Allmende Gundelfingen

Ein soziales und ökologisches Wohnprojekt im Mietshäuser Syndikat

| AG Öffentlichkeitsarbeit der Allmende

Im baden-württembergischen Gundelfingen bei Freiburg ist ein neues Mehrgenerationen-Wohnprojekt im Entstehen, das über 70 Menschen Raum bieten soll: die Allmende. In ihrem Beitrag für die GWR gibt die Initiativgruppe einen Überblick über ihr Konzept und Selbstverständnis. (GWR-Red.)

Viel Gemeinschaft mit persönlichem Rückzugsraum und geringem Flächenverbrauch, das war von Anfang an unser Ziel. Genauso wie als Gruppe wirklich zusammenzuwachsen, uns gegenseitig im Alltag und besonderen Lebenslagen zu unterstützen und zu bereichern. Kinder sollen mit Bezugspersonen außerhalb der Kleinfamilie aufwachsen, und politisches Engagement soll durch das Zusammenwirken mit der Gruppe und nach außen bestärkt werden. Mehrgenerationalität soll gelebt werden (und wird es auch jetzt schon), ebenso ein nachhaltiger und bewusster Umgang mit Ressourcen. Wir möchten mit der Allmende zeigen, wie zukunftsfähiges Wohnen funktionieren kann, möchten Antworten auf verschiedene drängende Probleme wie die Klimakrise, Vereinsamung, fehlendes Miteinander verschiedener gesellschaftlicher und kultureller Gruppen und Mietwucher geben.

Viel Platz für Gemeinschaft, weniger Privatfläche

Unser Konzept sieht einen Mix aus verschiedenen Gemeinschaftsräumen vor, die Wohnfunktionen abdecken, die nicht jede*r in der privaten Wohnung braucht. Diese beinhalten einen großen Gemeinschaftsraum mit Küche und Esszimmer, einen ruhigen Gemeinschaftsraum, einen Bewegungs- und Veranstaltungsraum sowie gemeinschaftlich genutzte Gäste- und Arbeitszimmer. Wannenbäder wird es pro Stockwerk geben, eines davon rollstuhlgerecht. In den Wohnungen werden flächensparende, barrierefreie Duschbäder eingebaut.
Unsere Gemeinschaftsflächen führen nicht dazu, dass wir mehr Fläche „verbrauchen“. Jede Wohnung – egal ob sozial gefördert oder nicht – entspricht von der Größe dem Sozialwohnungsstandard. Von dieser Größe haben wir noch einmal knapp 20 Prozent der Wohnfläche abgezogen; diese „fließen“ in die Gemeinschaftsräume. Beim individuellen Flächenverbrauch liegen wir knapp unter 30 qm pro Person. Im Vergleich dazu lag die durchschnittliche Pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland im Jahr 2020 bei über 47 qm, Tendenz steigend.
Unsere Wohnungen umfassen neben Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen auch WGs und Wohneinheiten, die zu „Clustern“ zusammengefasst sind (eigenes Bad, gemeinsamer Wohn-Ess-Bereich). So werden kleinere Gemeinschaften von Ein- bis Zweipersonenhaushalten möglich. Die gemeinschaftliche Großküche und ein großer Gemeinschaftsraum, in dem die ganze Gruppe gemeinsam Platz hat, sollen mehrmals pro Woche alle „an einen Tisch“ zusammenführen.

Ökologie im Bau und Sharing-Konzepte

Die Allmende wird ein Holzbau mit Energieeffizienzstandard KfW 40 Plus. Unseren Energiebedarf werden wir komplett aus regenerativen Energien decken. Viele Dinge des täglichen Lebens – Fahrzeuge, Wohnraum, Werkzeuge, Haushaltsgegenstände – werden wir gemeinschaftlich nutzen. Unser Mobilitätskonzept sieht die weitgehende Verlagerung des Individualverkehrs vom Auto auf Fahrräder und den ÖPNV vor. Weiterhin planen wir eine foodcoop, in der gemeinschaftlich regional und saisonal sowie ökologisch und fair produzierte Lebensmittel verpackungsarm bezogen werden.
Unser Wohnungstauschkonzept sieht vor, dass Menschen die Wohnung wechseln, wenn sich ihr Bedarf verändert, z. B. nach dem Auszug von Kindern. So bleiben der Wohnraum für viele Menschen und die Mehrgenerationalität des Projekts erhalten.

Soziale Durchmischung

Gut 60 Prozent der Wohnfläche werden sozialer Wohnungsbau sein, sind also insbesondere für soziale Gruppen vorgesehen, die ihren Wohnungsbedarf schwer am freien Wohnungsmarkt decken können. Vier Wohnungen werden für Menschen vorbehalten, die auf einer Wohnungssuchenden-Liste der Gemeinde stehen; dies sind meist Menschen mit Fluchterfahrung. Das gesamte Haus wird barrierefrei gebaut, außerdem gibt es einzelne rollstuhlgerechte Wohnungen.

Aktuelles

Wir stehen in den Startlöchern, um mit dem Bau der Allmende zu beginnen. Ende 2021 hatten wir die nötigen Direktkredite zusammen, um das Grundstück am Waldfriedhof in Gundelfingen zu kaufen. Wir sammeln weiterhin Direktkredite für den Bau, sowohl live auf Märkten und Veranstaltungen als auch über eine regelmäßig stattfindende Online-Info-Veranstaltung.
Als Gruppe gibt es uns seit über fünf Jahren. Seither wächst die Gruppe beständig, aktuell zählt sie 26 Erwachsene und 15 Kinder. Über 70 Menschen sollen Platz in der Allmende finden.

Wir organisieren uns in der Allmende in Arbeitsgruppen – z. B. für Bau, Finanzen, Formales, Öffentlichkeit, Interne Kommunikation und Soziales. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Dafür nutzen wir verschiedene Werkzeuge (z. B. digitale Konsensierungstools, Entscheidungsvorlagen), um bei wachsender Gruppengröße effektiv und gleichberechtigt arbeiten zu können. Es war uns von Anfang an sehr wichtig, dass wir trotz der vielen Arbeit unsere Gruppenprozesse stärken. So haben wir neben dem wöchentlichen Plenum einmal im Monat ein Sozialplenum, in dem Konflikte, (potenzielle) Streitpunkte und schwierige Themen Gehör finden – oder wir gemeinsam an unserer Vision arbeiten. Außerdem treffen wir uns einmal im Monat zu einem Freizeittreffen. Wir haben eine externe Supervisorin, die unseren Gruppenprozess alle paar Monate begleitet.

 

Die Häuser denen, die drin wohnen!

Mietshäuser Syndikat: Gegenstrategien zum Mietenwahnsinn

Im Mietshäuser Syndikat (MHS) sind derzeit 174 Hausprojekte und 16 Syndikatsinitiativen zusammengeschlossen, die dem Immobilienmarkt selbstorganisiert Gebäude entziehen und alternative Modelle kollektiven Lebens bei relativ niedrigen Mieten aufbauen. Um die Beteiligung von Banken möglichst gering zu halten, setzen die MHS-Projekte auf kleine und größere Direktkredite von solidarischen Unterstützer*innen: „Lieber 1.000 Freund*innen im Rücken als eine Bank im Nacken“.