In den letzten Jahren sind Comics der aus Schweden stammenden Zeichnerin Liv Strömquist auch in Deutschland erschienen. Ihre Themen sind gesellschaftspolitisch, dabei insbesondere feministisch. Durch satirische Überspitzung und humorvolle Texte und Zeichnungen setzt sich Strömquist mit (nicht nur patriarchalen) Machtstrukturen und Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft auseinander. Mit Liv Strömquist hat für die Graswurzelrevolution Tinet Elmgren gesprochen, die auch das Lettering der deutschen Ausgaben von deren Comics verantwortet. (GWR-Red.)
GWR: 2005 habe ich ein Interview mit dir in der schwedischen Comiczeitschrift „Galago“ gelesen. Als ich mich jetzt auf dieses Interview vorbereitet habe, habe ich es wiedergefunden, und du hast da gesagt: „Ich war ziemlich viel in Lateinamerika, und dort machen die Gewerkschaften Informationsbroschüren in Comicform, mit denen sie Dinge wie Imperialismus, Ausbeutung und die Rechte der Landbevölkerung erklären. Meine Comics sind manchmal ziemlich inspiriert von diesen Heften.“ Das klingt superspannend – kannst du mehr über diese Informationsbroschüren erzählen?
Liv Strömquist: Ich war Beobachterin für die Gewerkschaft „Comité de Unidad Campesina“ (CUC – „Komitee für die Einheit der Bauern“). Sie unterstützen landlose Bauernfamilien in Guatemala, die Land besetzen wollen. Das ganze Land in Guatemala ist im Besitz von Bananenfirmen, und wenn die Bauern und Bäuerinnen Land besetzen, werden sie militärischer Repression ausgesetzt. Viele von ihnen können nicht lesen und schreiben und haben keine Kameras, aber wenn eine Person aus dem Westen da ist, die eine Kamera hat und lesen und schreiben kann, kann sie dokumentieren, was passiert.
Eigentlich war ich als Beobachterin für die Zapatistas in Chiapas, aber ich traf dort eine Person, die für CUC arbeitete, und so ging ich nach Guatemala und habe das einen Monat lang gemacht. CUC macht auch Bildungsarbeit über den Bürgerkrieg in Guatemala. Das war ein sehr blutiger Krieg, der durch einen von den USA unterstützten Putsch des demokratisch gewählten Präsidenten ausgelöst wurde und in dem paramilitärische Truppen Massaker in indigenen Dörfern verübten. Es ist immer noch nicht sehr gut bekannt, was während dem Krieg wirklich passiert ist. Du weißt vielleicht, was in deinem eigenen Dorf passiert ist, aber nicht, was in anderen Dörfern passiert ist, und die Regierung will nicht darüber aufklären und allen erzählen, was damals geschah. Es gibt also kein allgemein zugängliches Wissen darüber.
Die Gewerkschaft hat Materialien insbesondere für Menschen gemacht, die nicht lesen können, mit vielen Bildern, die sie sich anschauen können. Die Comics erzählen von den Massakern, die in den 1980er-Jahren in den Dörfern passiert sind, also sehr schweres Material, und sie heißen „Historia de nuestra comunidad“ („Die Geschichte unserer Gemeinschaft“). Es ist pädagogisches Material, das man gemeinsam lesen kann und mithilfe dessen man sich erinnern und die Geschichten zusammenfügen kann.
Es hat mich inspiriert, dass sie ausgerechnet Comics verwendeten. Comics haben ein pädagogisches und demokratisierendes Potenzial – man kann mit ihnen komplizierte Ideen erklären. Auch wenn du keine akademischen Texte oder überhaupt Bücher liest, heißt das nicht, dass du dich nicht dafür interessieren kannst, worum es in ihnen geht. Akademische Sprache und akademische Kreise haben etwas Elitäres an sich. Aber Comics haben ein pädagogisches Potenzial, denn mit Bildern und Text zusammen kann man komplizierte Dinge leichter verstehen als mit reinem Text. Man kann auf eine einfachere Art und Weise über Dinge, die schwierig und schrecklich sind, sprechen und sie zugänglich machen, ohne aber die Ideen zu vereinfachen.
Wer hat die Comics gezeichnet? Waren es Leute von der Gewerkschaft?
