Zum 100. Jahrestag der deutschen Revolution hat Klaus Gietinger ein Buch veröffentlicht, das schon lange überfällig war. Abgesehen von zwei Arbeiten aus der DDR existiert keine Arbeit über die Volksmarinedivision (VMD). Und es ist kein Zufall, dass es von einem „Außenseiter“ der historischen Zunft geschrieben ist, der wichtige Bücher über die Ermordung Rosa Luxemburgs und deren Mörder Waldemar Pabst publiziert hat. Die etablierte Geschichtswissenschaft hat die „die einzige wirklich demokratische Truppe in der Geschichte Deutschlands“ bislang links liegen lassen (S. 231).
Gietinger schildert die Entstehung der VMD aus dem Matrosenaufstand 1918, ihre Rolle in den revolutionären Kämpfen 1918/19 bis zu ihrer Auflösung während der Märzkämpfe 1919 durch den sozialdemokratischen Reichswehrminister Gustav Noske, der ihre Mitglieder für vogelfrei erklären ließ. Einem Massaker der Freikorps fielen am 29. März 1919 29 Matrosen zum Opfer.
Die VMD, so Gietingers Fazit, sei „eine demokratische Miliz gewesen, die die Basis einer demokratischen Volkswehr hätte bilden können“ (S. 232). Wer sich über die verpassten Chancen der deutschen Revolution informieren will, sollte dieses Buch lesen.
Klaus Gietinger: Blaue Jungs mit roten Fahnen. Die Volksmarinedivision 1918/19, Unrast Verlag, Münster 2019, 304 S., 32 Euro, ISBN: 3897712636
Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Druckausgabe der GWR. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es hier.