moment mal!

Kommentar

Menschlichkeit kennt kein „Volk“ und keine Grenzen

No border, no nation, stop deportation!

| Bernd Drücke, 21.2.2016

Die Videos, die am 19. Februar 2016 zunächst auf der rassistischen Facebook-Seite "Döbeln wehrt sich - Meine Stimme gegen Überfremdung" und dann von Neomagzin-Royale-Moderator Jan Böhmermann mit dem treffenden Hinweis "Der deutsche Angstmob begrüßt die, die dem Tod von der Schippe gesprungen sind" auf twitter verbreitet wurden, machen wütend und sind beschämend.

Sie zeigen, wie am 18. Februar 2016 ein Bus mit 20 Geflüchteten vor der Asylunterkunft im sächsischen Clausnitz von mehr als 100 aggressiven Rassisten blockiert wird. Der Mob beschimpft zwei Stunden lang die im Bus sitzenden Menschen: „Haut ab!“. Die verängstigten Kinder im Bus weinen.

Ein zweites Video zeigt, wie grobe Bundespolizisten die verängstigten Menschen gewaltsam aus dem Bus holen und in ein Gebäude schleppen. Ein Beamter setzt dazu bei einem kleinen Jungen einen Würgegriff ein, während draußen die Menge den brutalen Polizeieinsatz bejubelt. Anschließend ist zu sehen, wie ein anderes Kind freiwillig, aber weinend den Bus in Richtung Flüchtlingsheim verlässt. Die sächsische Polizei verteidigte auf einer Pressekonferenz am 20. Februar ihren Einsatz und behauptete, die Flüchtlinge hätten eine Mitschuld am Geschehen, weil ein 13-jähriger Flüchtling einen Stinkefinger gezeigt habe, nachdem der Bus vor der Unterkunft blockiert wurde. Polizeipräsident Uwe Reißmann kündigte laut spiegel.de sogar Ermittlungen gegen einzelne Opfer an: „Was wir sicherlich ausweiten werden, sind Ermittlungen gegen den ein oder anderen Insassen des Busses.“ Das Verhalten der Polizisten sei angemessen gewesen und soll keine Konsequenzen haben.

Da werden traumatisierte Menschen, die vor Krieg und Terror geflohen sind, von einem rassistischen Pöbel empfangen, kleine Kinder werden von grölenden Männern und brutalen Polizisten zum Weinen gebracht, und der sächsische Polizeichef erklärt das Ganze für angemessen? Es ist unfassbar!

Auch Thomas Hetze, der Leiter des Flüchtlingsheims, bagatellisierte die Geschehnisse. Kein Wunder, sein Bruder hat den Aufmarsch der Rassisten mitorganisiert! Thomas Hetze ist Politiker der rechtsextremen AfD und warnte laut spiegel-online im November 2015 als Redner auf einer AfD-Kundgebung vor einem „ungezügelten 100.000-fachen Einmarsch von Wirtschaftsflüchtlingen“. Nun empfing der Mob die Geflüchteten vor seinem Heim mit der Parole: „Wir sind das Volk!“ Das Volk heißt Volk, weil’s folgt! Und viele Deutsche folgen mittlerweile den Höckes, Petrys, von Storchs und anderen Rassistinnen und Rassisten, die den Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlingsfrauen und -kinder fordern und allabendlich in den öffentlich rechtlichen Talkshows ihre braune Suppe in die offenbar allzu aufnahmebereiten Bremsbirnen auf der anderen Seite des Bildschirms flößen können. Nach Angaben von Monitor liefen im Januar 2016 elf Fernsehtalkshows zum Thema „Kriminalität von Flüchtlingen“ und null zu den 92 rassistischen Angriffen auf Geflüchtete, die allein im Januar bekannt wurden. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich in der CDU/CSU/SPD-Bundesregierung peu à peu die „Obergrenzen“-Rechtspopulisten durchsetzen, die sich um den bayrischen Ministerpräsidenten versammelt haben. Das gerade verabschiedete „Asylpaket 2“ ist ein „Geschenk“ an die Rassisten, die täglich Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte verüben. Zu verstehen ist es als ein „strategisches Entgegenkommen“ an PEGIDA, AfD und Co.

Das „Asylpaket 2“ ist eine massive Einschränkung des Asylrechts und verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. „Das geplante Gesetz hebelt für viele Flüchtlinge ein angemessenes und faires Asylverfahren aus, es schränkt den Familiennachzug ein und erkennt medizinische Abschiebehindernisse nicht an. Dies würde dazu führen, dass Menschen selbst dann abgeschoben werden, wenn sie schwer krank sind!“, so Pro Asyl.

Mein Name ist Mensch!

Wir brauchen eine starke antirassistische Bewegung und Gegenöffentlichkeit, die sich gegen diese menschenfeindliche Politik stemmt.