In diesem Heft steht, dass der Zeichner Camilo Salvador von CUC ist. Dann gibt es manchmal andere Quellen für die Bilder. Sie waren in den Dörfern unterwegs und haben Leute interviewt, und da haben die Dorfbewohner_innen vielleicht eigene Bilder gezeichnet, um zu zeigen, was passiert war, und der CUC-Zeichner hat ihre Geschichten illustriert.
Du hast auch gesagt, dass es in deinen Comics oft darum geht, verschiedene Arten von Macht zu hinterfragen, und dass es wichtig ist, eine Punk-Einstellung zu haben. Bist du Anarchistin? Hast du 2021 immer noch dieselbe Punk-Einstellung?
Ich war sehr aktiv als Anarchistin, als ich jünger war – ich war in verschiedenen anarchistischen Gruppen und habe mich definitiv als Anarchistin verstanden. Ich interessierte mich auch deshalb für Chiapas, weil ich den Eindruck hatte, dass die Zapatistas damals, in den frühen 2000er-Jahren, eine antiautoritäre linke Idee hatten. Ich habe mich sehr viel mit verschiedenen anarchistischen Ideen beschäftigt. Unter anderem in meinem Buch „I’m Every Woman“ hatte ich die anarchistische Denkerin Voltairine de Cleyre drin. In meinem neuesten Buch, „Im Spiegelsaal“, geht es auch um einen Anarchisten, der die Kaiserin Sisi ermordet!
Ich glaube, was ich mit einer Punk-Einstellung meinte, ist, dass man nicht so viel Respekt davor haben sollte, dass Comics auf eine bestimmte Art und Weise aussehen oder sein müssen, dass man nicht von einem großen Verlag anerkannt werden muss. Damals habe ich Comic-Zines gemacht, die ich selbst herausgab.
Ich veröffentliche auch heute noch meine Podcasts auf eigenständigen Plattformen und nicht bei normalen Radiosendern. Ich habe immer noch diese „Do it yourself“-Idee, dass man nicht Teil der etablierten Kanäle sein muss und dass man versuchen sollte, Alternativen zu schaffen.
Meine Comics waren von Anfang an sehr aktivistisch. Mein Ziel mit ihnen war, die Gesellschaft in eine Richtung zu verändern, die ich ganz deutlich vor mir sah. Mit der Zeit ist mir das weniger deutlich geworden. Es ist immer noch leicht zu erkennen, was in der Gesellschaft falsch läuft, aber vielleicht bin ich nicht mehr so selbstsicher in meiner Überzeugung, wie alles sein sollte. Ich bin heute weniger daran interessiert, darüber zu schreiben, wie Menschen sein sollten, und mehr daran, zu verstehen, wie Menschen wirklich sind.
Du beschäftigst dich viel mit feministischen Themen, nicht selten mit einer ausgesprochen radikalen antipatriarchalen Analyse, und es scheint, dass vor allem deine feministischen Bücher in andere Sprachen übersetzt wurden. Wie verhältst du dich dazu, dass deine Comics auch bei Männern beliebt sind und gerne von ihnen gelesen werden, obwohl sie im Großen und Ganzen am (echten) Feminismus mehr verlieren als gewinnen? Oder stimmst du dieser Aussage überhaupt zu?
Nein, ich glaube nicht, dass ich der Aussage wirklich zustimme, nicht in der Art von Feminismus, die ich vertrete! Ich sehe den Konflikt zwischen Männern und Frauen als Gruppen heutzutage nicht mehr als den größten Machtkonflikt in der Gesellschaft. Ich denke, den großen Machtkonflikt gibt es mit den Kapitalbesitzern und den globalen Riesenkonzernen, die unser Leben auf verschiedene Weisen kontrollieren. Meist werden diese Konzerne von Männern geführt, aber es würde keinen Unterschied machen, wenn sie von Frauen geführt werden würden.
Ich denke, Männer und Frauen haben starke gemeinsame Klasseninteressen und allgemein gemeinsame Interessen im Großen und Ganzen – ein großes gemeinsames Interesse als menschliche Spezies, auf dem Planeten zu überleben und unser Leben so leben zu können, dass wir Essen für den Tag haben und nicht todmüde sind, dass wir uns nahen Beziehungen widmen, mit unseren Kindern zusammen sein und das Leben genießen können. Das ist das große, ungeheure Ding, wie es heute ist, dass sehr viele Menschen ihr Leben lang ausgebeutet werden und nicht einfach frei sein können, alles einfach genießen können.
