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Raus aus der Kohle!

Rote-Linie-Aktion am Hambacher Forst

| Margareta Muer

Rund 3.000 AktivistInnen formten am 26. August 2017 eine zwei Kilometer lange Rote Linie und stellten sich so schützend vor den verbliebenen Rest des ehemals 5.500 Hektar großen Hambacher Forstes. Das Motto: Bis hierher und nicht weiter!

Seit 40 Jahren holzt der Energiekonzern RWE diesen einmaligen, 12.000 Jahre alten Wald ab, um hier Platz zu schaffen für den Abbau der Braunkohle. Entstanden ist in dieser Zeit der Hambacher Tagebau, eine gigantische, 85 Quadratkilometer große Grube, die bis zu 400 Meter tief ist.

Neun Zehntel des Hambacher Forstes wurden bereits gerodet und ab Oktober diesen Jahres wird es weitere Rodungen geben. Aber nicht nur Bäume und Tiere fallen dem Energieriesen zum Opfer, sondern auch viele Ortschaften, deren Menschen bereits umgesiedelt wurden und auch in Zukunft weiter umgesiedelt werden.

Wer sich weigert zu gehen, wird zwangsenteignet. Denn Bergrecht geht vor Grundrecht. Als ich vor einem Jahr mit meinem Sohn am Rand dieser Grube stand, – wir hatten uns, obwohl streng verboten, bis dorthin vor gewagt -, schaute er auf das Navi seines Handys und stellte bestürzt fest, dass dort unten, in diesem gigantischen, gähnenden Loch, noch Ortschaften, die es schon lange nicht mehr gab, verzeichnet waren..

Die Rote-Linie-Aktion

Verschiedene BürgerInnen-Initiativen und NGOs hatten am 26. August 2017 anlässlich des Klima-Camps zur Roten-Linie-Aktion aufgerufen und gekommen waren ca. 3.000 Menschen.

Rot gekleidet oder mit roten Schals, mit Transparenten, Trommeln und Gitarren. Kleine und große, junge und alte Menschen. Der jüngste Teilnehmer war drei Monate alt und die ältesten über 80 Jahre alt. Menschen aus ganz Deutschland und anderen Ländern waren angereist. Die WaldführerInnen Michael Zobel und Eva Tölle boten vor Aktionsbeginn eine einstündige Waldführung an, um den AktivistInnen diesen einmalig schönen Wald zu zeigen und auch um den WaldschützerInnen, die dort in Baumhäusern leben, einen Besuch abzustatten. Wir wurden von ihnen mit Musik, Kaffee und Kuchen empfangen.

Die WaldschützerInnen ermöglichten einen kleinen Einblick in ihr Leben in den Baumhäusern und beantworten die vielen Fragen der BesucherInnen.

Nach der Waldführung ging es dann gemeinsam in einer langen roten Schlange zur alten A4-Trasse. Die A4 wurde vor einigen Jahren für ca. 180 Millionen Euro wegen des Braunkohletagebaus verlegt und dort, wo sie ehemals verlief, gibt es nun eine breite Sandtrasse.

„Wie am Schnürchen“ und ohne dass irgendwelche Kommandos gegeben wurden, verteilten sich die AktivistInnen entlang der langen Sandtrasse, so dass am Ende eine zwei Kilometer lange Rote Linie gebildet werden konnte. Es wurde diskutiert und musiziert und gesungen, es wurde gegessen und getrunken.

Alle hatten gemeinsame Ziele: Raus aus der Kohle! Raus aus allen fossilen Energieträgern und der Atomenergie! Keine weiteren Rodungen des Waldes! Keine weiteren Umsiedlungen der Menschen, die hier leben!

Manheim liegt nicht in Ba-Wü

Manheim ist ein Ort, der auch von der baldigen Umsiedlung betroffen und schon weitgehend unbewohnt ist. Im Anschluss an die Rote-Linie-Aktion fand dort die Abschlusskundgebung statt.

Bei der Nachricht, dass es Ende-Gelände-AktivistInnen zeitgleich durch Sitzblockaden gelungen war, das Kohlekraftwerk Neurath zum Runterfahren zu zwingen, brach tosender Applaus aus. Insofern ist die später in vielen Berichterstattungen der Medien erfolgte Trennung in „gute AktivistInnen“ (Rote Linie) und „böse AktivistInnen“ (Sitzblockaden und Baggerbesetzungen) ein Unsinn.

Jede(r) verlieh seinem Protest und Widerstand auf ganz persönliche Weise Ausdruck: Jede(r) so, wie er/sie konnte.

Abschlussbetrachtung:

Die Rote-Linie-Aktion, die Sitzblockaden und Baggerbesetzungen waren ein Erfolg. Wir sind abends erschöpft, aber glücklich nach Hause zurückgekehrt. Dennoch drängte sich uns die Frage auf, warum es letztlich doch wieder nur einige wenige Tausend Menschen waren, die ihrem Protest und Widerstand gegen die Ursachen des Klimawandels, gegen den unfassbaren Raubbau an der Natur, gegen eine ausschließlich dem Profit dienende kapitalistische Wirtschafts“ordnung“ und die ihr stets zu Hilfe eilende Politik Ausdruck verliehen.

Warum kamen nicht Hunderttausende, warum nicht Millionen, wo es sie doch alle angeht?

Auch ist immer wieder das Argument zu hören, warum man sich denn wegen dieser wenigen verbliebenen Bäume noch aufregen solle. Das würde sich eh nicht mehr lohnen. Aber die mit dem Hambacher Forst verbundenen Protestaktionen im Rheinischen Braunkohlerevier sind bei weitem nicht die einzigen auf der Welt. An vielen Orten, ob in den USA, in Kanada, in Brasilien oder in Indien…, kämpfen Menschen für den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen, für den Schutz von Natur und ihrer Mit-Lebewesen. Und gegen den mörderischen Kapitalismus.

Wir sind durch unsere Aktionen gegen den Braunkohle-Tagebau mit all diesen Menschen und ihren Aktionen verbunden.

Hoffentlich werden bei den vielfältigen Aktionen (3) anlässlich der Weltklimakonferenz in Bonn noch mehr Menschen dabei sein!

 

(1) An einem Sonntag jeden Monats des Jahres gibt es die sog. Waldführungen, veranstaltet von den Waldpädagogen Michael Zobel und Eva Tölle. http://naturfuehrung.com/

(2) Wer die WaldschützerInnen im Hambacher Forst besuchen und sie ggf. unterstützen möchte, ist bei ihnen immer herzlich willkommen. Vom Parkplatz Manheimer Bürge, der zwar offiziell zum RWE-Gelände gehört, aber dennoch angefahren werden darf, sind es nur wenige Schritte bis zu ihnen. Wenn niemand zu sehen ist, einfach rufen. Irgendwer seilt sich dann mit Sicherheit ab.

(3) siehe Protest-Aktions-Kalender auf Seite 3

http://www.robinwood.de/sites/default/files/134-i-22-25-ene-rote-mitrl-neu.pdf