War Resisters‘ International (Hg.): Handbuch für gewaltfreie Kampagnen, Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2017, 256 Seiten, 28 Fotos, 25 Abbildungen (Tabellen/Grafiken), 18,90 Euro, ISBN 978-3-939045-32-8
Das Handbuch für gewaltfreie Kampagnen ist zuerst im englischen Original bei den War Resisters‘ International (WRI), also der Internationalen der KriegsdienstgegnerInnen, erschienen. Es beschäftigt sich nicht nur mit konkreten Kampagnen, sondern zeichnet darüber hinaus die Geschichte gewaltfreier Bewegungen auf, ihre vielfältigen Aktionsformen, derern Vor- und Nachbereitungen und ebenso, da sind die AutorInnen sehr ehrlich, eben auch das Scheitern einzelner Kampagnen.
Joanne Sheehan schreibt gleich zu Beginn des Buches: „Unsere Arbeitsdefinition von Gewaltfreiheit beruht auf der Sehnsucht, aller Gewalt ein Ende zu bereiten, ohne weitere Gewalt zu verursachen; dies schließt physische Gewalt ebenso ein wie sogenannte ‚strukturelle‘ und ‚kulturelle‘ Gewalt.“
Über 50 transnationale AutorInnen zeichneten hier nicht nur Ihre Erfahrungen mit den diversen Kampagnen auf, sondern berichteten auch über Ihre Trainings und unterschiedlichen Aktionsformen.
Gewaltfreiheit ist ein Konstrukt, welches in fast keiner Gemeinschaft fest verankert ist. Gandhi hat mit seinem „Salzmarsch“ tausende, heute wahrscheinlich Millionen Menschen von dem Konzept überzeugen können. Heute jedoch, und auch das zeigt das Buch eindeutig auf, sind nicht charismatische Einzelgänger gefragt, deren Konzepten und Aktionsformen unhinterfragt gefolgt wird. Möglichst von Beginn an gendergerechte, partizipative und pro-aktive Formen der Kommunikation stellen sich, laut der AutorInnen, in vielen Bereichen als das Mittel heraus, um die vorher definierten Aktionsziele zu erreichen. Hier wird das „Handbuch“ sehr praktisch: Es gibt ganz eindeutige, manchmal sogar 1:1 übersetzbare Handlungsanweisungen. Natürlich lässt das Buch genug Spielraum um es den eigenen Aktionsplänen anzupassen.
Gerade darauf legt das Buch einen besonderen Schwerpunkt.
Trotz aller weltweit vorgestellten und gelungenen Kampagnen, geht es auch immer um die Psychohygiene der an der Kampagne beteiligten AktivistInnen. Aktionsplan, Aktionsziel und die Nachbearbeitung der Kampagnen, sollten daher immer als Einheit verstanden werden.
Nicht zu kurz kommt im Handbuch für gewaltfreie Kampagnen auch der Einfluss der Medien, der auf keinen Fall missachtet werden sollte. Als wichtig wird in dem Buch beschrieben, Pressekontakte zu haben, diese Kontakte zu halten und natürlich eigene Medienstrukturen zu bilden. Für Deutschland stehen hier für mich Publikationen wie die Graswurzelrevolution, die taz, die ZivilCourage und die junge Welt an erster Stelle.
Nicht zu vergessen sind niedrigschwellige Angebote wie eigene youtube-Kanäle, indymedia, freie Radios, Offene Kanäle im Fernsehen und die bekannten sozialen Medien.
Das Handbuch bietet einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Gewaltfreiheit, deren Umsetzung und manchmal auch die Grenzen bestimmter Aktionsformen.
Es macht Mut, das eigene Engagement zu hinterfragen, Schwerpunkt der eigenen, vielleicht eingefahrenen Aktionsweisen immer wieder zu hinterfragen und zu versuchen, sich konsensuell, solidarisch und natürlich gendergerecht zu verhalten.
Jeder Artikel wird unterstützt durch entsprechende Quellen und Hinweise auf weiterführende Texte.
Tina Gewehr