Ich finde es voll gut, dass Männer meine Comics lesen! Ich denke, es ist wichtig, dass Männer etwas über die Perspektiven und Erfahrungen von Frauen lernen. Das ist ein Weg nach vorne, dass sie uns verstehen lernen. Ein Buch wie „Der Ursprung der Welt“, in dem es um die Unterdrückung und Gewalt gegen den weiblichen Körper geht – ich finde, es ist wirklich gut, sich als Mann in diese Dinge hineinzuversetzen und sie zu verstehen!
Du benutzt viel Humor, um wichtige Dinge zu vermitteln. Manchmal finde ich, dass etwas, das mit Humor dargestellt wird, nicht besonders lustig ist, wie in „Der Ursprung der Welt“, als Sigmund Freud und Wilhelm Fließ mit dieser Nasenoperation Emma Eckstein fast umbringen. Traust du den Leser_innen zu, dass sie denken: „Moment mal, das ist ja eigentlich echt unangenehm …“?
Es ist schon ziemlich lange her, acht Jahre, seit ich den Comic gemacht habe – aber was ich damals interessant oder lustig fand, war Lächerlichmachen als Gegenstrategie einzusetzen. Dass diese sehr hoch geachteten Männer wie Freud und andere, die ich erwähne – dass es lustig ist, auf eine antiautoritäre Weise zu schauen, was an ihnen lächerlich ist. Weil es ist einfach verdammt absurd, dass sie so besessen von der Periode ihrer Frauen sind und denken, dass die Menstruation mit Nasenbluten zusammenhängt und deswegen Ecksteins Nase operieren. Sie sind totale Idioten, aber sie haben so viel Macht, dass sie solche Dinge tun können. Deshalb finde ich, es hat was, darauf aufmerksam zu machen, dass das verdammt lächerlich ist. Es ist eine Art, sich über die Macht lustig zu machen.
Ich denke, die Situation des Opfers wird sowieso deutlich, ohne dass man das Opfer ausbeuten oder eine supertraurige Geschichte über das Opfer schreiben muss. Weil es macht eigentlich Spaß, das Ding umzudrehen und sich über diese Menschen lustig zu machen, die schreckliche Dinge getan haben.
Wie auch der Comicwissenschaftler Scott McCloud gesagt hat: Einfachere Zeichnungen machen für die Leser_innen schwere Inhalte leichter zugänglich. Könntest du auch anspruchsvollere Zeichnungen machen, wenn du wolltest?
Nein, das könnte ich nicht! Ich kann nicht besonders gut zeichnen, ich habe nie eine Ausbildung im Zeichnen gemacht, und es gibt viel, das ich gar nicht zeichnen kann. Bei „Im Spiegelsaal“ habe ich bei einigen schwierigen Zeichnungen Hilfe von meiner Freundin und Ateliernachbarin Sara Hansson bekommen.
Ich wollte zum Beispiel ein Bild von einer Frau zeichnen, die in einem Zimmer mit Spiegeln an den Wänden steht. Und ich kann keine Perspektive zeichnen. Ich kann keinen Raum zeichnen, in dem Bilder oder Spiegel hängen oder Menschen, die um einen Tisch sitzen. Sara hat mir auch geholfen, die Treppe in „Der Ursprung der Welt“ zu zeichnen. Jetzt habe ich ein Bild von einer Person auf einem Fahrrad gemacht, und Sara hat mir mit der Hintergrundskizze geholfen. Es ist das Schlimmste auf der Welt, jemanden zu zeichnen, der Fahrrad fährt!
In Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn ich denke, dass ich wirklich ein Bild von jemandem brauche, der in einem Spiegelsaal steht – dann kann ich mir Hilfe holen. Manchmal schaue ich mir Youtube-Tutorials an – zum Beispiel wie man Rosen zeichnet. Oft drucke ich Bilder aus – ich interessiere mich sehr für Kunstgeschichte und Bilder und schaue mir viele Bilder an. Oft lasse ich mich von Bildern und Kompositionen inspirieren, die andere schon gemacht haben, und manchmal blaupause ich einfach einen Teil von einem Bild, das ich zeichnen können will.
