die waffen nieder!

Nehmt den Herrschenden ihren Hammer!

Rede der Informationsstelle Militarisierung (IMI), gehalten bei der Demo "Solidarität muss praktisch werden" im Rahmen des BUKO am 16. Mai 2015 vor dem Hauptquartier des Deutsch-Niederländischen Korps

| Christoph Marischka

Die Kassen klingeln und die Korken knallen bei den Rüstungsfirmen und in den Generalstäben. Den von faschistischen Kräften unterstützten Putsch einer pro-westlichen Regierung in der Ukraine nutzen die NATO-Staaten, um eine neue Runde der Aufrüstung einzuleiten. Siebzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird hier von Münster aus eine "Speerspitze" genannte Truppe geführt. Das Deutsch-Niederländische Korps, vor dessen Haupquartier wir stehen, führt aktuell nicht nur turnusgemäß die schnelle Eingreiftruppe der NATO - NATO Response Force - es bildet auch den Kern der neuen, besonders schnellen Eingreiftruppe "Speerspitze".

Sie soll im Ernstfall binnen zwei Tagen an der Grenze zu Russland einsatzbereit sein – wie in diesem Zeitraum für den Einsatz der „Parlamentsarmee“ ein Parlamentsbeschluss erwirkt werden könnte, darüber scheint man sich keine Gedanken gemacht zu haben. Was der Ernstfall ist, definiert die NATO in ihren Kommandozentralen in Kalkar, Ramstein und Mons. Von Kalkar am Niederrhein aus wurden bereits ab September 2014 sechs Jagdflugzeuge der Bundeswehr und weitere Kampfflugzeuge der NATO kommandiert, die mit der Ukraine-Krise in den baltischen Staaten stationiert wurden. Von dort stiegen sie insgesamt weit über 400 mal auf, bis zu 30 mal täglich, um russische Flugzeuge in internationalem Luftraum zu kontaktieren, mit ihnen Sichtkontakt aufzunehmen und sie gegebenenfalls abzudrängen – oder auch anzugreifen, wenn ein entsprechender Befehl kommt, was glücklicher weise bislang nicht der Fall war.

Zwei Atommächte spielen mit dem Feuer und Deutschland spielt mit in der Absicht, sich wieder zur Großmacht aufzuschwingen. Der sozialdemokratische Außenminister der Bundesrepublik hat wörtlich gesagt: „Deutschland muss Europa führen, um die Welt zu führen“. Er hat das nur zitiert, aber ohne zu widersprechen, nachdem das Außenministerium in einem so genannten Review-Prozess so genannte Intellektuelle aufgefordert hat, Stellung zu nehmen, wie Deutschland als wirtschaftlicher Global Player seiner „Verantwortung“ – wie das heute heißt – in der Welt gerecht werden soll.

Schauen wir uns mal an, wie diese „Verantwortung“ aussieht:

Deutsche Soldaten sind heute in Afghanistan, an der Küste des Libanon und nach wie vor im Kosovo stationiert, den man zugleich zum sicheren Drittstaat erklärt hat und in den auch Angehörige von Minderheiten regelmäßig abgeschoben werden. Deutsche Soldaten bilden Bürgerkriegsmilizen im Nordirak und in Somalia aus, beteiligen sich an den kolonialen Einsätzen Frankreichs in der Zentralafrikanischen Republik, in Mali und im Senegal, beraten das Verteidigungsministerium der Demokratischen Republik Kongo und sollen nun auch noch nach Liberia geschickt werden, um dort die Wiederwahl jenes Präsidenten abzusichern, den Frankreich 2011 im Nachbarland Cote d’Ivoire an die Macht gebombt hat. Deutsche Kriegsschiffe sind auch nach wie vor am Golf von Aden aktiv. Vorgeblich bekämpfen sie dort, an einer der wichtigsten Routen des Welthandels, Piraterie, doch die Aufklärungsdaten, die sie dort sammeln, fließen auch in den Krieg gegen den Terror der NATO und den globalen Drohnenkrieg der USA ein, der über Deutschland gesteuert wird. Mit dem Einsatz am Golf von Aden ist Deutschland auch Partei im jemenitischen Bürgerkrieg, in dem Saudi-Arabien und andere NATO-Verbündete ohne jede Rücksicht auf das Völkerrecht und die Zivilbevölkerung aus der Luft eingreifen, mit Technologie, die u.a. an deutschen Universitäten entwickelt worden ist. Die Militärausbildung erhält das saudi-arabische Regime aus Deutschland, von dem es auch einen großen Teil seiner Rüstungsgüter kauft. Deutschland liefert umfangreich Waffen in die Region. Hauptkriterium scheint dabei zu sein, dass die Waffen gegen schiitische Kräfte eingesetzt werden, weniger relevant ist die Frage, ob sie nicht auch djihadistischen und terroristischen Kräften in die Hände fallen. Schon gar keine Rolle scheint es zu spielen, ob damit indirekt der Terrorismus gefördert wird, wie es in Afghanistan, Syrien, Irak und Libyen ganz offensichtlich der Fall ist.

