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Packendes Bekenntnis

Subjektive Fragmente einer autonomen Revolte in den 1980er Jahren

| Anarr

Jens Grünberg: meine revolte in den 80ern und sonst nichts. episodische subjektivistische fragmente, Epubli, Dezember 2013, Ebook, 180 Seiten, ISBN: 978-3-8442-7577-3, 5,99 Euro. Bezug als Download: epubli.de/shop

Wie fühlt sich ein junger Mensch, der seine Umwelt, die Gesellschaft als kalt, leblos, ungerecht und falsch erlebt? Soll er sich einrichten in jener Scheinwelt, die ihm wie ein einziges „Absurdistan“ begegnet? Nein, er sucht nach Antworten, bricht mit den Normen. Und geht auf die Suche nach einem erfüllteren, einem authentischen Leben. Doch dieser Weg ist steinig. Vor allem in einer provinziellen Kleinstadt.

Jens Grünberg beschreibt in seinem Buch einen solchen Weg. Seine Geschichte der 1980er. Schritt für Schritt radikalisieren sich Ansichten und Standpunkte. Aus ursprünglich rebellischem Impetus reift revolutionäre Erkenntnis. Malocher, Zivildienst, Totaler Kriegsdienstverweigerer. Friedensbewegung, Anti-Atom, Antifa, Häuserkampf in der Hafenstraße in Hamburg, Hungerstreik der RAF-Gefangenen. Eine typisch autonome Geschichte? Ja und nein. Denn er ist nicht abgetreten, um sich einzurichten. Und hat auch nicht vor abzuschwören. Denn „meine revolte in den 80ern und sonst nichts“ ist zugleich ein Bekenntnis.

Wie wütende Glasscherben schneiden sich Grünbergs Geschichten unter die Haut. Grotesk: Manchmal möchte man schmunzeln. Vor allem an jenen Stellen, wo er die Welt der Lohnarbeit aufs Korn nimmt. Doch schnell legt sich ein bitterer Beigeschmack auf die Zunge. Und der Anflug von Heiterkeit erstickt wieder in Wut.

Grünberg reiht Episode an Episode. Romanesk. Lyrisches an Erzählung. Wie die Aufzeichnungen eines Tagebuchs. Vieles wirkt dabei vertraut. Irgendwie intim. Wird hautnah miterlebt. Denn der Autor reißt seine LeserInnen mitten hinein ins Geschehen. Nicht wie stille BeobachterInnen; er lässt sie teilhaben an all seinen Erwägungen und Zweifeln, an Hoffnungen und Gefühlen. Und da ist kein Platz für schönes Gerede. Denn zuweilen bewegt er sich dicht am Abgrund menschlicher Existenz. Nicht jede Entscheidung, nicht jeden Standpunkt will man teilen. Aber darauf kommt es auch gar nicht an. Es sind seine Einsichten. Es ist sein Leben, das er selbst bestimmt.

Gewiss: Durch ein Korrektorat hätte das Buch sicher noch gewonnen. Nichtsdestotrotz: Grünberg weiß durch einen unnachahmlich lebendigen Erzählstil zu packen und zu bewegen.