antimilitarismus

Das angekratzte Image weiter zerstören

Erfolgreiche antimilitaristische Blockaden bei Rheinmetall in Unterlüß und Krauss-Maffei Wegmann in Kassel

| Peter K.

Die Waffenexporte in Kriegsgebiete lehnen weite Teile der Bevölkerung ab. Aber weil damit viel Geld verdient werden kann, lassen deutsche Waffenproduzenten nichts unversucht, mit weltweiten Waffenlieferungen ihre Rendite zu erhöhen. Um auf diese verbrecherische Politik aufmerksam zu machen, haben die Kampagne Rheinmetall entwaffnen und die Musik- und Aktionsgruppe Lebenslaute im August 2020 an Produktionsstandorten Blockadeaktionen durchgeführt. Die Kritik an Rheinmetall richtet sich auch gegen die nicht vorhandene Erinnerungskultur des Konzerns, denn in der Nazizeit profitierte der deutsche Rüstungskonzern von der Zwangsarbeit von tausenden Menschen. Einen Gedenkort dazu gibt es noch nicht und er wird erst jetzt nach Druck aus der Zivilgesellschaft diskutiert.

Das Musiker*innen-Netzwerk Lebenslaute hat sich Mitte August mehrere Tage gemeinsam auf die Aktion bei Rheinmetall in Unterlüß vorbereitet. Damit es während der Corona-Zeit nicht zu Problemen kommt, fanden alle Proben und Auftritte im Freien statt – teilweise unter Zeltdach mit ca. 100 Musizierenden plus 15 Unterstützer*innen. Trotz intensiver Beobachtung durch die Polizei kamen alle Aktivist*innen am 17. August um 5.40 Uhr an die vier Blockadeorte. Rheinmetall wollte keine unschönen Bilder in der Presse und ließ deswegen die Blockaden zu. Die Polizei hoffte wohl, wenigstens ein Tor am Hauptwerk frei halten zu können, sagte dann aber, es seien spontane Versammlungen, die akzeptiert werden. Ein weiteres Nebentor wurde durch ein Fahrradschloss zugemacht. Vielen Mitarbeiter*innen wurde von Rheinmetall gesagt, sie sollen zu Hause bleiben. Doch viele wollten zur Arbeit und so wurden die polierten Autos über einen Feld- und Waldweg umgeleitet, der nach einer Weile auch von Musiker*innen blockiert war. Dort wurde dann doch vorsichtig zur Seite geräumt. Personalien wurden nie festgestellt. Das gemeinsame Abschlusskonzert ab 11 Uhr direkt vor dem Hauptverwaltungsgebäude auf dem firmeneigenen Parkplatz war optisch perfekt und musikalisch beeindruckend.

Auch andere Waffenproduzenten im Fokus

Die Kampagne Rheinmetall entwaffnen hat wegen Corona, anders als in den letzten Jahren, in diesem Jahr kein Camp in Unterlüß geplant, statt dessen wurden am 28. August Blockadeaktionen an Produktionsstandorten in Kassel durchgeführt. Morgens um 5.15 Uhr ging es zu den Toren des Panzer-Produzenten Krauss-Maffei Wegmann (KMW). Beim dortigen Hauptsitz in Kassel waren aus Imagegründen die Firmenschilder abgeschraubt, damit die Pressefotos nicht so gut werden wie in Unterlüß. Auch hier war vielen Mitarbeiter*innen gesagt worden, sie sollten zu Hause bleiben. Einige kamen dann doch zu Fuß und schoben sich mit der Schulter (im Gegensatz zu den Blockierenden ohne Mund-Nasenschutz) durch die Blockade. Ein schnell geöffneter Hintereingang wurde zügig blockiert. Dann wurden die Mitarbeiter*innen von der Polizei durch die Blumenrabatte eines benachbarten Vorgartens geschickt, bis dies von einer weiteren Aktionsgruppe unterbunden wurde. Ab zehn Uhr kamen dann mehrere hundert Menschen zum öffentlich angekündigten Termin, was zu der Blockade am zweiten KMW-Werk führte. Personalien wurden auch hier nie festgestellt. Wichtiger für Rheinmetall und Polizei war, dass niemand auf das Werksgelände geht. Das wäre aber ein schöner Ort zum Demonstrieren…

Gut war die spektrenübergreifende Mobilisierung: Fridays-For-Future- und Black-Lives-
Matters-Gruppen, Kurd*innen, Feminist*innen und andere emanzipatorische Aktivist*in-nen beteiligten sich. Ab 16 Uhr war eine Demo am Halit-Platz angemeldet, aber schon davor zog eine Demo mit mehreren hundert Menschen durch die Innenstadt von Kassel. Da wegen Corona die bundesweite Vorbereitung nicht so gut lief und auf wenigen Schultern lag, wirkte der Nachmittag ein wenig unkoordiniert, hätte konfrontativer sein können, aber KMW verhielt sich defensiv und verzichtete lieber auf ein paar Stunden Produktion. Insgesamt war es ein toller Aktionstag, der Interesse an mehr weckt.

Perspektiven für die Friedensbewegung

Die Rüstungsproduzent*innen wissen, warum sie uns nicht schnell vor ihren Toren wegräumen lassen. An Diktatoren und Kriegstreiber Waffen zu liefern ist in der Bevölkerung nicht beliebt. Mehr oder weniger eigenständige Firmen im Ausland zu gründen, beispielsweise Rheinmetall Südafrika, um Exportverbote zu umgehen ist legal und gewinnbringend, aber nicht gut für das Image. Denn es gibt keinen gerechten Krieg, Krieg ist immer ein Verbrechen an der Menschlichkeit und noch mehr Menschen müssen flüchten.

Rheinmetall verdient noch ein zweites Mal, in dem sie Zäune und Überwachungstechnik verkaufen. Die deutsche Regierung verhält sich widersprüchlich. Dass sich am Krieg in Libyen beteiligende ägyptische Militär wird ganz legal aus Deutschland beliefert, andere Waffenexporte mit der Marine im Mittelmeer gestoppt. Der BND verschiebt heimlich Waffen in Kriegsgebiete, um eigene Interessen zu sichern, und und und.

Fazit

An die erfolgreichen Proteste gegen Waffenproduktion sollte weiter anknüpft werden. Das kann der Friedensbewegung nur gut tun. Unterlüß mit den zwei Werken ist der größte Produktionsort des größten deutschen Waffenproduzenten Rheinmetall und hat einiges an Potential, wie die Aktionstage schon im letzten Jahr gezeigt haben. In der Nähe sind einige wichtige Bundeswehrstandorte. Nächstes Jahr wird es vermutlich wieder ein antimilitaristisches Camp geben. Die Niederlassungen der Waffenindustrie in ganz Deutschland, auch von anderen Firmen, eignen sich gut als Aktionsorte der antimilitaristischen Bewegung. Nicht nur an Protesttagen zu Rojava. Also organisiert und beteiligt euch an kommenden Aktionen.