Im Nachhinein könnte man sagen, weil meine Argumentationen sehr kompliziert sind und es eine Menge Text gibt – manchmal sehr schwierigen Text –, dann würde es die Leser_innen erschlagen, wenn ich ein wirklich komplexes Bild mit tausend verschiedenen Dimensionen und Strichen und doppelten Böden zeichnen würde, ein Bild, das man auf 49 verschiedene Arten interpretieren kann, weil das wäre vielleicht too much! Man muss ein Gleichgewicht finden, das funktioniert. Wie ein ganz einfaches Männchen, das nicht mal in einem Raum steht, sondern einfach in der Luft steht und oft das Gleiche sagt, was man schon im Kästchen darüber geschrieben hat. Das Ziel ist, dass die Leser_innen alles verstehen und der Erzählung folgen können.
Es macht mir auch voll Spaß zu zeichnen, aber dann müssen es Dinge sein, die ich kann, wie die Landschaftsbilder am Ende von „Im Spiegelsaal“. Und ich habe ziemlich viel Zeit damit verbracht, die Bilder der fünf Frauen zu zeichnen, die ich in dem Buch interviewt habe. Es gibt Dinge, die mir sehr viel Spaß machen zu zeichnen, wie Klamotten aus verschiedenen Epochen. Frisuren, Kleider, so Sachen, die man als Kind gerne zeichnet, wie Mädchen mit verschiedenen Outfits, Prinzessinnen! Es macht mir Spaß, bestimmte Charaktere zu zeichnen wie Priscilla Presley – ich fand es total lustig herauszufinden, was sie sich angezogen hat, und ihre Haare zu zeichnen. Es macht Spaß, Männchen und Gesichter und so zu zeichnen. Aber nicht Perspektive!
Deine Comics sind sehr textlastig, aber trotzdem leicht zu lesen. Der Text hat oft unterschiedliche grafische Formen (was eine Herausforderung für uns ist, die die Übersetzungen deiner Comics lettern). Wie denkst du über Bilder, Text und deren Zusammenspiel?
Ich schreibe ziemlich umgangssprachlich, als ob ich jemandem etwas erzähle. Und wenn es etwas Wichtiges gibt, schreibe ich es in großer Schrift, oder wenn es eine Stelle gibt, bei der man kurz anhalten sollte. Wenn ich ein Wort besonders betonen möchte, unterstreiche ich es. Ich arbeite viel an den Texten. Dass der Text gezeichnet ist, hilft, ihn zu verstehen.
Wie wählst du die Themen und Texte für deine Bücher aus? Ich habe den Eindruck, dass es Themen, Gefühle oder Eindrücke sind, die vielleicht für dich persönlich gerade aktuell oder wichtig sind, die du aus verschiedenen Perspektiven betrachtest und verarbeitest? Zum Beispiel in „Im Spiegelsaal“ den Schönheits- und Aussehenswahn und wie wir Frauen über 40 damit umgehen sollen, dass die Gesellschaft bzw. das Patriarchat uns erzählen, dass wir jetzt am Arsch sind … Dieses Verarbeiten und Betrachten von einem bestimmten Thema aus verschiedenen Perspektiven erinnert mich übrigens an die Gegenstrategie zur Herrschaftstechnik „Auftragen von Schuld und Scham“ – „intellektualisieren, aus verschiedenen Perspektiven betrachten, in einem größeren Zusammenhang von kulturellen Normen und Traditionen sehen“!
Ja, so ist es auf jeden Fall. Es geht um Dinge, die mich selbst viel beschäftigen. Wenn du ein ganzes Buch schreibst, musst du schon irgendwie ein Thema wählen, das dich wirklich interessiert, über das du nachdenkst oder das dich quält. Etwas, das sich für dich doof anfühlt, wie zum Beispiel alt und hässlich zu werden, das macht echt keinen Spaß!
Was du in deiner Frage geschrieben hast – das fand ich superinteressant, weil Leute fragen mich oft: „Was ist der Sinn von deinen Comics, was willst du, soll passieren, wenn man sie gelesen hat?“ Das fällt mir oft schwer zu beantworten, aber es ist schön, wie du schreibst, dass es eine Widerstandsstrategie sein kann, einfach zu versuchen, es von Außen zu betrachten und zu analysieren, zu schauen, was die Mechanismen sind. Gerade jetzt leben wir in einer extrem krassen kapitalistischen Konsumgesellschaft, die uns den ganzen Tag mit ganz vielen Bildern bombardiert und uns zu verschiedenen Sachen zwingt und versucht, uns zu beeinflussen, uns unterzuordnen und auf verschiedene Weise unfair zu uns selbst zu sein – aber hilft es dir zu wissen, dass es so ist, oder bist du dann nicht immer noch genauso unglücklich? Man könnte hoffen, dass das Wissen darüber ein bisschen hilft, dass man zumindest ein kleines bisschen daraus herauszoomen kann.
