Frustration über Vergeblichkeit eigener Bemühungen, traumatische Erfahrungen mit Gewalt und Repressionen, Überforderung und Selbstüberforderung, viele Wege führen in sozialen Bewegungen in den Burnout. So manche verlassen die sozialen Bewegungen, um sich auf den langen Weg der Suche nach Hilfe und des Ausheilens zu machen. Viel von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen geht darüber den sozialen Bewegungen verloren.
„Radical Resilience“ ist ein Film von Aktivist*innen für Aktivist*innen, der Bewusstsein für die Auswirkungen von Burnout auf unsere Bewegungen schaffen möchte.
Von den Filmemacher*innen interviewte Aktivist*innen aus unterschiedlichen Kontexten und Ländern sprechen über ihren Weg in den Burnout, ihre Erfahrungen mit Burnout, was neben den individuellen Anteilen noch dazu geführt hat, und was wir tun können, um Burnout zu heilen oder vorzubeugen.
Ausschließlich über Originalaussagen der Betroffenen werden die Fragen und der Bedarf nach Lösungen für dieses Problem angesprochen, das noch immer in weiten Kreisen der sozialen Bewegungen einfach in Kauf genommen bis tabuisiert wird.
Wie können wir besser mit den Schwierigkeiten und schmerzhaften Erfahrungen, die wir machen, umgehen und uns gegenseitig bei der Verarbeitung unterstützen?
Welche unbewussten Denkmuster, Einstellungen und Ansprüche an uns, andere und die Gruppe fördern Burn-Out?
Wo kopieren wir unbewusst das, was wir an der Gesellschaft kritisieren, gegen dessen Folgen wir kämpfen, wie z.B. offene und/oder informelle hierarchische Strukturen, Privilegien, Unterdrückungsmechanismen, Selbstunterdrückungsmechanismen, und deren Kommunikationsformen?
Wie gehen wir mit unseren Gefühlen um und denen der anderen? Sowohl was das Erleben innerhalb des Widerstandes angeht als auch bei „privaten Problemen“?
Wie gehen wir mit eigenen Schwächen und denen anderer Menschen um?
Wie umgehen mit der Begrenztheit des eigenen Möglichen in einer Welt, in der so viel getan werden müsste?
Wie sich darin gegenseitig unterstützen, sich besser um sich selbst und umeinander zu kümmern?
Wie also den Widerstand von innen stark und auch dagegen widerständiger machen?
Im Film werden einige Tools und Strategien vorgestellt, um unseren Widerstand resilienter und inklusiver zu gestalten.
Wie dem Effekt entgegenwirken, wenn das gesellschaftlich vorhandene „Haben“ zwar abgelehnt wird, aber durch ein „Machen“ ersetzt wird, während alte Denk-, Bewertungs- und Verhaltensmuster unbewusst weiter angewendet und reproduziert werden?
„Sie [die Filmemacher*innen und interviewten Aktivist*innen – Anm. d. A.] sprechen mir aus dem Herzen“ – „Ja, weil sie aus dem Herzen sprechen“, so zwei Zuschauer*innen bei der Premiere in Bonn in der anschließenden Diskussionsrunde.
Unaufgeregt, ohne reißerische Effekte, Wiedererkennen ermöglichend, ungelöste Fragen aufzeigend, ohne vorwurfsvoll oder fordernd zu werden, mitfühlend, ohne mitleidig zu werden, ist den Filmemacher*innen ein besonderer Film gelungen, der es ermöglicht, sich diesem Problem anzunähern und Mut macht, sich auf eine nachhaltige Lösungssuche in den eigenen Zusammenhängen zu begeben.
In den sozialen Bewegungen entstandene Musik untermalt passend.
Naturszenen zwischen den einzelnen Beiträgen geben den Zuschauer*innen Zeit, diese mit dem eigenen Erleben abzugleichen und wieder zu entspannen.
Die persönlichen Erfahrungen
der Filmemacher*innen in Aktionen sowie aufgrund von Krankheit während der 5-jährigen Produktionszeit, in der sie sich mit diesen Fragen auseinander setzen mussten, flossen in die Gestaltung des Films ein. „Da weiß jemand, wovon er*sie spricht“, so der Kommentar eines anderen Zuschauers.
Ob – noch – nicht überlastet, schon die ersten Anzeichen spürend, kurz vor dem Burnout oder danach, der Film holt jede*n Aktivist*n dort ab, wo eigene Fragen bestehen und ermöglicht einen positiven, nach vorn blickenden Austausch in den eigenen Zusammenhängen zu diesem Themenfeld.
Mehr dazu auf:
https://radicalresilience.noblogs.org/
Kontaktanfragen:
Radicalresilience (at) riseup (dot) net
Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Druckausgabe der GWR. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es hier.