Es gibt ein Sprichwort, das besagt, wenn man einen Hammer hat, dann sieht jedes Problem wie ein Nagel aus. Man könnte ja gutwillig meinen, Deutschland, die NATO und die sogenannte westliche Staatengemeinschaft hätten sich einfach nur auf das falsche Instrument versteift. Während die Außenhandelspolitik und die sogenannte „Entwicklungszusammenarbeit“ dem neoliberalen Mantra verhaftet bleiben und damit ganze Gesellschaften in den Ruin treiben, ist es eben das Militär, das alles richten soll. In Wahrheit scheint es aber schon fast so, als würden Gesellschaften und Staaten bewusst aufgerüstet und destabilisiert, um anschließend intervenieren zu können und de facto militärische Protektorate aufzubauen, um das Land zu rauben und die Rohstoffe zu plündern. Wie fatal die Folgen sind, lässt sich insbesondere in Libyen erkennen, mit dessen Zerschlagung die ganze Region destabilisiert und zum Schlachtfeld im Krieg gegen den Terror geworden ist. Die Flüchtlinge, die hier unterwegs sind und dadurch entstehen, sollen nun ebenfalls militärisch bekämpft werden. Deutschland hat bereits Kriegsschiffe geschickt. Keine Zwei Tage hat es nach der Flüchtlingstragödie mit bis zu tausend Toten Mitte April gedauert, bis die EU-Kommission ihren Zehn-Punkte-Plan zur weiteren Aufrüstung der Grenze vorgelegt hat. Das lässt nur einen Schluss zu: Diese Pläne lagen längst in der Schublade und die Regierungen in der EU haben einfach nur auf die nächste Katastrophe gewartet, um ihre Pläne durchzusetzen. Mit Flüchtlingen und ihrem Tod wird Politik gemacht – vom Friedensnobelpreisträger EU – und das ist wirklich abscheulich. Diese Flüchtlinge, die im Mittelmeer ertrinken, und die Schlepper, die damit reich werden, gäbe es gar nicht ohne Frontex und die militärische Aufrüstung des Mittelmeers, es gäbe sie nicht, wenn sie sich für deutlich weniger Geld ein Visum und ein Ticket für eine Fähre oder ein Flugzeug besorgen könnten, so wie Menschen in Europa das ganz selbstverständlich für sich in Anspruch nehmen.

Auch hier sehen wir also: Aufrüstung und Militär werden nicht nur als Lösung des Problems verkauft, sie sind auch der wahre Auslöser.

Liebe Freundinnen und Freunde,

deshalb ist es Zeit, abzurüsten – und das heißt auch und insbesondere: ideologisch abzurüsten. Von hier aus muss eine deutliche Absage kommen an den Traum einer militärischen Großmacht Deutschland. Deutsche Soldaten haben im Ausland nichts zu suchen und deutsche Waffen ebenso wenig. Die NATO gehört abgeschafft und die UNO muss zu einer zivilen Politik und Diplomatie zurückfinden. Nimmt man den Herrschenden ihren Hammer, werden sie auch zu einer gerechteren Wirtschafts- und Handelspolitik gezwungen sein oder sich eben zwingen lassen müssen. Denn: Ohne Gerechtigkeit keinen Frieden – No Justice, No Peace!