Der Dannenröder Wald („Danni“), ist ein gesunder, alter Mischwald inmitten eines Natur- und Trinkwasserschutzgebietes im Norden Hessens. Zwischen Stadtallendorf und Homberg (Ohm), mitten durch den Danni und den anliegenden Herrenwald, soll der letzte Abschnitt der Autobahn A49 ausgebaut werden. Dafür sollen rund 100 Hektar gesunder Mischwald zerstört werden, darunter viele Jahrhunderte alte Eichen und Buchen. Das stellt einen massiven Eingriff in die Natur dar und gefährdet die Trinkwasserversorgung von über 500.000 Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet. Somit steht der Dannenröder Wald heute beispielhaft für das Versagen sowohl der Bundesregierung als auch der schwarz-grünen hessischen Landesregierung, angemessen auf die Bedrohungen durch die Klimakrise zu reagieren und die längst überfällige Mobilitätswende endlich entschlossen umzusetzen.
Schon seit über 40 Jahren stellen sich Bürger:innen dem Bau der Autobahn A49 entgegen (Bürger*innen-Initiative Keine A49). Im September 2019 bekamen sie tatkräftige Unterstützung von Aktivist:innen, die Baumhäuser entlang der geplanten Autobahntrasse errichteten und eine Rodung dadurch quasi in letzter Minute verhinderten. Seitdem ist der Wald besetzt! Jetzt soll er für eine fossile Verkehrspolitik von Vorgestern zerstört werden.
- Am 15.11.20 kam es im Dannenröder Wald bei der versuchten Räumung zu einem schweren Unfall. Ein Polizist hat dabei ein Sicherungsseil eines Tripods (Dreibeingerüst), in dem sich ein Mensch aufhält zerschnitten. Daraufhin stürzte eine Klimaaktivistin in die Tiefe und wurde mit schweren Verletzungen in die Klinik eingeliefert.
- Am 16.11.20 gab es erneut einen Unfall. Ein Baum ist bei der Rodung in eine Traverse gefallen. Ein weiterer Umweltaktivist stürzte dabei in die Eigensicherung. Es war lange nichts über den Zustand des Umweltaktivisten bekannt, da die Polizei niemanden (auch keine Sanitäter*innen) zu ihm gelassen hat.
Die Übergriffe, mutwillige Zerstörung, zerschnittenen Seil-sicherungen und teilweise schweren Verletzungen durch die Polizei häufen sich. Es ist ein Wunder, dass bei diesem martialischen, wochenlangen Einsatz von tausenden von Polizeibeamt*innen – mitten in einem Corona Hochrisikogebiet – noch nicht mehr passiert ist. All das wird seitens der politisch Verantwortlichen der schwarz-grünen hessischen Landesregierung wissentlich in Kauf genommen.
Am 17.11. zog das Wald-Statt-Asphalt-Bündnis Bilanz: Die Einsatzkräfte versuchen seit vergangenem Dienstag mit aller Härte und ohne Pause von beiden Seiten der geplanten Trasse Tatsachen zu schaffen. Die Räumungen und Rodungen gehen jedoch aufgrund des massiven und vielfältigen Widerstandes extrem langsam voran. Einerseits werden am Tag geräumte Strukturen und Barrikaden im Laufe der Nacht oft wieder aufgebaut, andererseits müssen täglich zahlreiche Menschen aus Baumhäusern, von Plattformen und Bäumen sowie aus Sitzblockaden geräumt werden.
Gleichzeitig formierten sich auch dezentral im ganzen Bundesgebiet sowie in Nachbarländern neue Proteste rund um den Dannenröder Wald. So fanden bereits über einhundert Demos und Aktionen in Solidarität mit der Waldbesetzung statt: Am Samstag nahmen 1200 Menschen bei einer Solidaritäts-Demo über die A100 in Berlin teil, außerdem wurde eine Autobahn in Wien blockiert. Proteste und Mahnwachen vor der Botschaft der hessischen Landesregierung in Berlin und zahlreicher Büros der Grünen, Soli-Baumbesetzungen und zahlreiche Banneraktionen sind ebenso Teil der Protestwelle, die über Deutschland zieht.
„Dieser Protest ist längst über den Dannenröder Wald hinausgewachsen“, sagt Frida Blume vom Wald-Statt-Asphalt-Bündnis. „Wir sind eine bunte, entschlossene Bewegung und uns ist klar: Hier geht es um mehr, hier geht es um eine soziale und gerechte Mobilitätswende und um Klimagerechtigkeit. Wir werden keine Ruhe geben. Unsere Proteste werden nicht mit der Rodung aufhören.“
Bedauerlicherweise kam es in der gleichen Zeit wiederholt zu gefährlichem und unverantwortlichem Vorgehen von Polizei und Waldarbeitenden. Fällarbeiten werden direkt neben besetzten Bäumen und ohne ausreichenden Sicherheitsabstand zu Waldbewohner*innen, Beobachter*innen und Polizist*innen durchgeführt. In den letzten Tagen kam es zudem zu drei Vorfällen, bei denen tragende Seile von besetzten Blockadeelementen nachweislich von den Einsatzkräften durchtrennt wurden. Am Sonntag fiel ein Mensch dadurch von einem Tripod und kam mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Nur durch Glück kam es zu keinen noch größeren Tragödien.
Auch durch die mutwillige Zerstörung von Zelten, Lebensmittelvorräten, Kunstwerken und Fahrrädern trägt die Polizei zu einer weiteren Eskalation bei. Pressevertreter*innen beklagen immer wieder die Einschränkung und Behinderung ihrer Arbeit. Der Polizeieinsatz muss jetzt gestoppt werden, um zu verhindern, dass noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Unter dem Hashtag #RodungsstopJETZT fordern zahlreiche Menschen, Initativen und Beobachter*innen in den sozialen Medien, den Einsatz aufgrund dieser Vorfälle zu unterbrechen.
Die vier Kernforderungen des Wald-Statt-Asphalt-Bündnisses:
- Keine weitere Zerstörung von teilweise bereits stark überlasteten Naturräumen
- Ausbau des Nah- und Fernverkehrs sowie der Rad- und Fußinfrastruktur
- Stopp jeglichen Neubaus von Straßen für den Autoverkehr und umweltschädliche Subventionen dafür
- Durchsetzung einer echten und gerechten Verkehrswende. Öffentliche Mobilität muss für alle bezahlbar und zugänglich sein
Weitere Infos: https://wald-statt-asphalt.net/de/