Ein Polizei-Angriff auf eine linke Demonstrantin wird von der Frankfurter Staatsanwaltschaft zu einem Akt der Selbstverteidigung umgeskriptet. Ein besonders anschauliches Beispiel dafür, dass die Narrenfreiheit brutaler Polizisten im Schutze der Staatsanwaltschaften zunehmend zum Problem wird.
Am 15. November berichtete ich hier von einer Querdenken-Veranstaltung in Frankfurt. Dabei konnte ich in einem Video auch einen brutalen und offensichtlich überflüssigen Tritt eines Polizeibeamten gegen eine Gegendemonstrant*in filmisch festhalten. Der Beamte geht auf eine ihm körperlich unterlegene Person zu, ergreift von hinten ihren Arm , dreht sie zu sich und tritt sie dann heftig in die Seite. Um nicht umzufallen, klammert sich die Person an den Arm des Polizisten.
Ich schickte der Pressestelle der Frankfurter Polizei damals den Link zu dem Video mit Bitte um Stellungnahme. Mir wurde auch auf Nachfrage jeweils erklärt, die Ermittlungen würden laufen, es gebe noch keine Ergebnisse.
Nun erhielt ich von der Staatsanwaltschaft Frankfurt ein Schreiben, in dem erklärt wird, das Ermittlungsverfahren gegen Alexander B. aus Wiesbaden sei eingestellt worden, denn: „Es besteht kein begründeter Tatverdacht mehr.“
Dass Polizisten im Amt weitgehend Narrenfreiheit haben, ist jedem linken oder antifaschistischen Demonstrationsbesucher bekannt, insofern war das Ergebnis erwartbar und auch wenn man das als journalistischer Beobachter bereits hunderte Male aus der Nähe beobachtet hat, ist dieser Fall doch besonders, denn die Sache ist ja eigentlich klar und auf dem Video die Attacke deutlich sichtbar. Umso erstaunlicher die Interpretation der Szene durch die Staatsanwaltschaft. In der Begründung zur Verfahrenseinstellung heißt es nämlich: „Bevor es zu dem Tritt kam, hielt die unbekannt gebliebene Person den Beschuldigten gemeinsam mit einer weiteren unbekannten Person am rechten Handgelenk sowie am rechten Unterarm fest. Um Distanz zwischen sich und den beiden Demonstranten zu schaffen, versetzte der Beschuldigte den Tritt mit dem Schienbein. Nach Schilderungen des Beschuldigten wäre ein Schieben auch aufgrund des durch die Demonstranten ergriffenen Arms nicht geeignet gewesen, sofort erfolgreich Distanz zwischen ihm und die unbekannt gebliebene Person zu schaffen. Auch ein Faustschlag wäre nach Einschätzung des Beschuldigten in seiner Einlassung bei einer höheren Verletzungswahrscheinlichkeit der Demonstranten zur Schaffung von Distanz zwischen den Beteiligten weniger erfolgsversprechend (sic!) gewesen. Nach erfolgter Zwangsanwendung lösten sich die Griffe der Demonstranten von dem Handgelenk sowie dem Arm des Beschuldigten.“
Dass Polizisten im Amt weitgehend Narrenfreiheit haben, ist jedem*r linken oder antifaschistischen Demonstrationsbesucher*in bekannt, insofern war das Ergebnis erwartbar und auch wenn man das als journalistischer Beobachter bereits hunderte Male aus der Nähe beobachtet hat, ist dieser Fall doch besonders, denn die Sache ist ja eigentlich klar und auf dem Video die Attacke deutlich sichtbar.
Diese Darstellung ist so offensichtlich unwahr, dreist und absurd, dass man nur noch staunen kann.
Aber die Staatsanwaltschaft Frankfurt lässt es sich nicht nehmen und setzt noch einen drauf: „Die Äußerungen des Beschuldigten zu den Verhältnismäßigkeitsüberlegungen sind glaubhaft und nachvollziehbar. Zum einen hat dieser den Tritt zugegeben und sich damit als glaubwürdig erwiesen. Zum anderen decken sich die Schilderungen des Beschuldigten mit der Aufzeichnung des Vorfalls in dem YouTube-Video. Hier ist zu erkennen, dass der Beschuldigte von zwei Personen am Handgelenk sowie am Unterarm festgehalten wird, bevor er einer der Personen einen Tritt versetzt.“
Ich habe nun der Staatsanwaltschaft noch einmal geantwortet:
„Sehr geehrte Frau S., sehr geehrte Frau Staatsanwältin,
sind Sie sich sicher, dass wir von dem gleichen Video sprechen oder handelt es sich bei der E-Mail an mich um einen Irrläufer?
Soweit ich mich erinnere, habe ich auch nie Strafanzeige gestellt, es handelte sich bei meiner Mail an die Pressestelle der Polizei Frankfurt um eine Bitte um Stellungnahme.
Und das, was Sie in Ihrer Begründung schildern, hat mit den Vorgängen auf der von mir angefragten Video-Sequenz nichts zu tun.
Daher würde ich bei meiner Frage bleiben, ob denn die Pressestelle der Frankfurter Polizei ein solches Vorgehen wie auf dem
Video zu sehen für angemessen hält.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Beste und etwas verwirrte Grüße“
Sollte es weitere Auskünfte in der Sache geben, werden wir das Verfahren hier weiter dokumentieren.
Dies ist ein Beitrag der Online-Redaktion, Schnupperabos der Druckausgabe zum Kennenlernen gibt es hier.