Ich denke, es hilft auf jeden Fall, wenn man es so zusammengefasst bekommt, dass man es in einem größeren Zusammenhang verstehen kann. Du hast also nicht bewusst diese Gegenstrategie zu der Herrschaftstechnik umgesetzt, sondern das ist nur Zufall?
Du hast es in Worte gefasst! Ich merke selbst, dass ich mich davon besser fühle. Als ich den Comic über die Vulva gemacht habe, zum Beispiel, „Der Ursprung der Welt“. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass es peinlich und unangenehm war, meine Periode zu bekommen, ich fühlte mich uncool mit meinem eigenen Körper. Aber wenn man herausfindet, dass es ein so langes Tabu um die Menstruation gibt, das in verschiedenen Ländern unterschiedlich ausgesehen hat – dann hilft es dir natürlich zu wissen, dass es nicht so ist, dass du einfach ekelhaft bist, sondern dass es ein System gibt, das schon sehr lange besteht und das nicht festgelegt ist, sondern an verschiedenen Orten und in verschiedenen Zeitaltern unterschiedlich aussah und veränderlich ist. Wir leben in einer sich historisch verändernden Zeit, die sich natürlich auch in der Zukunft verändern kann. Das gibt einem ein Gefühl der Hoffnung, hoffentlich!
Welcher oder welche deiner Comics sind für dich am wichtigsten?
Am ehesten „Im Spiegelsaal“ – der entspricht am meisten dem, wie ich gerade jetzt denke. Ich bin sehr stolz auf alle meine Comics, aber viele der Comics, die ich gemacht habe, als ich jünger war, könnte ich heute niemals machen. Weil man kann sie nur in einer bestimmten Zeit im Leben machen, wenn man sich auf eine bestimmte Weise fühlt. Ich bin sehr dankbar, dass ich sie gemacht habe. Es ist immer besser, etwas zu tun, als etwas nicht zu tun!
Wie zum Beispiel „Der Ursprung der Welt“, das Buch könnte ich heute niemals schreiben – aber ich bin so froh, dass ich es damals getan habe. Es ist auch etwas, das einem hilft, nicht so viel Leistungsdruck zu haben: Ich denke, das nächste Buch wird besser sein als dieses! Es ist egal, wie dieses hier wurde, weil ich kann einfach noch eins machen, und dann kann ich noch eins machen …! Das hat etwas Tröstliches an sich.
Du hast schon viele Interviews gegeben – gibt es eine Frage, die du dir gewünscht hättest, aber nie bekommen hast?
Mir fällt eigentlich keine ein! Aber es hat Spaß gemacht mit dem neusten Buch – ich habe ganz viele verschiedene Fragen bekommen. Ich habe den Eindruck, dass es bei den Leser_innen viele Gedanken auslöst, und es hängt stark von den jeweiligen Leser_innen ab, worüber sie nachdenken. Jede_r hat mir also ganz unterschiedliche Fragen gestellt, je nachdem, worüber er oder sie gerade nachdenkt, was die eigenen größten „Issues“ sind mit den Themen im Buch, und das hat mir Spaß gemacht.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview und Übersetzung aus dem Schwedischen: Tinet Elmgren
Von Liv Strömquist in deutscher Übersetzung erschienen:
Der Ursprung der Welt, avant-verlag, Berlin 2017,
140 Seiten, 19,95 Euro, ISBN: 978-3-945034-56-9
Der Ursprung der Liebe, avant-verlag, Berlin 2018,
136 Seiten, 20,00 Euro, ISBN: 978-3-945034-89-7
I’m Every Woman, avant-verlag, Berlin 2019,
112 Seiten, 20,00 Euro, ISBN: 978-3-964450-001-2
Ich fühl's nicht, avant-verlag, Berlin 2020,
176 Seiten, 20,00 Euro, ISBN: 978-3-96445-028-9
Im Spiegelsaal, avant-verlag, Berlin 2021,
168 Seiten, 20,00 Euro, ISBN: 978-3-96445-062-3
Dies ist ein Beitrag aus der aktuellen Druckausgabe der GWR. Schnupperabos zum Kennenlernen gibt es hier.