Unser Kollege, Mitstreiter und ganz besonderer Freund Francis Althoff ist am 13. Juni 2018 im Alter von 58 Jahren verstorben Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie, insbesondere seinen Kindern Amon und Maya.
Francis kam vor über 40 Jahren ins Wendland. Aufgewachsen mit zwei Brüdern und Eltern in Marl, zog es ihn früh zum Kristallisationspunkt der Anti-Atom-Bewegung: noch bevor am 3. Mai 1980 das Hüttendorf 1004 begonnen wurde zu bauen, war Francis schon auf dem Gelände der Republik Freies Wendland, die bis heute die Identität der sozialen Bewegung der Anti-Atom-Bewegung in den Angeln hält.
Francis lebte lange im Haus an der Kreuzung mitten im Wald, im Rondel – ein Bauwagen und ein Haus ohne Strom und nur mit eigenem Brunnen. Mit dem Verein Rondel organisierte er bundesweite Camps und einen internationalen Jugendaustausch.
Er war viele Jahre im Vorstand der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, auch als deren Pressesprecher, gehörte über lange Zeiten zur BI-Büro Besetzung, war Mitbegründer der Fracking-AG und der Campgruppe, und des Free Flow Festival im Wendland, dessen prominenteste Besetzung die Progressive-Rockband Embryo ist – eine Soli CD gibt es im BI Büro.
Als 1990 Rot-Grün in Niedersachsen an die Regierung kam, wurde Francis eine*r der Turmbesetzer*innen. Mit einer eintägigen Besetzung handelte sich die Gruppe eine fette Schadensersatzforderung ein und gab in der Folge, begleitend zu den Zivilprozessen, das Buch „Leben im Atomstaat“ heraus. Francis war ein Mensch, der nie klein bei gab. Trotz seiner Streitbarkeit hatte er ein äußerst sanftes Wesen. Er konnte gut zuhören und auf lustige Art und Weise Ratschläge erteilen.
Früher war Francis als Außenministerium der Bürgerinitiative auf zahlreichen Reisen kreuz und quer durch die Bundesrepublik unterwegs und international auf Konferenzen, sowie andere Standorte besuchen, die von der Atommafia gebeutelt waren. Beim Castortransport nach Ahaus 1998 ist Francis weit im Vorfeld in die Region gereist und hat dem dortigen Widerstand mit seinen Erfahrungen Anti-Atom-Amtshilfe geleistet. In den letzten Jahren hat er sich auf die Knackpunkte im Landkreis konzentriert.
Francis war ein guter Koch, ein liebenswürdiger Gastgeber und ein guter Liebhaber, so die einhellige Meinung seiner überschaubaren Beziehungen. Und er war ein zutiefst loyaler Freund.
Manchmal reiste Francis nach Bonn, ins Bundesarchiv, wo alle politischen Vorgänge um Gorleben dokumentiert sind und wälzte einige Tage Akten. Bei seinen Recherchen gab es immer Interessantes und Neues, er hat vieles ans Licht gezerrt, das die Atombüttel lieber geheim gehalten hätten.
Eine wichtige Station in seinem Leben war Oldenburg, wohin er bis zuletzt seine tiefsten und längsten Freundschaften außerhalb des Landkreises pflegte, mit denen er sich regelmäßig traf, politische Aktionen plante und Musik machte. Francis Musikgeschmack hat sich mir bis heute nicht erschlossen, er war wie Francis, ungewöhnlich. Ich erinnere mich gerne daran, wie wir mal im Rahmen einer Konferenz in Helsinki durch zahlreiche Plattenläden zogen, selten habe ich so lustige Stunden erlebt.
Francis war passionierter Radfahrer, ein Ausdruck seines Strebens nach Einklang zwischen Mensch und Natur. Sein feiner Humor und seine Unangepasstheit haben ihn, aber auch uns, ein Stück weit geformt.
Er war auch kompromisslos. Seine klare Haltung konfrontierte so Manche*n mit den eigenen Widersprüchen.
Es hat schon etwas mystisches, dass Francis seine letzten Stunden im Wald von Gorleben verbrachte, wo er regelmäßig Vorträge hielt. So passt sein Tod zu seinem Leben, es strahlt eine Authentizität aus, die auch mich zum Staunen bringt.
Francis wurde im Kreise seiner Familie im Ruheforst in Gartow beigesetzt.
Seine Gefährt*innen aus Gorleben haben am 24. Juni 2018 einen Sonntagsspaziergang im Gedenken an Francis gemacht und sich im Gasthaus Wiese in Gedelitz, mit dem Francis eng verwoben war, bei Kaffee und Kuchen zum Erinnern getroffen.
Ein ehemaliger Redakteur der Elbe-Jeetzel-Zeitung schreibt auf seiner Facebook Seite: „An Francis Althoff habe ich geschätzt, dass man sich mit ihm so niveauvoll wie ruhig streiten konnte. Er war alles, aber niemand von der Stange.“
Francis hat sein ganzes Leben in den Dienst an unserer gemeinsamen Sache gestellt, wir verdanken ihm unendlich viel.
Sein viel zu früher Tod reißt eine große Lücke, menschlich, politisch, sozial und kulturell. Nun ist es an uns allen, diesen Weg zu einer Welt ohne Atomkraft und hin zu einer menschlicheren Gesellschaft noch ein Stück entschlossener und engagierter weiterzugehen, auch für Gerechtigkeit und Geflüchtete und gegen Nazis, dann tragen wir alle, alte Kämpfer*innen und neue Mitstreiter*innen Francis Ideen weiter mit uns und in die Welt.
Francis, wir vermissen dich sehr.
Kerstin Rudek
Kerstin Rudek lebt im Wendland und ist seit Jahrzehnten aktiv in der Anti-Atom-Bewegung. Siehe Interview "Auf der Straße, auf der Schiene", in GWR 365, https://www.graswurzel.net/365/atom.shtml