlichste des Textes und sei jenen ans Herz gelegt, die pauschal ein Verbot der Sexarbeit fordern, ohne die Konsequenzen zu vergegenwärtigen. Das Kapitel zeichnet eine repressive Gesellschaft voller polizeilicher Willkür, unterlassener Hilfeleistung, Gewalt und Korruption, die der Forderung einer Gleichbehandlung der Frau, wie sie mit dem Prostitutionsverbot einher gehen soll, nicht im Geringsten entgegen kommt, sondern die Tätigkeit der SexarbeiterInnen gefährlicher, prekärer und entwürdigender macht.
Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur Verbotsdebatte, der durch das leider nicht sehr gelungene Vorwort von Mithu M. Sanyal im deutschen Sexarbeitsdiskurs verortet werden soll.
Sinnvoller wäre diese Aufgabe wohl in einem Nachwort zu lösen gewesen. Dennoch werden die Anknüpfungspunkte deutlich und Grants Text erscheint als ein Plädoyer für das Beibehalten einer relativ liberalen Gesetzgebung in Deutschland und gegen die von ihr als „Wegsperr-Feminismus“ bezeichneten Anschauung, „die es der staatlichen Ordnungsmacht überlässt, Geschlechtergerechtigkeit herbeizuführen“. (36)